Alexander Dubček

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Alexander Dubček als Generalsekretär der KSČ, 1968
Unterschrift Alexander Dubčeks

Alexander Dubček (* 27. November 1921 in Uhrovec, Tschechoslowakei; † 7. November 1992 in Prag) war ein tschechoslowakischer und slowakischer Politiker. Als Generalsekretär der tschechoslowakischen Kommunisten war er von 1968 bis 1969 der mächtigste Politiker der Tschechoslowakei und wurde die Leitfigur des Prager Frühlings. Zuvor hatte Dubček bereits die Funktion des Ersten Sekretärs der Kommunistischen Partei der Slowakei inne (1963–1968).

Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings musste er die Politik verlassen. 1989 schloss er sich jedoch der antikommunistischen Opposition an und wurde gemeinsam mit dem Tschechen Václav Havel eine der Hauptfiguren der Samtenen Revolution, in deren Folge Dubček zum Vorsitzenden des föderalen tschechoslowakischen Parlamentes (1989–1991) gewählt wurde. Im Jahr 1992 wurde er zum Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei der Slowakei gewählt.

Dubček starb 1992 an den Folgen eines Autounfalls. Zuvor wurde er als aussichtsreicher Kandidat für den Posten des künftigen slowakischen Staatspräsidenten gehandelt.

Leben

Dubček lebte mit seinen Eltern von 1925 bis 1933 in der Stadt Bischkek (ab 1926 Frunse) im sowjetischen Kirgisien als Teil der Interhelpo, von 1933 bis 1938 in Zentralrussland. In dieser Zeit erlernte er den Beruf des Maschinenschlossers. 1939 wurde er Mitglied der Kommunistischen Partei der Slowakei (KPS) und 1944 nahm er am Slowakischen Nationalaufstand teil. Ab 1949 bekleidete er verschiedene Parteiämter: 1949 wurde er Parteifunktionär, 1953 Parteisekretär in Banská Bystrica. 1955 ging Dubček zum Studium an die Moskauer Parteihochschule der KPdSU, 1958 kam er wieder zurück in die Tschechoslowakei. In Moskau erlebte er zum ersten Mal, dass offen über Stalins Politik diskutiert wurde. Bisher war er es nicht gewohnt, dass man über diese Dinge offen sprach, da in seinem Land der Stalinismus noch immer eisern weitergeführt wurde.[1]

In Bratislava wurde er Parteisekretär und wurde auch in das Zentralkomitee der KPS gewählt. Mit der Verfassungsreform von 1958 durch Antonín Novotný, den damaligen Ersten Sekretär des Zentralkomitees der KPČ, war Dubček nicht einverstanden:

  1. Seine Meinung war, dass die Namensänderung von ČSR in ČSSR – also der Zusatz „sozialistisch“ – nicht gerechtfertigt sei.
  2. Durch die Reform sollte erreicht werden, dass die Partei fest im Staat verankert sei, was der Verfassung von 1948 widerspräche.
  3. Auch die Rechte der Slowakei innerhalb der ČSR/ČSSR würden beschnitten und so die Errungenschaften von 1944/45 beseitigt. Die slowakische Nationalregierung und andere slowakische Einrichtungen würden abgeschafft.[1]

1959 wurde Dubček zum Sekretär für Industriefragen ins ZK der KPČ berufen, wo er für das Hüttenwesen, die Werkzeug- und Maschinenindustrie, die chemische Industrie und die Bauindustrie zuständig war.

