Joghurt

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Joghurt

Joghurt (gelegentlich Jogurt; von türkisch yoğurt) ist ein Nahrungsmittel, das aus durch Milchsäurebakterien verdickter Milch hergestellt ist. Es wird als Naturjoghurt ohne Zusätze sowie mit Zusätzen wie Zucker oder Obstbestandteilen in verschiedenen Geschmacksrichtungen vermarktet. Naturjoghurt hat einen leicht säuerlichen Geschmack.

Etymologie

Das Wort Joghurt ist von türkisch yoğurt entlehnt, was „gegorene Milch“ bedeutet[1][2] und auf die Art der Herstellung verweist. Das Wort ist in auffallend vielen Sprachen vorhanden.[3] Laut Duden tritt das Wort im Deutschen als Maskulinum auf oder, besonders in Österreich und der Schweiz, als Neutrum, in Österreich zudem umgangssprachlich als Femininum.[4] Wie bei anderen Bezeichnungen von Nahrungsstoffen (Fleisch oder Milch) wird das Wort meist im Singular gebraucht. Als Bezeichnung für „Joghurt-Sorten“, „Portionen Joghurt“ oder „Becher mit Joghurt“ wird umgangssprachlich mitunter der Plural in den Formen die Joghurte oder die Joghurts verwendet.

Geschichte des Joghurts

Sauermilchprodukte gehören zu den ältesten Milchprodukten überhaupt, denn Menschen bemerkten früh, dass fermentierte Milch länger haltbar ist als frische. Zudem wird bei der Fermentation der Milchzucker, die Lactose, zu einem gewissen Anteil abgebaut, wodurch Joghurt von laktoseintoleranten Menschen (weltweit gesehen die Mehrheit der Menschheit) besser vertragen wird als frische Milch. Wann und von wem Joghurt zuerst hergestellt wurde, ist allerdings unklar. Einerseits werden die nomadischen Turkvölker Zentralasiens als „Erfinder“ des Joghurts gehandelt, zum anderen wird der Ursprung im Südosten der Balkanhalbinsel, bei den Thrakern, oder bei den Han-Chinesen vermutet.[5][6][7] Möglich ist, dass Joghurt mehrfach unabhängig von verschiedenen Völkern in unterschiedlichen Gegenden Eurasiens „erfunden“ wurde.[8] Belegt ist, dass Joghurt bereits im 5. Jahrhundert in Peking und anderen Orten Chinas ein beliebtes Produkt war. Im 7. Jahrhundert, mehr als 700 Jahre vor der Eroberung Konstantinopels durch die Türken, wurde eine dem Joghurt vergleichbare fermentierte Schafsmilch von den turksprachigen Protobulgaren auf dem Balkan hergestellt. Diese Form des Joghurts wird in ländlichen Gegenden Bulgariens noch zubereitet und Katuk genannt. Identische oder ähnliche Milchprodukte finden sich unter der Bezeichnung Katik in Baschkortostan, Tatarstan und Usbekistan. Das legt nahe, dass die Joghurtherstellung bei den Turkvölkern allgemein bekannt war, bevor sich die Protobulgaren auf dem Balkan ansiedelten.[6]

Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatten die Menschen in der westlichen Hälfte Europas nur sporadisch Kontakt mit Joghurt. So wird eine Anekdote kolportiert, nach der ein türkischer Arzt im 16. Jahrhundert das Siechtum des französischen Königs Franz I. mit einem Joghurt geheilt haben soll.[9]

1905 isolierte der bulgarische Natur- und Medizinwissenschaftler Stamen Grigorow aus Joghurt ein bisher unbekanntes Bakterium, das er für die Fermentation der Milch verantwortlich machte[10][11] und das daraufhin „Bacillus bulgaricus“ genannt wurde. Der russische Bakteriologe Ilja Metschnikow brachte damals ein epidemiologisches Wissen um die hohe Lebenserwartung bulgarischer Bauern mit deren Alltagskost in Zusammenhang, speziell mit dem Konsum von Joghurt einschließlich der Aufnahme der darin enthaltenen Bakterien.[12] Öffentlichkeit und Wissenschaft nahmen diese Aussichten spontan auf, und so verbreitete sich Joghurt rasch nach Mittel- und Westeuropa sowie nach Nordamerika.

