Bahnhof Hanau West

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Hanau West
Bahnhof Hanau West, Fahrtrichtung Frankfurt
Bahnhof Hanau West, Fahrtrichtung Frankfurt
Daten
Betriebsstellenart Bahnhofsteil
Bauform Durchgangsbahnhof
Bahnsteiggleise 2
Abkürzung FHW
IBNR 8002573
Preisklasse 5
Eröffnung 1848
Profil auf Bahnhof.de Hanau-West-1030180
Architektonische Daten
Baustil Historismus / Neo-Renaissance
Architekt Julius Eugen Ruhl
Lage
Stadt/Gemeinde Hanau
Land Hessen
Staat Deutschland
Koordinaten 50° 7′ 56″ N, 8° 54′ 31″ OKoordinaten: 50° 7′ 56″ N, 8° 54′ 31″ O
Eisenbahnstrecken
Bahnhöfe in Hessen

Der Bahnhof Hanau West war der erste Bahnhof in Hanau. Er wurde 1848 in Betrieb genommen und liegt am Streckenkilometer 17,9 der Bahnstrecke Frankfurt–Hanau. Die Betriebsstelle war seit den 1970er Jahren nur noch eine Haltestelle, ein betrieblich verbundener Haltepunkt mit Abzweigstelle. Inzwischen ist Hanau West betrieblich ein Bahnhofsteil von Hanau Hauptbahnhof.

Geschichte

Das Empfangsgebäude von Julius Eugen Ruhl von 1848, stadtseitige Ansicht
Empfangsgebäude im Zustand nach dem 2. Weltkrieg, vor 1970

Der Hanauer Westbahnhof wurde 1848 als östlicher End- und Kopfbahnhof der Bahnstrecke Frankfurt–Hanau der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn-Gesellschaft und erster Bahnhof in Hanau in Betrieb genommen. Er lag damals am westlichen Rand der Neustadt Hanau, unmittelbar an der von dort zum Schloss Philippsruhe führenden Philippsruher Allee. Das Empfangsgebäude stammte ebenso wie das des nächst westlich gelegenen Haltepunktes Wilhelmsbad von dem Architekten Julius Eugen Ruhl. Es stand stadtseitig, nördlich der Gleisanlagen. Die Bahnsteiggleise waren mit einer hölzernen Bahnsteighalle überdacht.[3]

Bei der Verlängerung der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn in Richtung Aschaffenburg und ihrem Anschluss an die bayerische Ludwigs-West-Bahn 1854 musste der Bahnhof zu einem Durchgangsbahnhof umgebaut werden. Im Vorfeld dieser Erweiterung kam es in Kurhessen 1852 zu einer Regierungskrise, weil Kurfürst Friedrich Wilhelm von der den Ausbau finanzierenden Bank Bernus du Fay ein Schmiergeld in Höhe von 100.000 Talern erwartete, bevor er die entsprechende Konzession unterzeichnete. Der leitende Minister, Ludwig Hassenpflug, bot daraufhin seinen Rücktritt an, der Kurfürst verweigerte ihm aber die Demission.[4] Später wurde parallel zur Philippsruher Allee ein eiserner Steg über die Bahnanlagen errichtet, der es Fußgängern ermöglichte, auch bei der oft geschlossenen Schranke des Bahnüberganges der Philippsruher Allee, die Gleise zu überqueren.[5]

Nach 1862 übernahm die Hessische Ludwigsbahn den Betrieb und 1872 auch das Eigentum an der Frankfurt-Hanauer Eisenbahn und damit auch am Bahnhof Hanau (West). Sie errichtete im östlichen Bahnhofsbereich, östlich von Philippsruher Allee und ehemaligem Mainkanal, ein Werkstattgebäude südlich der Gleise, dass zwischen den Weltkriegen noch existierte, allerdings damals schon bahnfremd vermietet war.[6] Nicht zum Bahnhof Hanau West dagegen gehörte (auch wenn oft für ein Relikt des ersten Hanauer Bahnhofs gehalten) eine Umladeanlage für den Ortsgüterverkehr und ein Lokschuppen nordöstlich der Gleise: die so genannte „Wiener Spitze“. Das Gelände wurde als Abstellanlage für Bahnbusse und später für Busse der Regionalverkehr Kurhessen genutzt.