Büste Dubčeks in Bratislava

Als in der UdSSR die Rehabilitierung von Parteigenossen vollzogen wurde, stellte Dubček die Frage der Rehabilitierung von slowakischen Widerstandskämpfern, die 1951–1953 hingerichtet worden waren, zur Diskussion. Es kam zu innerparteilichen Auseinandersetzungen zwischen Dubček und Novotný. In der Folge unterlag Dubček, der zum Sekretär eines slowakischen Kraj degradiert wurde. Auf dem 12. Parteitag kehrte er jedoch ins ZK zurück und konnte bewirken, dass sich eine Kommission (Kolder-Kommission) mit der einstigen Säuberung und Rehabilitierung beschäftigte. 1963 war der Bericht der Kommission fertig, und Dubček forderte die Rehabilitierung von Husák und Clementis. Es gelang ihm, Erster Sekretär des ZK der KPS zu werden; dadurch wurde er gleichzeitig Vollmitglied des ZK der KPČ. Unter Dubček vollzog sich in der Slowakei eine leichte Öffnung zur Meinungsfreiheit, während im tschechischen Teil der ČSSR alles beim alten blieb. Innerhalb der Partei begann eine Konfrontation zwischen Dubček und Novotný. Dubček forderte bei einer zweitägigen Plenartagung des ZK die Selbstkritik in der Partei. Man solle nicht nur Kritik an den Bezirks- und Regionalebenen vornehmen, sondern ganz oben beginnen. Dies trennte beide noch mehr, doch konnte Novotný den Sieg von Dubček nicht verhindern.

Am 5. Januar 1968 löste Dubček Novotný als Ersten Sekretär der KPČ ab. Sein Einsatz für einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz machte Dubček zum Repräsentanten eines reformkommunistischen Kurses in der Tschechoslowakei, der als Prager Frühling bezeichnet wurde. Nach der Zerschlagung der Reformbewegung musste Dubček am 17. April 1969 als Parteichef der KPČ zurücktreten und übernahm bis September 1969 den Vorsitz in der Nationalversammlung, dem Parlament der ČSSR. Darauf war er für kurze Zeit Botschafter in der Türkei. Im Juni 1970 wurde er aus der Partei ausgeschlossen und musste fortan seinen Lebensunterhalt als Beschaffungsinspektor der Forstverwaltung von Bratislava verdienen.[2][3]

Alexander Dubček am 29. Dezember 1989 in Prag

Am 13. November 1988 erhielt Dubček im Rahmen ihrer 900-Jahres-Feier die Ehrendoktorwürde für politische Wissenschaften der Universität Bologna.[4] Sie wurde ihm verliehen, weil er sich über viele Jahre hinweg für die Menschenrechte in Ländern eingesetzt habe, in denen „schwere Verletzungen der demokratischen Prinzipien üblich“ seien. Die Ehrung erfolgte auch auf Drängen des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei Italiens, Alessandro Natta. In seiner Dankesrede verzichtete Dubček auf scharfe Kritik an der Politik in der ČSSR; sein Redetext war jedoch bereits einen Tag zuvor von der Presse in voller Länge veröffentlicht worden. Nachdem Dubček von den Prager Behörden erst in letzter Minute die Ausreise nach Italien genehmigt worden war, fürchtete er, Schwierigkeiten bei seiner Rückkehr zu bekommen, wenn er sich im Westen zu offen zur politischen Situation in seiner Heimat äußere. In seiner Rede ging Dubček dann aber doch auf die Ereignisse von 1968 ein: Die Prager Reformbewegung wäre ohne das gewaltsame Eingreifen der Sowjetunion sicherlich erfolgreich gewesen, ihre Ziele ähnelten denen der Reformpolitik Michail Gorbatschows. Noch immer jedoch würden Menschen, die so dächten wie er, in der ČSSR verfolgt.[5]

Es war Dubčeks erster öffentlicher Auftritt in einem westlichen Staat überhaupt.

Im Zuge der Reformpolitik ab 1989 wurde Dubček rehabilitiert und am 28. Dezember 1989 zum Parlamentspräsidenten des tschechoslowakischen Parlaments gewählt.

Tod und Gedenken

Dubčeks Grab in Bratislava

Alexander Dubček starb an den Folgen eines Autounfalls, der sich am 1. September 1992 nahe Humpolec in Tschechien ereignete. Er wurde in einem Ehrengrab auf dem Friedhof Slávičie údolie in der slowakischen Hauptstadt Bratislava beigesetzt.