1906 berichtete die Zeitschrift Kosmos in ihrer Rubrik Medizin-hygienische Umschau über die „auffällige Langlebigkeit“ der Joghurt-Konsumenten und beschrieb das Milchprodukt.[13]

„Die genaue wissenschaftliche Untersuchung des Yoghurt ergab, daß er das Produkt eines besonderen Gärungserregers ist, den man mit der Bezeichnung bulgarische Maya belegt hat. Er bringt die Milch nicht nur zum Gerinnen, sondern entwickelt im Gegensatz zur sauren Milchgärung unserer Landstriche sehr wenig Milchsäure, bewirkt dabei vielmehr eine Spaltung und Auflösung der Milchbestandteile, wie sie durch unseren Magensaft bei der Verdauung erzeugt wird. Der durch die bulgarische Maya aus der Milch erzeugte Yoghurt ist also eine Sauermilch besonderer Art, welche für die Verdauung vorbereitet ist, deshalb selbst vom schwächsten menschlichen Magen gut ertragen wird und in außerordentlich großen Mengen, ohne Beschwerden zu erzeugen, gegessen werden kann. Da ein Liter davon nur etwa 2 g Milchsäure enthält, während unsere einheimische Sauermilch deren 6 bis 8 g aufweist, reizen auch größere Mengen von ihr den Darm absolut nicht und wirken in keiner Weise abführend, wodurch sonst die vollständige Ausnutzung dieses Nahrungsmittels in Frage gestellt würde. Ohne die geringste Beschwerde sieht man Bulgaren und Türken 2 bis 3 Liter dieser gestockten Milch, die eine jede Haushaltung für sich bereitet, im Tage verzehren.“

Im Deutschen Reich wurde Joghurt seit 1907 unter der Bezeichnung Joghurt in städtischen Molkereien produziert und auch in Form von Trockenfermenten, zum Selberherstellen von Joghurt,[14] über spezielle Versandgeschäfte und Reformhäuser angeboten. Die damals eingeschränkten Kühlmöglichkeiten in den Läden und Haushalten begrenzten den Absatz. Zudem wollten US-amerikanische Forscher 1918 nachweisen, dass der „Bacillus bulgaricus“ die Darmflora nicht verbessere, da er zuvor von der Magensäure zerstört werde. Dies stellte sich jedoch als falsch heraus. Geringe Anteile des „Bacillus bulgaricus“ gelangen trotz seiner Empfindlichkeit auf Magensäure immer in den Darm, wo sich diese Reste wieder vermehren und so positiv auf die Darmflora auswirken können (siehe Abschnitt Bakterienkulturen). In den 1920er Jahren wurde die „Acidophilus-Milch“ neu entwickelt, deren Bakterienkultur die Magenpassage nahezu unbeschadet überlebt und deshalb die Zusammensetzung der Darmflora schneller und stärker beeinflusst. Der Verbrauch von Joghurt stieg in Deutschland insbesondere in den 1930er und den 1940er Jahren stark an. Seine Nutzung als „Diätspeise“ erfolgt erst seit den späten 1960er Jahren. In dieser Zeit wurde der geläufige Fruchtjoghurt üblich.

Für die kommerzielle Herstellung von Sauermilcharten wurden verschiedene Milchsäurebakterien selektiert. Produkte aus südeuropäischen Ländern wurden traditionell mit Hilfe von thermophilen (wärmeliebenden) Milchsäurebakterien hergestellt, während man für die aus dem Norden stammenden Sauermilcharten mesophile (mittlere Temperaturen liebende) Milchsäurebakterien eingesetzt hat. Beim heutigen Stand der Technik (Kühlhäuser, Temperiermöglichkeiten) spielt der durch klimatische Gegebenheiten bedingte Einsatz bestimmter Kulturen keine Rolle mehr.

