All the Beauty and the Bloodshed
Film | |
Originaltitel | All the Beauty and the Bloodshed |
Produktionsland | USA |
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Originalsprache | Englisch |
Erscheinungsjahr | 2022 |
Länge | 117 Minuten |
Stab | |
Regie | Laura Poitras |
Produktion | Howard Gertler, John Lyons, Nan Goldin, Yoni Golijov, Laura Poitras |
Musik | Soundwalk Collective |
Schnitt | Amy Foote, Joe Bini, Brian A. Kates |
Besetzung | |
Als sie selbst: |
All the Beauty and the Bloodshed (dt.: „All die Schönheit und das Blutvergießen“) ist ein US-amerikanischer Dokumentarfilm von Laura Poitras aus dem Jahr 2022. Das Werk folgt dem Leben der US-amerikanischen Fotografin Nan Goldin und dokumentiert deren Kampf gegen die Oxycodon-Hersteller-Familie Sackler. Diese wird für die Opioidkrise in den Vereinigten Staaten mitverantwortlich gemacht.
Der Film wurde am 3. September 2022 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt und gewann dort mit dem Goldenen Löwen den Hauptpreis des Festivals. Ein regulärer Kinostart in den USA ist noch nicht bekannt.
Inhalt
Das Werk folgt zwei Erzählungen. Auf der einen Seite wird das Leben und die Karriere von Nan Goldin dokumentiert, die aus dem New Yorker „No Wave“-Underground zu einer der bedeutendsten Fotografinnen des späten 20. Jahrhunderts aufstieg. Der Film ist mit zahlreichen Fotografien von ihr illustriert, während die Künstlerin ihre eigene Geschichte erzählt. Dabei geht Goldin auf ihre dysfunktionale Vorstadterziehung, den Suizid ihrer Schwester im Teenageralter und den Kampf ihrer Gemeinde gegen AIDS in den 1980er-Jahren ein.[1]
Auf der anderen Seite erzählt All the Beauty and the Bloodshed vom Untergang der US-amerikanischen Pharmadynastie Sackler. Die Oxycodon-Hersteller-Familie, der das Unternehmen Purdue Pharma gehört, wird für die tödliche Opioidkrise in den Vereinigten Staaten mitverantwortlich gemacht. Nachdem Goldin ihre eigene, wegen des Gebrauchs des Medikamentes entstandene Opioidabhängigkeit überwunden hatte, gründete sie die Interessensgruppe „P.A.I.N“ (Prescription Addiction Intervention Now) und setzte sich mit öffentlichen Protesten aktiv gegen die Sacklers zur Wehr. Die Mäzenatenfamilie hatte zahlreiche Kunstinstitutionen weltweit finanziell unterstützt. Auch kämpfte Goldin für eine Entstigmatisierung der Drogensucht.[2][1]
Hintergrund
All the Beauty and the Bloodshed ist der sechste Langfilm der US-amerikanischen Dokumentarfilm-Regisseurin und Oscar‑Preisträgerin Laura Poitras und gleichzeitig ihr erstes Künstlerporträt. Hinter dem Film stehen die Produktionsgesellschaften Participant von Jeffrey Skoll sowie Praxis Films, die auch Poitras vorangegangene Werke produziert hatten.[3] Sie begann ab 2019 mit Goldin zu arbeiten, zwei Jahre nachdem die Künstlerin den Kampf gegen die Sackler-Familie aufgenommen hatte. Poitras beschrieb die Dreharbeiten als sehr intim. Goldin und sie hätten sich jeweils am Wochenende in ihrem Wohnzimmer getroffen und geredet. Die Filmemacherin war zuerst vom Thema Sackler angezogen. „Ich fühlte mich zuerst von der heutigen Horrorgeschichte einer Milliardärsfamilie angezogen, die wissentlich eine Epidemie verursachte und dann Geld in Museen steckte, im Austausch für Steuerabschreibungen und die Benennung von Galerien“, so Poitras. Später sei ihr klar geworden, dass der Kern von All the Beauty and the Bloodshed Goldins Kunst, Fotografie und das Erbe ihrer Freunde und ihrer Schwester Barbara sei. Poitras betitelte es als „Ein Vermächtnis von Menschen, die aus Amerika fliehen“.[4]
Rezeption
Veröffentlichung