Nach seinem Tod wurden Stimmen laut, die an der offiziellen Version eines einfachen Autounfalls zweifelten und stattdessen an einen gezielten Anschlag auf Dubčeks Leben glaubten.[6] Ende 1999 wurde auf Drängen der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei (ČSSD) vom Innenministerium eine erneute Untersuchung von Dubčeks Tod eingeleitet. Diese kam jedoch, wie auch frühere Untersuchungen, zu dem Schluss, der Unfall sei wegen überhöhter Geschwindigkeit auf Aquaplaning zurückzuführen; Hinweise auf einen Anschlag lägen nicht vor.[7]

Der Platz vor dem slowakischen Parlament südwestlich der Burg Bratislava, auf dem sich zur Würdigung des berühmten Slowaken ein Denkmal mit seiner Büste befindet, heißt Alexander-Dubček-Platz (Námestie Alexandra Dubčeka).

Ämter und Funktionen

  • 1951–1955, 1960–1968 und 1969–1970: Abgeordneter / 1969 Vorsitzender des Bundesparlaments (Nationalversammlung, seit 1969 Föderalversammlung genannt)
  • 1964–1970: Abgeordneter des slowakischen Parlaments
  • 1955–1968: Mitglied / seit 1962 Mitglied des Präsidiums / seit 1963 Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Slowakei
  • 1958–1969: Mitglied / 1960–1962 Sekretär / seit 1962 Mitglied des Präsidiums / seit 1968 Erster Sekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei
  • 1969–1970: Botschafter in der Türkei
  • 1970: aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen
  • 1989–1992: Mitglied der Partei Verejnosť proti násiliu (Öffentlichkeit gegen Gewalt (VPN))
  • 1990–1992: Vorsitzender des Bundesparlaments (Föderalversammlung)
  • 1992: Vorsitzender und Mitglied der Slowakischen Sozialdemokratischen Partei (SSDS); nach den Wahlen von 1992 Abgeordneter des Bundesparlaments für die SSDS

Auszeichnungen

Literatur

  • Tomáš Ferenčák: Dubček – kontroverzná osobnosť. Kalligram, Bratislava 2011, ISBN 978-80-8101-439-0 (slowakisch).
  • Rene Schreiber: Alexander Dubček und Wladyslaw Gomułka: Ein Vergleich, AVM, München 2010, ISBN 978-3-89975-838-2 / ISBN 978-3-86924-805-9.
  • William Shawcross: Dubček. Der Mann, der die Freiheit wollte [Biografie], Droemer, München 1970, englische Originalausgabe: Simon and Schuster, New York NY 1970, ISBN 0-671-20841-1, revised and updated english edition: Simon & Schuster, New York NY 1990, ISBN 0-671-72871-7 and ISBN 0-671-72870-9).

Weblinks

Commons: Alexander Dubček – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Alexander Dubček: Leben für die Freiheit. Bertelsmann, 1993.
  2. Wer nicht stiehlt. In: Der Spiegel. Nr. 18, 1975, S. 121 (online).
  3. Katrin Bock: 10. Todestag von Alexander Dubcek. Radio Prag. 9. November 2002. Abgerufen am 29. Mai 2010.
  4. Eva Pokornä: Ein Held im Hotel Roma. (Memento vom 31. August 2014 im Internet Archive) In: Die Zeit, Nr. 48/1988
  5. ARD-Tagesschau vom 13. November 1988 / 20h15
  6. Dietmar Bartz: Wurde Dubček ermordet? In: die tageszeitung, 7. September 1995, abgerufen am 20. Oktober 2021
  7. Antonis Hilbers: Als alle Dubcek hießen. netzeitung.de. 27. November 2001. Archiviert vom Original am 14. März 2012. Abgerufen am 29. Mai 2010.
  8. Website des Sacharow-Preises
  9. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)