Kriegsgewinnler

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Als Kriegsgewinnler (auch "Kriegsprofiteure") werden Personen oder Organisationen bezeichnet, welche tatsächlich oder vermeintlich Notsituationen in Kriegszeiten ausnutzen, um überproportional hohen Gewinn zu erwirtschaften (siehe auch Wucher: Anbieten bzw. Verkaufen einer Leistung zu einer deutlich überhöhten Gegenleistung unter Ausnutzung einer Schwächesituation eines Vertragspartners, wenn diesem Vertragspartner keine Alternativen zur Verfügung stehen).

Manchmal werden jene Akteure so genannt, die bei einem Konflikt beide gegnerischen Seiten mit Waren (besonders Waffen) beliefern oder gegen ein Embargo verstoßen.

Entsprechende Handlungen können nach den Gesetzen der jeweiligen Staaten legal sein, sie gelten jedoch als ethisch verwerflich. Der Begriff ist im allgemeinen Sprachgebrauch negativ belegt. Analog spricht man von Krisengewinnern.

Varianten

Schwarzhändler

Wenn in Kriegs- oder Krisenzeiten bestimmte Produkte wie z. B. Lebensmittel oder Genussmittel (z. B. Schokolade, Kaffee und Zigaretten) rationiert werden, sind diese auf dem Schwarzmarkt zu nicht reglementierten Preisen verfügbar. Die Schwarzhändler und gegebenenfalls deren Auftraggeber werden als Kriegsgewinnler bezeichnet.

Rüstungsindustrie

Die Profite in der Rüstungsindustrie sind "verhältnismäßig 3-4 mal höher als bei Zivilindustrien gleicher technischer Leistungen" analysierte Otto Lehmann-Rußbüldt für den Ersten Weltkrieg in seiner Schrift Die Blutige Internationale der Rüstungsindustrie (1929). Der Profit mit dem Krieg ist heute ein "globales Problem". Neben der Industrie von traditionellem Kriegsgerät gehören heute auch die sogenannten Kleinwaffen-Produzenten dazu.[1]

Waffenhändler

Waffenhändler, die an einem Krieg verdienen,[2] insbesondere wenn diese Waffen an Kunden verkaufen, gegen die eigentlich internationale Waffenembargos verhängt wurden oder wenn beide Seiten eines Konflikts beliefert werden.

Zivile Unternehmen

Zu den Kriegsgewinnlern gehören Unternehmen, die in Kriegszeiten lukrative Aufträge für Aufgaben übertragen bekommen, welche üblicherweise vom Militär ausgeführt werden, und auch Unternehmen, die beim Wiederaufbau oder der Beseitigung von Kriegsschäden bevorzugt Aufträge erhalten; i. d. R. weil sie einem Land angehören, welches auf der Gewinnerseite der militärischen Auseinandersetzung steht.[3]

Erweiterte Anwendung

Personen und Organisationen, welche in Kriegen legal, aber moralisch umstritten handeln, werden auch als Kriegsgewinnler bezeichnet.[4] Die Schweiz blieb auch im Zweiten Weltkrieg neutral. Sie machte Gewinne, die sie sonst nicht gemacht hätte. Die westlichen Siegermächte betrachteten die Schweizer als „Kriegsgewinnler“, die mit den Nazis kooperiert hätten. Mit dem Abkommen von Washington willigte die Schweiz 1946 ein, den USA 250 Mio. Fr. zu zahlen, dafür entsperrten die USA Schweizer Konten und löschte die „Schwarze Liste“, auf der Schweizer Unternehmen standen, die mit Deutschland kooperiert hatten. Siehe Hauptartikel: Die Schweiz im Zweiten Weltkrieg.

Enteignungen von Kriegsgewinnlern 1946

Im Juli 1946 wurde in Sachsen eine Volksabstimmung zur „Überführung der Betriebe von Kriegs- und Naziverbrechern in das Eigentum des Volkes“ durchgeführt. Während auch die demokratischen Parteien einheitlich hinter dem Wunsch nach einer Enteignung der Verbrecher standen, entspann sich ein politischer Konflikt um die Formulierung, dass auch Kriegsgewinnler und Kriegsinteressenten enteignet werden sollten. Dieser Forderung der SED hielten die demokratischen Parteien entgegen, dass diese Begriffe nicht ausreichend definiert seien und zur Willkür führen würden.[5]

Erwähnung in der Literatur

In seinem Drama Mutter Courage und ihre Kinder wählte Bertolt Brecht eine Kriegsgewinnlerin als Hauptfigur.

Insbesondere in der Nachkriegsliteratur ist der Kriegsgewinnler eine vielfach vorkommende Stereotype, so in so unterschiedlichen Werken wie Otto Reutter Der Kriegsgewinnler von 1919, Brechts Trommeln in der Nacht oder Hans Hellmut Kirsts 08/15. Theo Matejko schuf nach einer Anregung von Hermann Ullstein die Gestalt des „Raffke“, eines als Kriegsgewinnler zu Geld gekommenen „Neureichen“.

Ab 1945 wird der Kriegsgewinnler vielfach als Gegenfigur zum Heimkehrer eingesetzt. Dem Heimkehrer, der sein Leben eingesetzt und Jahre seines Lebens verloren hat, wird der Kriegsgewinnler entgegengesetzt, der sich vor dem Kriegsdienst gedrückt hat und zudem finanziell vom Krieg profitierte.

Der Kriegsgewinnler tritt in der Literatur auch als teilweise positiv besetzte Figur auf. So nutzt Oskar Schindler in Schindlers Liste mit viel Zivilcourage und erheblichem Risiko seine durch den Krieg erworbenen Möglichkeiten zur Rettung hunderter Juden.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Vgl. Wolfram Beyer: Kriegsgewinnler - Profitrate der Rüstungsindustrie, in: Wolfram Beyer, Pazifismus und Antimilitarismus. Eine Einführung in die Ideengeschichte. Stuttgart 2012, S. 208ff
  2. Duden: Kriegsgewinnler
  3. Die Top 10 der Kriegsgewinnler
  4. John Paulson als Hedgefond Star
  5. Dieter Felbick: Schlagwörter der Nachkriegszeit 1945–1949. 2003, ISBN 3-11-017643-2, S. 577.