Bis 1873 war der heutige Haltepunkt Hanau West unter dem Namen „Hanau“ – ohne jeden Namenszusatz – der „Hauptbahnhof“ von Hanau. Dies begann sich erst zu ändern, als in jenem Jahr mit der Steinheimer Mainbrücke eine eigene Querung des Mains für die Frankfurt-Bebraer Eisenbahn geschaffen wurde. Der Kreuzungspunkt zwischen Frankfurt-Hanauer Eisenbahn und Frankfurt-Bebraer Eisenbahn lag (damals) weit östlich der Stadt. Der dort errichtete Bahnhof, „Hanau Ost“ (heute: Hanau Hauptbahnhof), war nun der für den Eisenbahnbetrieb bedeutendere Bahnhof, wenn auch für Reisende aus Hanau recht abgelegen. Deshalb behielt Hanau West noch für viele Jahre seine Anbindung an den Fernverkehr,[7] auch wenn die Betriebseinrichtungen zunehmend ausgelagert wurden. 1902 wurde das dortige Betriebsmaterialien-Nebenmagazin und die Betriebswerkstätte aufgehoben und der dort bis dahin stationierte Hilfsgerätewagen nach Hanau-Ost abgezogen.[8] Im Reichs-Kursbuch von 1914, der letzten Friedensausgabe vor dem Ersten Weltkrieg, wird der Bahnhof als „Hanau West (Stadt)“ bezeichnet.

Von 1908 bis 1928 wurde der Bahnhof Hanau West von der Straßenbahn der HSB angefahren. Seit 1928 fahren am heutigen Haltepunkt nur noch Busse.

Im Zweiten Weltkrieg war der „Westbahnhof“ Ziel von Luftangriffen der Alliierten, so am 11. November 1940 (Blindgänger)[9] und auch während des Luftangriffs auf Hanau vom 19. März 1945.[10] Das Empfangsgebäude überstand den Krieg mit schweren Schäden, die provisorisch behoben wurden. Beim Bau der Straßenunterführung für die Philippsruher Allee in den 1970er Jahren wurde das Gebäude zusammen mit dem Güterschuppen abgerissen. Stattdessen wurde ein einfacher Haltepunkt mit Mittelbahnsteig errichtet, der auch die Straßenunterführung überbrückt.

Gegenwart

Bahnhof Hanau West

Zurzeit wird der Haltepunkt Hanau West lediglich von einer Regionalbahnlinie bedient, die im Rahmen des Rhein-Main-Verkehrsverbundes (RMV) von der Hessischen Landesbahn betrieben wird (RB 58). Hinzu kommen einzelne Züge der Regional-Express-Linie RE 54. Seit dem 14. Dezember 2008 hält nachmittags ein Zug der Regional-Express-Linie RE 85 (VIAS) auf dem Weg von Frankfurt nach Groß-Umstadt Wiebelsbach am Haltepunkt Hanau West.

Linie Verlauf Takt Betreiber
RE 54 Main-Spessart-Express:
Frankfurt (Main) Hbf – Frankfurt (Main) Süd – Frankfurt Ost – Frankfurt-Mainkur – Maintal West – Maintal Ost – Hanau-Wilhelmsbad – Hanau West – Hanau Hbf – Kahl (Main) – Dettingen (Main) – Kleinostheim – Aschaffenburg Hbf – Heigenbrücken – Wiesthal – Partenstein – Lohr Bf – Langenprozelten – Gemünden (Main) – Karlstadt (Main) – Retzbach-Zellingen – Würzburg Hbf – Schweinfurt Hbf – Haßfurt – Bamberg
Stand: Fahrplanwechsel Dezember 2021
120 min (mit Lücken zur HVZ) DB Regio Bayern
RB 58 Rüsselsheim Opelwerk – Rüsselsheim – Frankfurt am Main Flughafen Fernbf / (Frankfurt (Main) Hbf –) (nur HVZ) Frankfurt (Main) Süd – Frankfurt Ost – Frankfurt-Mainkur – Maintal West – Maintal Ost – Hanau-Wilhelmsbad – Hanau West – Hanau Hbf – Großauheim (Kr Hanau) – Großkrotzenburg – Kahl (Main) – Dettingen (Main) – Rückersbacher Schlucht – Kleinostheim – Aschaffenburg Hbf – Hösbach – Laufach
Stand: Fahrplanwechsel Dezember 2021
60 min
30 min (FF Süd–Hanau zur HVZ)
HLB Hessenbahn
RE 85 Odenwaldbahn:
Frankfurt (Main) Hbf – Frankfurt (Main) Süd – Frankfurt (Main) Ost – Maintal Ost → Hanau West → Hanau Hbf – Hainburg-Hainstadt – Seligenstadt (Hess) – Babenhausen (Hess) – Groß-Umstadt Mitte – Groß-Umstadt Wiebelsbach – Höchst (Odenw) – Bad König – Michelstadt – Erbach (Odenw)
Stand: Fahrplanwechsel Juni 2022
ein Zugpaar VIAS