Die Premiere des Films erfolgte am 3. September 2022 beim Filmfestival von Venedig.[4] Sechs Tage später, ab 9. September, wurde der Film beim Filmfestival von Toronto gezeigt.[5]
Eine Aufführung in den USA ist am 7. Oktober 2022 im Rahmen des New York Film Festivals vorgesehen. Dort wurde All the Beauty and the Bloodshed in die Sektion „Centerpiece“ aufgenommen. Gleichzeitig soll Goldin das offizielle Plakat zur 60. Auflage des Filmfestivals gestalten.[1] Ebenfalls im Oktober soll Poitras' Regiearbeit beim Filmfestival von London gezeigt werden.[6]
Ein regulärer Kinostart in den USA ist noch nicht bekannt. Dort soll der Film im Verleih von Neon gezeigt werden. In Deutschland sicherte sich das Unternehmen Plaion die Verleihrechte.[6]
Kritiken
Englischsprachige Stimmen
Von den bei Rotten Tomatoes nach der Premiere aufgeführten ein Dutzend Kritiken sind alle positiv („fresh“).[7] Auf der Website Metacritic erhielt All the Beauty and the Bloodshed eine Bewertung von 90 Prozent, basierend auf mehr als einem halben Dutzend ausgewerteter englischsprachiger Kritiken. Dies entspricht einhelligem Beifall („universal acclaim“).[8] Auch belegte der Film nach allen gezeigten 23 Wettbewerbsbeiträgen in Venedig im internationalen Kritikenspiegel der italienischen Zeitschrift Venezia News einen fünften Platz (3,53 von 5 möglichen Sternen), während der iranische Beitrag No Bears (4,14) die Wertung anführte.[9]
Sophie Monks Kaufmann (Indiewire) vergab nach der Uraufführung in Venedig die Höchstnote „A+“ (deutsches Schulsystem: 1+) an den Film, dessen Titel an eine Zeile aus einem Yeats-Gedicht erinnere. Poitras habe ein „überragendes und umwerfendes Werk von schockierender Intelligenz und noch größerer emotionaler Kraft weiterentwickelt“. All the Beauty and the Bloodshed sei der bedeutenden Fotokünstlerin Goldin würdig und „vollgestopft mit Informationen“, während „in den letzten 15 Minuten nur die Kernprinzipien einflossen und eine mächtige Kohärenz offenbart“ werde.[2] Ähnlich gepriesen wurde der Dokumentarfilm von weiteren amerikanischen Branchendiensten wie The Hollywood Reporter („ein Werk von umwerfender Kraft“[10]), Deadline („packend“[11]) Variety („traurige, aufschlussreiche und auf ihre Weise recht witzige Anekdote“[12]) oder dem britischen ScreenDaily („fesselndes, aufschlussreiches Porträt“[13]).
Deutschsprachiger Raum
Ähnlich euphorisch äußerten sich die deutschsprachigen Medien. Tobias Kniebe (Süddeutsche Zeitung) verwies auf Goldins erfolgreiches Wirken, die Sacklers als führende Kunstsponsoren unmöglich zu machen. Dennoch sei die Familie von der Justiz nur wenig zur Rechenschaft gezogen worden. Kniebe blieb eine Szene in Erinnerung, in der drei Familienvertreter gezwungen wurden, den „bitteren Geschichten“ zu lauschen, die Hinterbliebene von Opfern der Opiod-Krise zu erzählen haben. „Die steinernen, teigigen, stinkreichen und seelenlosen Gesichter in diesem Zoom-Call, die Poitras da eingefangen hat, das wird man so schnell nicht mehr vergessen“, so Kniebe.[14]
Laut Andreas Schreiner (Neue Zürcher Zeitung) sei der Film „keine Nabel- oder Nüsternschau“. Es sei „einer über toxische Philanthropie“. Poitras Regiearbeit bringe aus Goldins Leben zusammen, was tatsächlich zusammengehöre: „die frühen Existenzkämpfe und den späteren Kampf gegen die Sacklers“. Schreiner sah den Film als preisverdächtig an.[15] Dominik Kamalzadeh (Der Standard) sah „einen großartigen Dokumentarfilm“. Ähnlich wie Kaufmann urteilte er, dass All the Beauty and the Bloodshed Goldins „in jeder Hinsicht würdig“ sei. Es handle sich um „ein Beispiel für die enge Verbindung von Politik und Kunst, eine Ode auf die Gegenkultur im New York der 1970- und 1980er-Jahre, die durch Aids zerrissen“ worden sei. Es gehe um Geschichte und darum, wie sie sich wiederhole, so Kamalzadeh.[16] Tim Caspar Boehme (die tageszeitung) berührte das Werk. Es schlage „eine Brücke vom frühen Suizid der Schwester Nan Goldins hin zu ihrer Wut gegen das Haus Sackler, die so stimmig wie bewegend“ sei.[17]
