Machtmotivation

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Die Machtmotivation ist jene Motivation, die darauf gerichtet ist, auf andere Macht auszuüben. Der klassischen Definition des Soziologen Max Webers zufolge bedeutet Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“[1] Das Machtmotiv lässt sich demzufolge als zeitlich überdauerndes Bestreben definieren, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen den Widerstand oder auch nur das Beharren eines anderen durchzusetzen. Dies liegt überall dort nahe, wo die Zielerreichung in einem sozialen Kontext stattfindet, von anderen also gefördert oder behindert werden kann.[2] Neben dem Leistungs- und Anschlussmotiv zählt das Machtmotiv in der Motivationspsychologie zu den „großen drei“ Motiven, welche gut erforscht sind und einen Großteil motivierten Verhaltens erklären können.[3]

Formen und Ziele des Machthandelns

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Unterrichten als eine Form machtmotivierten Handelns[4]

Der Begriff der Macht ist häufig negativ besetzt und wird mit Vorstellungen von Zwang und Unterdrückung in Verbindung gebracht. Die Motivationspsychologie weist jedoch darauf hin, dass es sich hierbei nur um eine Form der Machtausübung handelt. Das Machtmotiv kann sich auf ganz unterschiedliche Weise in menschlichem Handeln zeigen:

Ein stark ausgeprägtes Machtmotiv findet sich bei Personen mit „Manipulations-Berufen“ – bei Lehrern, Geistlichen, Journalisten, Psychologen, Polizeioffizieren, nicht jedoch bei Verwaltungsbeamten, Medizinern und Juristen.[5]

Affektkonsequenzen

Gelingt es machtmotivierten Personen, andere physisch, mental oder emotional zu beeinflussen, folgen in der Regel positive Affektkonsequenzen. Durch das Erlebnis, andere zu kontrollieren, fühlt man sich stark. Positive Gefühle wie Kontrolle, Stärke und Selbstwirksamkeit, die mit der Machtausübung assoziiert sind, stellen das eigentliche Motivziel dar.[6][7]

Quellen der Macht

Ein Machtgefühl entsteht mitunter nicht erst infolge einer tatsächlichen Einflussnahme. Es kann schon durch den bloßen Besitz von Machtquellen vermittelt werden. Machtquellen sind Ressourcen bzw. Bekräftigungsmittel, deren ungleiche Verteilung die Basis für eine einseitig verlaufende Verhaltenskontrolle darstellt. Zu ihnen zählen:

Manche Machtquellen sind universell und finden sich auch im gesamten Primatenbereich (Belohnungs- und Bestrafungsmacht), andere sind kultur- und gesellschaftsabhängig (z. B. Sachverstand).[8]

Ziele des Machthandelns

Die Zwecke, die Menschen verfolgen, wenn sie Einfluss nehmen, sind unterschiedlicher Natur. Sie können ihren eigenen Vorteil im Blick haben und dabei die Interessen ihres sozialen Umfeldes missachten. Oder sie können das Wohl der anderen zu fördern versuchen. Das Machtmotiv hat folglich nicht nur eine egoistische und gemeinschaftsfeindliche, sondern auch eine prosoziale Komponente, bei der eigene Ziele an die Werte und Interessen anderer gekoppelt bleiben.[9] Soziobiologische Ansätze gehen deshalb davon aus, dass zum Menschen nicht nur der Wille gehört, selbst Macht auszuüben, sondern auch die Bereitschaft, sich leiten zu lassen. Man spricht von einer Komplementarität dominanten und submissiven Verhaltens. Als eine Art „Klebstoff“ hält sie hierarchische Gruppenstrukturen aufrecht.[10]