Herstellung

Joghurtbereiter, um Joghurt selbst herzustellen

Ursprünglich entstand Joghurt aus der zufälligen Säuerung und Dicklegung von Milch. Im Laufe der Entwicklung der Lebensmittelherstellung wurden die verursachenden Mikroorganismen isoliert, identifiziert und nach ihrer Leistung selektiert. Bei geeigneten Temperaturen (bei thermophilen Kulturen 42 °C bis 45 °C, bei mesophilen Kulturen 22 °C bis 30 °C) kann mit Joghurtkulturen geimpfte Milch in Joghurt umgewandelt werden. Zu diesem Zweck gibt es Joghurt-Zubereitungsautomaten. Es reicht auch aus, Milch auf 40 °C bis 50 °C erwärmt mit etwas Joghurt als Impfmaterial (etwa zwei Löffel Joghurt auf einen Liter Milch) zu mischen und in einer Thermoskanne (oder einem mit einer Decke isolierten, aber nicht völlig luftdichten Gefäß) mindestens sechs Stunden ruhen zu lassen. Ein stichfester Joghurt unterscheidet sich in der Herstellung dadurch, dass er im Becher reift und nach dem Dickwerden nicht mehr gerührt wird. Dieses Verfahren wird hauptsächlich für Joghurt mit unterlegter Frucht (Frucht unter Joghurtmasse nicht eingerührt) verwendet.

Joghurt und Sauermilch sind sich sehr ähnlich. Der Hauptunterschied liegt bei der Auswahl der Milchsäurebakterien: Bei der Herstellung von Joghurt sollen grundsätzlich Lactobacillus bulgaricus und Streptococcus thermophilus eingesetzt werden. Joghurts mit dem Zusatz „mild“ in der Bezeichnung werden statt mit L. bulgaricus mit anderen Laktobazillen (wie L. acidophilus, L. casei) hergestellt. Für Sauermilch beschränken sich die Vorgaben bezüglich der verwendeten Mikroorganismen auf mesophile Milchsäurebakterienkulturen.[15] Im Gegensatz zu gewöhnlicher Sauermilch darf gemäß Lebensmittelgesetz in der Schweiz nur ein Produkt mit einem Mindestgehalt von Mikroorganismen als Joghurt bezeichnet werden. Laut Art. 56 Joghurt, Abs. 2 müssen im Endprodukt „insgesamt mindestens 10 Millionen koloniebildende Einheiten der Mikroorganismen je Gramm vorhanden sein“. Wenn dieser Mindestwert nicht erreicht wird, darf das Produkt nur „Sauermilch“ heißen.[16]

Südlicher Balkan, Türkei und Griechenland

Naturjoghurts aus dem südlichen Balkan bestehen ausschließlich aus Milch und werden durch Lactobacillus bulgaricus ohne weitere Zusätze dickgelegt. Naturjoghurt dieser Art wird dort im offenen Verkauf vertrieben. In industriell hergestellten Joghurts werden der Milch meist noch zusätzlich Magermilchpulver zur Erhöhung der Trockenmasse zugesetzt. Weitere mögliche Zutaten, insbesondere in Fruchtjoghurts, können Verdickungsmittel, Emulgatoren, Farbstoffe sowie Aromen und Zucker sein.

Der in der türkischen Küche verwendete Süzme Yoğurt wird traditionell durch das „Abtropfenlassen“ normalen Joghurts in einem Sieb (türkisch süzgeç) oder einem Baumwolltuch hergestellt. Der auf diese Weise entwässerte Joghurt ist fester und cremiger. Mit einem Fettanteil von 10 Prozent entspricht er einem Sahnejoghurt. Er wird ausdrücklich ohne Zusatz von Gelatine verkauft.