Auszeichnungen
Für All the Beauty and the Bloodshed erhielt Laura Poitras bei ihrer ersten Wettbewerbsteilnahme den Goldenen Löwen, den Hauptpreis des Filmfestivals von Venedig.[18] Gleichzeitig folgte eine Nominierung für den in Venedig vergebenen Queer Lion[19] sowie der gewonnene Smithers Foundation Award „Ambassador of Hope“.[20]
Weblinks
- All the Beauty and the Bloodshed in der Internet Movie Database (englisch)
- All the Beauty and the Bloodshed im Programm des Filmfestivals von Toronto (englisch)
- All the Beauty and the Bloodshed im Programm der Filmfestspiele von Venedig (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ a b c Laura Poitras’s All the Beauty and the Bloodshed is the Centerpiece Selection of NYFF60. In: filmlinc.org, 4. August 2022 (abgerufen am 4. August 2022).
- ↑ a b Sophie Monks Kaufmann: ‘All the Beauty and the Bloodshed’ Review: Nan Goldin’s Remarkable Life Gets a Towering Film Befitting It. In: indiewire.com, 3. September 2022 (abgerufen am 10. September 2022).
- ↑ All the Beauty and the Bloodshed – Company Credits. In: imdb.com (abgerufen am 4. August 2022).
- ↑ a b All the Beauty and the Bloodshed. In: labiennale.org (abgerufen am 16. August 2022).
- ↑ All the Beauty and the Bloodshed. In: tiff.net (abgerufen am 23. August 2022).
- ↑ a b Ben Dalton: Venice documentary ‘All The Beauty And The Bloodshed’ sells to Italy, Germany, Spain. In: screendaily.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
- ↑ All the Beauty and the Bloodshed. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 6. September 2022 (englisch).
- ↑ All the Beauty and the Bloodshed. In: Metacritic. CBS, abgerufen am 10. September 2022 (englisch).
- ↑ Le votazioni della stampa internazionale di Venezia 79 / International Critics’ Venezia 79 Movies Ratings. In: venezianews.it (abgerufen am 10. September 2022).
- ↑ Sheri Linden: ‘All the Beauty and the Bloodshed’ Review: Laura Poitras’ Portrait of Nan Goldin Is a Work of Devastating Power. In: hollywoodreporter.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
- ↑ Stephanie Bunbury: Venice Review: Laura Poitras’ ‘All The Beauty And The Bloodshed’. In: deadline.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
- ↑ Owen Gleiberman: ‘All the Beauty and the Bloodshed’ Review: Laura Poitras’s Film About How Nan Goldin Turned Her Art of Transgression Against the Sackler Family . In: variety.com 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
- ↑ Wendy Ide: ‘All The Beauty And The Bloodshed’: Venice Review. in: screendaily.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
- ↑ Tobias Kniebe: Das Land muss brennen. In: Süddeutsche Zeitung, 5. September 2022, S. 10.
- ↑ Andreas Schreiner: Medikamentensucht und Menschenfleisch. In: Neue Zürcher Zeitung, 6. September 2022, S. 29.
- ↑ Dominik Kamalzadeh: Sex, Lügen und falsche Idyllen. In: Der Standard, 6. September 2022, S. 22.
- ↑ Tim Caspar Boehme: Sucht nach Fleisch, Sucht nach Tabletten. In: die tageszeitung, 5. September 2022, S. 16.
- ↑ Official Awards of the 79th Venice Film Festival. In: labiennale.org, 10. September 2022 (abgerufen am 10. September 2022).
- ↑ All the Beauty and the Bloodshed. In: queerlion.it, 14. August 2022 (abgerufen am 16. August 2022).
- ↑ Collateral awards of the 79th Venice Film Festival. In: labiennale.org, 10. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).