Otto Barblan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist die aktuelle Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Juli 2022 um 14:42 Uhr durch imported>APPERbot(556709) (Bot: Link auf e-periodica.ch durch DOI ersetzt (Siehe WP:BOTA), Normdaten korrigiert (neues Format bei LCCN)).
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Otto Barblan
Otto Barblan Grab, Friedhof der Könige, Genf

Otto Barblan (* 22. März 1860 in S-chanf im Oberengadin; † 19. Dezember 1943 in Genf) war ein Schweizer Komponist, Organist und Musikpädagoge. Er war unter anderem Schüler von Immanuel Faißt und steht in der kompositorischen Tradition von Felix Mendelssohn Bartholdy, hat aber zu einem eigenständigen und unverwechselbaren Stil gefunden.

Leben

Otto Barblan wurde als Sohn des Lehrers, Organisten und Chorleiters Florian Barblan 1860 in der Gemeinde

S-chanf

im Kanton Graubünden in der Schweiz geboren. Sein Vater gab unter anderem eine Sammlung ladinischer Lieder heraus, Grossvater Otto Barblan und Onkel Domenic Barblan waren Pfarrer in verschiedenen Engadiner Orten.

Fast sein ganzes Leben blieb Otto Barblan seinem Heimatland und vor allem seiner Muttersprache, dem Rätoromanisch, eng verbunden. 1874 kam er, zunächst dem Beruf des Vaters folgend, an das Lehrerseminar in Chur. Hier erhielt er von Robert Grisch (1824–1893), einem Schüler Mendelssohns, Klavierunterricht. Nach dem bestandenen Lehrerexamen entschloss er sich, sein Leben ganz der Musik zu widmen. Er studierte in den Jahren 1878 bis 1884 am Konservatorium Stuttgart, die Fächer Orgel und Komposition und wurde Schüler von Immanuel Faißt und Sigmund Lebert. Faißt war es auch, dem Barblan seine erste Komposition für Orgel widmete. In diese Zeit fällt auch die intensive Beschäftigung mit der damals neuesten Musik von Richard Wagner und Johannes Brahms.

Bereits als Student unternahm Barblan Konzertreisen durch die Schweiz und das benachbarte Ausland. Nach seinem Examen wurde er selbst vertretungsweise Lehrer für Klavier und Orgel am Stuttgarter Konservatorium. Obwohl er diesen Posten nur ungern aufgab, verliess Barblan Stuttgart 1885 wieder, um den Posten eines Musiklehrers an der Bündner Kantonsschule in Chur anzunehmen. Er selbst berichtete später in seiner Autobiographie (Erinnerungen. Chur 1929), dass er dem Ruf der Heimat damals einfach nicht widerstehen konnte. Dort setzte sein Wirken verstärkt auch im Bereich der Laienmusik ein, da er zum Leiter des Churer gemischten Chores und später auch des Churer Männerchores ernannt wurde. In dieser Zeit entstanden seine ersten bedeutenden Kompositionen.

1887 bot man Barblan die Organistenstelle der Kathedrale

St. Pierre

in Genf an. Nach anfänglichem Zögern – Barblan wollte nach dieser kurzen Zeit seine Heimat nicht schon wieder verlassen – willigte er auf Drängen einer eigens angereisten Delegation schliesslich ein. Ein Jahr nach seinem Dienstantritt wurde ihm 1888 eine Stelle als Lehrer für Komposition und Orgel am Konservatorium in Genf angeboten. 1892 wurde er auch Dirigent der

Société de Chant Sacré

, in den Jahren 1889–1900 des Genfer Liederkranz’ und seit 1901 des

Petit Choeur

und des Domchors von

St. Pierre

. Barblan liess es sich auch nicht nehmen, während der Sommermonate zusätzlich mehrere Orgelkonzerte pro Woche zu geben, von der Tätigkeit in der Laienmusik bei verschiedenen kleineren weltlichen und geistlichen Chören einmal abgesehen.

Seine Genfer Ämter füllte er bis 1938, also über 50 Jahre, mit Gewissenhaftigkeit und Können aus. Die in dieser Zeit von ihm betriebene aktive Förderung des Werks von Johann Sebastian Bach war grundlegend für eine bleibende Bach-Pflege in der Stadt. Durch seinen engagierten Einsatz für seine Orgelklasse wurde er bald zu einem gefragten Lehrer für zahlreiche angehende Organisten aus ganz Europa und Übersee. Er wirkte prägend auf das Genfer Musikleben.

Betrachtet man die Widmungsträger seiner Kompositionen, wird schnell deutlich, dass Barblan zu vielen wichtigen Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit Kontakt pflegte (Brahms, Guilmant, Saint-Saëns, Widor). Ein Kontakt bestand auch zu Max Reger und Albert Schweitzer, sowie zu Karl Straube, der seine Passacaglia op. 6 aufführte.

Barblan war Ehrenbürger der Stadt Genf und hielt die Ehrendoktorwürde der Genfer Universität. 1937 wurde er zum Ehrenmitglied des Schweizerischen Tonkünstlervereins berufen. Eine Strasse in Genf sowie eine in Chur tragen seinen Namen. Er starb 1943 in Genf.

Werke

Trotz vielfältiger Aufgaben gelang es Barblan, ein umfangreiches und gehaltvolles kompositorisches

Oeuvre

zu schaffen. Dessen Schwerpunkt liegt entsprechend seiner Tätigkeit im Bereich von Chor- und Orgelwerken. Bekannt wurden vor allem die Musik zur Calvenfeier (1899), ein Festspiel patriotischen Inhalts in vier Akten für Soli, Chor und Orchester, das an die Schlacht an der Calven von 1499 und den Beitritt Graubündens zur Helvetischen Republik von 1798 erinnert, ebenso seine Komposition zum Calvin-Jubiläum von 1909. Bedeutend ist auch seine 1916 komponierte und heute noch in der Schweiz gelegentlich zu hörende Lukas-Passion. Barblans einziges kammermusikalisches Werk ist sein elegisches und von Heimweh inspiriertes Streichquartett in D-Dur. Von den zahlreichen Kompositionen für Orgel sind die Passacaglia opus 6, die

Chaconne

über B-A-C-H opus 10 und seine Karl Straube gewidmeten Konzertvariationen über B-A-C-H opus 24 zu nennen. Zahlreiche kleinere Orgelkompositionen, die Barblan meist in Gruppen zusammengefasst hat (Fünf Stücke op. 5, Vier Stücke op. 21, Drei Stücke op. 22, Vier Stücke op. 26, Vier Stücke op. 28) und seine Originalbeiträge zu Sammlungen verdienen ebenfalls Erwähnung. An grösseren Werken sind die Fantasie g-moll op. 16, seine Toccata opus 23 und sein Andante mit Variationen opus 1 zu nennen. Für den Musikverlag Edition Peters gab Barblan das Orgelwerk von César Franck heraus.

Barblans Werke zeichnen sich durchgängig durch ihre kompositorische Dichte und farbige Harmonik aus, sie sind dadurch aber oft nicht leicht durchhörbar.

Heute ist es eher still um Otto Barblan geworden. Seine Vaterlands-Hymne aus dem Calven-Festspiel, die nur wegen einiger markanter aber als zu schroff empfundener Tonsprünge nicht Landeshymne geworden ist, wird in der Schweiz noch ab und zu gespielt. Eher selten ist in Orgelkonzerten eines seiner Werke zu hören. Es deutet sich aber im Rahmen des wiedererwachenden Interesses für romantische Orgelmusik eine Neuentdeckung seiner Werke an.

Schriften

Literatur

Weblinks