Verhältnis zwischen Macht- und Freiheitsmotiv

Wird von einer Seite Macht ausgeübt, kann die andere Seite mit Unterordnung reagieren. Häufig möchten sich Menschen der Einflussnahme jedoch gern entziehen. „Ich möchte über mich bestimmen und nicht von anderen gelenkt werden“, so umreißt Isaiah Berlin die menschliche Freiheitsliebe.[11] Unter dem Begriff der Handlungsfreiheit ist sie in der philosophischen Tradition bekannt geworden. In welchem Verhältnis dieses Streben nach einem freien Selbstsein, nach Autonomie und Unabhängigkeit zum Machtmotiv steht, darin besteht in der Motivationspsychologie keine Einigkeit. Die einen sprechen ihm als Autonomiebedürfnis (n Autonomy)[12] bzw. als Freiheits-/ Autonomiemotiv[13] eigenständigen Charakter zu, die anderen halten es für eine Variante bzw. ein Stadium des Machtmotivs[14]. In jedem Fall gehören Macht und Freiheit eng zusammen. Nur dort, wo einer versucht, Zwang auszuüben, kann es einen anderen geben, der sich dem widersetzt. Wenn David Hume Freiheit als Macht (power) definiert, entsprechend dem Entschluss des eigenen Willens zu handeln oder nicht zu handeln[15], ist diese Nähe schon angedeutet. Macht und Freiheit, beides sind Formen, eigene Interessen in sozialen Beziehungen zu verfolgen. Hier versucht man, den eigenen Willen gegen den anderer Menschen durchzusetzen. Dort möchte man in der Umsetzung des eigenen Willens nicht durch andere eingeschränkt werden.[16]

Siehe auch

Literatur

  • P. Alsleben: Das Bedürfnis nach Freiheit. Selbstintegration als viertes Basismotiv. VDM-Verlag, Saarbrücken 2008.
  • J. R. P. French, B. H. Raven: The basis of social power. In: D. Cartwright (Hrsg.): Studies in social power. The University of Michigan, Ann Arbor 1959.
  • J. Kuhl, A. Luckner: Freies Selbstsein: Authentizität und Regression. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2006.
  • D. C. McClelland: Power. The inner experience. Irvington, New York 1975 (deutsch: Macht als Motiv. Klett-Cotta, Stuttgart 1978).
  • D. C. McClelland: Human motivation. Scott, Foresman and Comp, Glenview 1985.
  • B. H. Raven: The comparative analysis of power and power preference. In: J. T. Tedeschi (Hrsg.): Perspectives on social power. Aldine, Chicago 1974.
  • D. G. Winter: The power motive. Free, New York 1973.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. M. Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie. 1. Halbband, Tübingen 1921/1980, S. 28.
  2. F. Rheinberg, R. Vollmeyer: Motivation. Kohlhammer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-17-022189-5, S. 126.
  3. J. Heckhausen, H. Heckhausen: Motivation und Handeln. Einführung und Überblick. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 3–5.
  4. H.-D. Schmalt, H. Heckhausen: Machtmotivation. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 216–217.
  5. H.-D. Schmalt, H. Heckhausen: Machtmotivation. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 216–217.
  6. V. Brandstätter, J. Schüler, R. M. Puca, L. Lozo: Motivation und Emotion. Springer, Berlin 2013, ISBN 978-3-642-30149-0, S. 55.
  7. H.-D. Schmalt, H. Heckhausen: Machtmotivation. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 216–217.
  8. H.-D. Schmalt, H. Heckhausen: Machtmotivation. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 214–216.
  9. J. Kuhl: Motivation und Persönlichkeit. Interaktion psychischer Systeme. Hogrefe, Göttingen 2001, ISBN 978-3-8017-1307-2, S. 579.
  10. H.-D. Schmalt, H. Heckhausen: Machtmotivation. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 212.
  11. I. Berlin: Freiheit. Vier Versuche. S. Fischer, Frankfurt a. M. 1995, S. 45, 46.
  12. H. Murray: Explorations in Personality. 2. Auflage. Oxford University Press, New York 1947, S. 82. (online)
  13. J. Kuhl: Individuelle Unterschiede in der Selbststeuerung. In: J. Heckhausen, H. Heckhausen (Hrsg.): Motivation und Handeln. 4. Auflage. Springer, Berlin 2010, ISBN 978-3-642-12692-5, S. 341.
  14. F. Rheinberg, R. Vollmeyer: Motivation. Kohlhammer, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-17-022189-5, S. 116, 117.
  15. D. Hume: An Enquiry Concerning Human Understanding. Open Court Publishing Comp., Chicago 1900, S. 99.
  16. M. Rosenthal: Wohin wollen wir? Grundriss einer guten Gesellschaft. Oekom, München 2021, ISBN 978-3-96238-339-8, S. 92 (online).