Soko Tierschutz

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Soko Tierschutz
Gründung 2012[1]
Gründer u. a. Friedrich Mülln
Sitz Augsburg
Methode Informationsstände, Kampagnen, Pressearbeit, Recherche
Website soko-tierschutz.org

Soko Tierschutz ist ein 2012 in Deutschland gegründeter gemeinnütziger Verein, der sich für Tierrechte einsetzt.[1] Er finanziert sich über Mitgliedsbeiträge und Spenden.

Aufdeckungen

Der Verein betreibt u. a. verdeckte Ermittlungen an Orten, an denen Tieren mutmaßlich Leid zugefügt wird, informiert die Medien und erstattet gegebenenfalls Strafanzeige.

In den Zielen der Organisation heißt es: „Wir zeigen die Realität hinter den Mauern und Absperrzäunen. Unsere Taktik ist die investigative Recherche, unser Ziel ist es, die Wahrheit über die Tierhaltung und ihre Folgen für die Umwelt und den Verbraucher aufzudecken.“[2]

Der Verein betreibt eine intensive Pressearbeit.

2018 deckte die Organisation mit Videoaufnahmen schwerwiegende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in einem Rinderschlachthof in Bad Iburg (Niedersachsen) auf, die zu dessen Schließung führten. Die zuständigen Veterinärmediziner des Landkreises Osnabrück wurden entlassen; bis August 2022 wurden 48 Verfahren geführt, die zumeist mit Geldstrafen endeten. Ende August 2022 wurden drei Angeklagte – der frühere Geschäftsführer und zwei Beschäftigte – vom Amtsgericht Bad Iburg zu Haftstrafen auf Bewährung sowie Geldstrafen verurteilt.[3]

Kritik

Im September 2014 sendete Stern TV einen Beitrag über Tierversuche an Affen am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen, in welchem Aufnahmen aus verdeckter Recherche von Soko Tierschutz zu sehen waren, in denen der Umgang der Mitarbeiter mit den Tieren dokumentiert wurde.[4]

Laut Alexander Grau von Cicero seien die heimlich gedrehten Aufnahmen jedoch „publikumswirksam zurechtgeschnitten, mit emotionalisierender Musik unterlegt und mit einem unsachlichen, reißerischen Kommentar versehen, so dass der Zuschauer den Eindruck haben musste, in dem Tübinger Labor herrschten sadistische Zustände“.[5] So zeigten die Aufnahmen einen „scheinbar blutverschmierten, gequälten Rhesusaffen“. Tatsächlich war das „Blut“ nur Desinfektionsmittel.[6] Stefan Treue, der von der Max-Planck-Gesellschaft als Sachverständiger um eine Einschätzung gebeten wurde, kam zum Schluss, dass die Tiere am Max-Planck-Instituts in Tübingen mit großer Sorgfalt und Professionalität behandelt würden.[7] In Folge der Aufnahmen des Vereins kam es zu massiven Beleidigungen und Bedrohungen gegen die Wissenschaftler und Mitarbeiter des Instituts.[8][9] Dies ginge so weit, dass „Mitarbeitern des Instituts […] teilweise die Möglichkeit versagt worden sei, eine Wohnung anzumieten“.[10] Zudem kam es zu „Hass-Mails mit Morddrohungen, Pöbeleien in Geschäften […] sowie regelmässigen Demonstrationen“.[11] Laut Grau zeuge die Kampagne von „Hass, Gewaltbereitschaft und vor allem Desinformationen“.[5]

Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer bezeichnete dies als „schweren Rückschlag für die Forschung“.[12] Hunderte Wissenschaftler, darunter 16 Nobelpreisträger, bekundeten ihre Solidarität mit dem Leiter des Instituts.[6]

Friedrich Mülln

Der Gründer des Vereins, Friedrich Mülln, recherchierte bereits lange vor der Vereinsgründung über Missstände in der Tierhaltung. Der Vater von Friedrich Mülln arbeitete in der Fleischindustrie: „Manchmal hat er am Frühstückstisch davon erzählt, wenn er wieder Gammelfleisch gesehen hat“, sagte Mülln im Interview mit vegan-ist-zukunft.de.[13] Am 14. Oktober 2008 erhielt Friedrich Mülln für Aufdeckungen zum Thema Tierquälerei und insbesondere für seinen erfolgreichen Rechtsstreit um Meinungsfreiheit mit dem Weltkonzern Covance den Preis für Zivilcourage der Solbach-Freise-Stiftung.