Ähnlich wird der griechische Joghurt (griechisch στραγγιστό γιαούρτι strangistó giaoúrti, deutsch abgetropfter Joghurt) hergestellt, der außerhalb Griechenlands zunächst in den USA populär wurde, später aber auch in Westeuropa zunehmend Verbreitung fand. Durch das längere Abtropfen der Molke wird einerseits ca. viermal so viel Milch benötigt, auf der anderen Seite neben einem Fettanteil von ca. 10 % auch ein höherer Eiweißanteil erreicht.[17] Nicht in Griechenland hergestellter Joghurt darf in der EU nicht als „griechischer Joghurt“ vermarktet werden, sondern nur als „Joghurt (nach) griechischer Art“ o. ä.[18]

Fermentation

Die Herstellung von Joghurt durch Milchsäurebakterien ist eine Fermentation. Milchsäurebakterien wie Lactobacillus bulgaricus können Milchzucker (Lactose) in Milchsäure (Lactat) umwandeln, wobei zugleich der charakteristische Geschmack und das Aroma entstehen. Milchsäure führt zu einer pH-Absenkung. Ab einem bestimmten pH-Wert können sich die Caseinmicellen (die Hauptproteinfraktion der Milch) nicht mehr in Lösung halten und koagulieren unter Bildung eines Netzwerkes. Dieser Vorgang wird oft als Dicklegung bezeichnet. In den Zwischenräumen werden das in der Milch enthaltene Wasser und verbleibende Proteinfraktionen (Molkenproteine) eingeschlossen.

Die Säuerung muss während des gesamten Produktionsprozesses überwacht werden, dazu wird der pH-Wert der Kesselmilch gemessen. Die Dicklegung der Milch beginnt ab einem pH-Wert von ca. 5,5 und endet je nach Kultur bei einem pH-Wert bis 3,8 (sehr selten, da sehr sauer). Idealerweise sollte bei einem pH-Wert von 4,65 (isoelektrischer Punkt) die Säuerung beendet sein, da sonst Molkensynärese entsteht, wobei sich der Joghurt bei niedrigeren pH-Werten zusammenzieht und Molke abscheidet.

Bakterienkulturen

Zu den wichtigsten Milchsäurebakterien in traditionellen Sauermilchprodukten gehören Streptokokken und Laktobazillen. Joghurt wird traditionell mit Lactobacillus bulgaricus hergestellt. Seit Beginn des 21. Jahrhunderts werden in Deutschland fast nur noch Joghurts mit der Bezeichnung „mild“ angeboten. Diese werden gemäß der deutschen Milcherzeugnisverordnung ohne die traditionellen Bakterienkulturen hergestellt und schmecken weniger sauer als die traditionell hergestellten. Weitere bei der Herstellung von Joghurt verwendete Bakterienstämme sind z. B. Streptococcus thermophilus, Lactobacillus casei und Bifidobacterium bifidum.[19] Probiotische Mikroorganismen können in lebensfähiger Form den Darmtrakt erreichen und ihre Stoffwechselaktivität dort entfalten. Keine probiotische Wirkung zeigen z. B. Streptococcus thermophilus, da sie das extrem saure und bakterizide Milieu im Magen und danach die Vermischung mit Galle im Zwölffingerdarm nicht überleben und somit nicht lebend im Darm ankommen. Anders als die Werbung suggeriert, treten immunstimulierende Effekte unabhängig von der Art des Joghurts (probiotische "Markenkulturen" oder traditionelle Kulturen) ein,[20] vorausgesetzt, dass es sich um nicht pasteurisiertes (nicht wärmebehandelt) Joghurt handelt.