Es besteht eine Verknüpfung mit Bussen der Hanauer Straßenbahn AG, die ebenfalls dem RMV angehört. Die Ausstattung des Haltepunktes ist eher minimalistisch und insbesondere bei schlechtem Wetter nicht geeignet, Reisende zur Nutzung zu animieren.

Zukunft

Im Zuge der geplanten nordmainischen S-Bahn von Frankfurt über Maintal nach Hanau Hauptbahnhof werden aus westlicher Richtung in den Haltepunkt Hanau West zwei neue Gleise eingeführt und südlich der heute bestehenden Gleise verlegt werden. Die Ostausfahrt in Richtung Hanau Hauptbahnhof wird aber nur dreigleisig sein, da dort zwischen der bestehenden Bebauung und der Straße der Platz für einen viergleisigen Ausbau nicht ausreicht. Auch im Zuge der Aufwertung der westlichen Hanauer Innenstadt soll der Bahnhof Hanau West wieder an Bedeutung gewinnen. Im politischen Raum wird schon vom Hanauer „City-Bahnhof“ gesprochen, was vor allem der innenstadtnahen Lage des Haltepunktes geschuldet ist.

Literatur

  • Hans-Günter Stahl: Der Luftkrieg über dem Raum Hanau 1939–1945 = Hanauer Geschichtsblätter 48. Hanau 2015. ISBN 978-3-935395-22-1
  • Thomé / Reichsbahndirektion Frankfurt (Main) (Hrsg.): Führer über die Linien des Bezirks der Reichsbahndirektion Frankfurt (Main). Frankfurt 1926, S. 21f.

Weblinks

Commons: Bahnhof Hanau West – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Siegfried Lohr: Planungen und Bauten des Kasseler Baumeisters Julius Eugen Ruhl 1796–1871. Ein Beitrag zur Baugeschichte Kassels und Kurhessens im 19. Jahrhundert. Masch. Diss. Darmstadt [1982], S. 359; Heinz Schomann: Eisenbahn in Hessen. Kulturdenkmäler in Hessen. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Landesamt für Denkmalpflege Hessen (Hg.), Theiss, Stuttgart 2005, 3 Bände, ISBN 3-8062-1917-6, Bd. 2.1 (Strecke 007), S. 127.
  2. Rüdiger Ham: Ludwig Hassenpflug: Staatsmann und Jurist zwischen Revolution und Reaktion. Eine politische Biographie = Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 50. Hamburg 2007, ISBN 978-3-8300-2764-5, S. 385f mit weiteren Nachweisen
  3. Thomé, S. 21.
  4. Thomé, S. 21
  5. Reichs-Kursbuch. Berlin 1914. Neudruck 1974. [Letzte Friedensausgabe vor dem Ersten Weltkrieg], Tabelle 242
  6. Eisenbahndirektion Mainz (Hrsg.): Sammlung der herausgegebenen Amtsblätter vom 20. September 1902. 6. Jahrgang. Nr. 48. Bekanntmachung Nr. 418, S. 358, und vom 4. Oktober 1902, Nr. 55. Bekanntmachung Nr. 442, S. 467.
  7. Stahl: Der Luftkrieg, S. 392
  8. Stahl: Der Luftkrieg, S. 361