Ein Verfahren gegen Mülln, wonach er zu heimlichen Ton- und Bild-Aufnahmen angestiftet haben soll, wurde im August 2014 gegen eine Zahlung in Höhe von 1500 Euro an das Tierheim München eingestellt.[14][15][16]

Literatur

  • Friedrich Mülln: Soko Tierschutz: Wie ich undercover gegen den Wahnsinn der Massentierhaltung kämpfe. Droemer, München 2021, ISBN 978-3-426-27860-4.

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Selbstauskunft. In: Soko Tierschutz. Abgerufen am 7. Januar 2021.
  2. SELBSTAUSKUNFT. Abgerufen am 7. Januar 2021.
  3. Harff-Peter Schönherr: Milde für die Berufstierquäler. In: Die Tageszeitung – taz. 29. August 2022, abgerufen am 1. September 2022.
  4. Die Debatte über Tierversuche am Max-Planck-Institut. (Memento vom 18. März 2015 im Internet Archive) Stern TV, 17. September 2014 (Onlineartikel)
  5. a b Cicero: Moralische Fundamentalisten bedrohen die Wissenschaft, vom 14. März 2015
  6. a b Die Welt: Ist Forschung an Affen wirklich nötig?, vom 11. Mai 2015
  7. http://www.tagblatt.de/Home/nachrichten/tuebingen_artikel,-Stefan-Treue-zur-Situation-der-Versuchstiere-am-Max-Planck-Institut-_arid,273454.html
  8. SWR: Tierversuche in Tübingen – Mitarbeiter bedroht, vom 9. Januar 2015
  9. 3sat: Eine Affenschande. Forscher beleidigt, beschimpft und bedroht, vom 6. Juni 2015
  10. Deutschlandfunk: „Aufnahmen sind teilweise nicht authentisch“, vom 4. Juni 2015
  11. Neue Zürcher Zeitung: Morddrohungen gegen Tübinger Forscher, vom 8. Mai 2015
  12. Focus Online: Wissenschaftler bedroht! Max-Planck-Institut stellt Affenversuche ein, vom 4. Mai 2015
  13. vegan-ist-zukunft.de: Ich bin ein Gerechtigkeitsfreak
  14. Natalie Kettlinger: Skandal aufgedeckt – angezeigt : Triumph für Tierschützer. In: abendzeitung-muenchen.de. 27. August 2014, abgerufen am 23. Juni 2015.
  15. Eberhard Unfried: Tierschützer demonstrieren für seinen Freispruch. In: tz.de. 27. August 2014, abgerufen am 23. Juni 2015.
  16. Oliver Grothmann: Tierschutz-Prozess „Machen sie weiter so“. Richter Alexander Metz lobt Gänse-Retter. In: bild.de. 27. August 2014, abgerufen am 23. Juni 2015.
  17. Lush Prize für SOKO Tierschutz. Abgerufen am 19. Mai 2016.(Onlineartikel)
  18. Lin Hierse: Panter Preis 2018: Die wahren Hüter der Verfassung. In: Die Tageszeitung: taz. 16. September 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 14. November 2020]).
  19. WELT: Auszeichnungen: Vereine gegen Hasspostings und für Tierschutz mit Engagementpreis ausgezeichnet. 5. Dezember 2019 (welt.de [abgerufen am 5. Dezember 2019]).
  20. Braunschweiger Zeitung, Braunschweig Germany: Lush Tierschutzpreis 2020 fördert Undercover-Arbeit von SOKO Tierschutz mit 50.000 Pfund. 12. November 2020, abgerufen am 14. November 2020 (deutsch).