Laktose

Bei der Fermentation wird Laktose teilweise abgebaut. Dadurch ist Joghurt für Personen mit Laktoseintoleranz besser verträglich als unfermentierte Milch.[21] Für bestmögliche Verträglichkeit ist aber weiter zu unterscheiden zwischen pasteurisiertem (wärmebehandelt) und entsprechend gekennzeichnetem Joghurt und nicht wärmebehandeltem Joghurt mit folglich noch lebenden Kulturen. Enthält der Joghurt lebende Kulturen, wird er deutlich besser vertragen. Das liegt an dem Vorhandensein von bakterieller β-Galactosidase, welche die Verdauung der Laktose unterstützt.[22] Bio-Joghurte werden nicht wärmebehandelt und enthalten daher lebende Kulturen. Joghurt – ob cremig oder stichfest – wird oft Magermilchpulver und somit wiederum Laktose zugesetzt. Da das Magermilchpulver nicht deklarationspflichtig ist, ist es für den Kunden nicht erkennbar. Lediglich Bio-Hersteller deklarieren freiwillig eine eventuelle Zugabe von Magermilchpulver.[23][24] Laktosefreiem Joghurt wurde zuvor Laktase zugesetzt, welche den Milchzucker in Galactose und Glucose aufspaltet.

Joghurtmischerzeugnisse

Joghurterzeugnisse

Naturjoghurt

Naturjoghurt wird nur aus Milch oder Sahne und Milchsäurebakterien hergestellt. Unterschieden wird je nach Fettgehalt:[15]

  • Joghurt aus entrahmter Milch (auch Magermilchjoghurt): maximal 0,5 % Fett
  • Fettarmer Joghurt: 1,5 %–1,8 % Fett
  • Joghurt: mindestens 3,5 % Fett
  • Sahnejoghurt (Rahmjoghurt): mindestens 10 % Fett
  • Griechischer Joghurt: Fettgehalt bis zu 10 Prozent, cremige Konsistenz, weil die Molke länger abtropft[25]

Fruchtjoghurt

Fruchtjoghurt gehört zu den Milchmischerzeugnissen und enthält zusätzlich Früchte oder Fruchtzubereitungen. Fruchtjoghurt hat einen Marktanteil von 80 % am gesamten Joghurtumsatz. Unterschieden wird je nach Fruchtanteil[26]

  • Fruchtjoghurt oder Joghurt mit Früchten: mindestens 6 % Fruchtanteil
  • Joghurt mit Fruchtzubereitung: mindestens 3,5 % Fruchtanteil
  • Joghurt mit Fruchtgeschmack: weniger als 3,5 % Fruchtanteil

Die Zusammensetzung der Fruchtzubereitung muss nicht angegeben werden, wenn ihr Anteil unter 2 % am Gesamtprodukt liegt. Je nach Joghurtqualität kann eine Fruchtzubereitung neben Früchten, Zucker und Verdickungs- bzw. Geliermitteln gepresste Fruchtrückstände, Süßungsmittel, Aromen und Konservierungsstoffe enthalten. Die angegebene Geschmacksrichtung muss dabei nicht unbedingt auf die tatsächlich verwendeten Früchte oder Fruchtrückstände hinweisen. Meist werden in billigen Fruchtjoghurts „Fruchtstücke“ mittels Gelierung oder enzymatischer Vernetzung aus unterschiedlichen Säften unter Beigabe von Aromen erzeugt.

Der überwiegende Anteil der Fruchtjoghurt-Produktion wird von bekannten Großmolkereien in Plastikbechern vertrieben, welche mit einer dünnen aufgeklebten Metallfolie verschlossen sind. Ein Becher enthält in der Regel zwischen 50 g und 250 g Fruchtjoghurt. Zum Verkauf werden diese Becher in den Kühlregalen des Lebensmitteleinzelhandels gelagert und präsentiert. Die Idee zu diesem Convenience-Produkt wurde erstmals im Jahre 1933 durch die Radlitzer Dampfmolkerei in der Prager Vorstadt Smichov entwickelt und erfolgreich unter dem Namen JOVO (Zusammenziehung von Joghurt und „ovoce“, Tschechisch für Obst) vermarktet. Seinerzeit wurden noch kleine Gläser als Verkaufsverpackung verwendet. Die Idee wurde bald weltweit erfolgreich. Die erste Geschmacksrichtung war Erdbeere.[27]

Die Lebensmittelverordnung der Schweiz schreibt vor, dass 100 g Joghurt oder Sauermilch maximal 30 g andere Zutaten wie Früchte, Nüsse, Cerealien, Schokolade, Zucker oder natürliche Zutaten wie Kaffee oder Vanille enthalten dürfen. Die natürliche Färbung kann mit Frucht- und Gemüsesäften oder deren Konzentraten verstärkt werden. Ebenfalls erlaubt sind Gelier- und Verdickungsmittel. Künstliche Farb- und Konservierungsmittel gehören hingegen nicht in einen Joghurt, der in der Schweiz hergestellt wird. Joghurt gibt es in vier verschiedenen Fettgehaltsstufen: aus Vollmilch, teilentrahmt, aus Magermilch und mit Rahm angereichert.[28]

Andere Geschmacksrichtungen

Neben dem Fruchtjoghurt gibt es weitere Mischerzeugnisse mit verschiedenen Aromen wie Vanille, Nougat, Nuss, Stracciatella, Schokolade, Kokos oder Kaffee.

Trinkjoghurt

Trinkjoghurt im Glas

Im Handel wird Trinkjoghurt in ähnlichen Geschmacksrichtungen wie herkömmlicher Fruchtjoghurt angeboten. Bei der Herstellung von Trinkjoghurt wird auf eine Erhöhung der Trockenmasse verzichtet, somit bleibt der Joghurt von Beginn an flüssiger. Nach der Fermentation wird der Joghurt glatt gezogen, hierbei entsteht eine gleichmäßige dünnflüssige Joghurtmasse. Anders als bei Mischgetränken wie Ayran wird Trinkjoghurt kein Wasser zugegeben.

Eine weitaus ältere Form der Joghurtgetränke ist in einigen Regionen Asiens verbreitet (Türkei: Ayran, Indien: Lassi). Bei diesen dient als Basis ein festerer Joghurt, jedoch mit stark säuernden Kulturen (Streptococcus thermophilus und Lactobacillus bulgaricus), der vor dem Verbrauch oder dem Verkauf mit Wasser und Salz in eine dünnflüssige, buttermilchähnliche Konsistenz aufgequirlt wird. Sie werden als traditionelles Erfrischungsgetränk gut gekühlt serviert. Diese Produkte sind weit verbreitet und werden von Straßenhändlern, gastronomischen Einrichtungen und für häuslichen Gebrauch im Einzelhandel angeboten. In Deutschland und Österreich sind sie in sterilisierter Form und haltbaren Abpackungen erhältlich. Obwohl sie eher salzige Erfrischungsgetränke sind, werden in den Herkunftsländern gelegentlich Mischprodukte mit Fruchtsäften angeboten.

Tsatsiki

Tsatsiki oder griechisch τζατζίκι (dzadziki) ist eine Zubereitung der griechischen Küche aus Joghurt, Gurken, Olivenöl und Knoblauch. Er wird kalt als Vorspeise mit Brot serviert und ist Bestandteil der Mezedes (Vorspeisenplatte). Oft wird Tsatsiki zu Fleischgerichten wie Gyros oder Souvlaki gereicht. Ein ähnliches Produkt in der türkischen Küche ist Cacık, wovon das griechische Wort hergeleitet ist. Ähnliche Gerichte sind überhaupt in den Balkan-Küchen verbreitet, etwa das bulgarische Tarator oder das albanische Taratoi.

Verwandte Produkte

Dickmilch wurde oft zu Hause hergestellt, in Deutschland bis 1930, als die Pasteurisierung von Milch mit dem Milchgesetz vorgeschrieben wurde. Sie bildet eine Variante von Joghurt, entsteht jedoch auf Basis von in der Milch natürlicherweise enthaltenen Bakterien. Die Raumtemperatur reicht aus, um die Milch innerhalb von ein bis zwei Tagen umzusetzen, Temperaturen um die 32 °C reduzieren die Fertigstellung auf sechs bis acht Stunden und ergeben eine reinere saure Milch, da auch vorhandene Essigsäurebakterien sich bei Raumtemperatur (bis ca. 30 °C) entwickeln können, nicht jedoch bei 32–34 °C. Die Bakterien sind anaerobe Milchsäurebakterien, die zum Teil von der Kuh stammen und zum Teil beim Melken aus der Luft in die Milch gelangten.

Laban ist ein arabisches Sauermilchprodukt, das aus der Milch von Kühen, Kamelen, Schafen und Ziegen hergestellt wird.

Auf ländlichen Märkten im Iran und in den arabischen Ländern wird Kaschk genannter, getrockneter Joghurt angeboten.

Als Alternative zu Joghurt aus tierischer Milch werden unter anderem Produkte auf Basis von Soja-, Kokos- oder Lupinenmilch angeboten, die als vegan gelten und durch die gleichen Milchsäurebakterien erzeugt werden wie herkömmlicher Joghurt.[29]

Ähnliche Sauermilchprodukte

Literatur

  • Jean Pütz, Ellen Norten: Hobbythek – Joghurt, Quark & Käse, für ein starkes Immunsystem. VGS, Köln 2001, ISBN 3-8025-6213-5.
  • Lotte Hanreich, Ingeborg Hanreich: Joghurt, Käse, Rahm und Co. – Gesundes aus Milch selbst gemacht. Stocker, Graz 2000, ISBN 3-7020-0878-0.
  • Uwe Spiekermann: Functional Food – Zur Vorgeschichte einer „modernen“ Produktgruppe. in: Ernährungs-Umschau. Frankfurt Main 49.2002, 182–188. ISSN 0174-0008
  • Vlad D. Georgescu, Marita Vollborn: Die Joghurt-Lüge – Die unappetitlichen Geschäfte der Lebensmittelindustrie. Frankfurt, Campus 2006, ISBN 3-593-37958-9.

Weblinks

Wiktionary: Joghurt – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Joghurt – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Joghurt – Zitate

Einzelnachweise

  1. Duden: Das Herkunftswörterbuch. (Duden, Band 7) 4. neubearb. Aufl., Mannheim [u. a.] 2007, S. 373.
  2. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Bearb. von Elmar Seebold. 23. erw. Aufl., de Gruyter, Berlin 1995, S. 411.
  3. How to Say Yoghurt in Different Languages. In: indifferentlanguages.com. Igor Katsev, abgerufen am 3. März 2018 (englisch).
  4. Joghurt, Jogurt, der, die oder das. In: duden.de. Abgerufen am 29. Februar 2020.
  5. Edward R. Farnworth: Handbook of Fermented Functional Foods. Second Edition, CRC Press, 2008, ISBN 0-8493-1372-4, S. 7
  6. a b Alan Davidson: The Oxford Companion to Food. Oxford University Press, 2014, ISBN 978-0-19-967733-7, S. 116 f.
  7. Scott Pearce, Audrey G. Spiro, Patricia Buckley Ebrey: Culture and Power in the Reconstitution of the Chinese Realm, 200-600. In: Harvard East Asian monographs. Band 200. Harvard Univ Asia Center, 2001, ISBN 978-0-674-00523-5, ISSN 0073-0483, Introduction, S. 22 (englisch, eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  8. Alan Davidson: The Oxford Companion to Food., S. 885 f.
  9. W. Kuntze: Studien über fermentierte Milch. In: Centralblatt für Bakteriologie, Parasitenkunde und Infektionskrankheiten etc. Abt. 2. Band 21. Gustav Fischer, Jena 1908, (S. 747 nach einer Reklamebroschüre), S. 737–768 (archive.org).
  10. Stamen Grigoroff: Étude sur un lait fermenté comestible. Le „Kissélo mléko“ de Bulgarie. In: Revue Médicale de la Suisse Romande. Bd. 25, 1905, 714–721.
  11. Who is Dr. Stamen Grigorov. In: stamengrigorov.org. Dr. Stamen Grigorov Foundation, archiviert vom Original am 25. Oktober 2014; abgerufen am 27. November 2019 (englisch).
  12. Élie Metchnikoff: The Prolongation of Life. The English Translation (P. Chalmers Mitchell). G. P. Putnam’s Sons, London/New York 1908, S. 161–183 (archive.org)
  13. L. Reinhardt in: Kosmos – Handweiser für Naturfreunde. Heft 6, 1906, S. 166
  14. Gertrude Wiemann, Lina Morgenstern (Hg.): Henriette Davidis Praktisches Kochbuch für die gewöhnliche und feinere Küche. Mit besonderer Berücksichtigung der Anfängerinnen und angehenden Hausfrauen nach den neuesten Erfahrungen und Fortschritten neubearbeitet und herausgegeben. W. Herlet, Berlin, 1907. Online in projekt-gutenberg.org, Kapitel 65. Anmerkung: Wiemann hat wohl den pilzhaltigen Kefir mit bakteriellem Joghurt verwechselt.
  15. a b Verordnung über Milcherzeugnisse (Milcherzeugnisverordnung – MilchErzV).
  16. SR817.022.108 Verordnung des EDI über Lebensmittel tierischer Herkunft.
  17. Britta Beeger: Joghurt – Das griechische Wunder. In: faz.net. 10. August 2013, abgerufen am 20. September 2019.
  18. Sarantis Michalopoulos: EU-Kommission: „Griechischer Joghurt“ muss aus Griechenland kommen. Euractiv, 5. Oktober 2016, abgerufen am 7. April 2018.
  19. Gunther Müller: Grundlagen der Lebensmittelmikrobiologie. 6. Auflage. Steinkopff Verlag, Darmstadt 1986, ISBN 3-7985-0673-6, S. 59–61, 178.
  20. A. L. Meyer, M. Micksche, I. Herbacek, I. Elmadfa: Daily Intake of Probiotic as well as Conventional Yogurt Has a Stimulating Effect on Cellular Immunity in Young Healthy Women. In: Annals of Nutrition & Metabolism. Bd. 50, Nr. 3, 2006, 282–289, doi:10.1159/000091687, PMID 16508257, ISSN 0250-6807.
  21. J. Stein, K.-W. Jauch (Hrsg.): Praxishandbuch klinische Ernährung und Infusionstherapie. Springer, 2013, ISBN 978-3-642-55896-2, Kapitel 42 – Ernährung bei Krankheiten des Gastrointestinaltrakts, S. 591 (books.google.de).
  22. I. Labayen, L. Forga, A. González, I. Lenoir-Wijnkoop, R. Nutr, J. A. Martínez: Relationship between lactose digestion, gastrointestinal transit time and symptoms in lactose malabsorbers after dairy consumption. In: Alimentary Pharmacology & Therapeutics, 15: 543–549, 2001, doi:10.1046/j.1365-2036.2001.00952.x.
  23. Warenkunde: Naturjoghurt. In: Schrot & Korn. Nr. 3, 2004 (schrotundkorn.de [abgerufen am 10. August 2018]).
  24. Milchpulver in Milchprodukten. In: projekte.meine-verbraucherzentrale.de. Abgerufen am 17. Mai 2018.
  25. Was ist das Besondere an Griechischem Joghurt? In: verbraucherzentrale-bayern.de. 1. Juni 2017, abgerufen am 3. August 2019.
  26. Günter Klein, Rabe, Weiss: Textsammlung Lebensmittelrecht. Behr, Hamburg 2007, S. 5461, ISBN 3-86022-314-3.
  27. Der erste Fruchtjoghurt der Welt - 75 Jahre Radlitzer JOVO. 26. April 2008, abgerufen am 22. Juni 2020.
  28. Art. 46 VLtH vom 16. Dezember 2016 (Stand am 1. Mai 2017). In: admin.ch. 1. Mai 2017, abgerufen am 19. April 2018.
  29. 5 vegane Joghurts für alle, die kein Soja mögen. In: petazwei.de. Abgerufen am 20. November 2019.