Annahme (Recht)

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Unter Annahme versteht man im Zivilrecht eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet ist.

Allgemeines

Das gesamte Vertragsrecht geht davon aus, dass ein Vertrag (wie etwa der Kaufvertrag des Alltags) durch mindestens zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommt. Diese Willenserklärungen heißen Angebot (rechtlich als „Antrag“ bezeichnet) und Annahme. Das BGB sagt dies zwar nicht ausdrücklich, geht aber davon in den §§ 145 ff. BGB als selbstverständlich aus, am deutlichsten in § 151 Satz 1 BGB. Antrag und Annahme sind die beiden inhaltlich korrespondierenden, auf dieselben Rechtsfolgen gerichteten Willenserklärungen der Vertragspartner (Kontrahenten).

Rechtsfragen

Der eine Vertragspartner unterbreitet dem anderen ein Angebot (§ 145 BGB), das der andere annimmt (§ 151 BGB). Stimmen beide empfangsbedürftigen Willenserklärungen überein, ist der Vertrag zustande gekommen. Durch die Annahme muss die vertragliche Einigung zum Ausdruck kommen, indem sie eine spiegelbildliche Deckungsgleichheit zum Angebot herstellt.[1] Der Annahmewille muss erklärt werden, also nach außen durch den Anbietenden wahrnehmbar sein.[2] Abweichungen zwischen Angebot und Annahme (§ 150 Abs. 2 BGB) gelten als Ablehnung des Angebots und als neuer Antrag (§ 150 Abs. 2 BGB). Die Annahme eines Angebots unter Anwesenden (mündlich oder telefonisch) hat sofort zu geschehen (§ 147 Abs. 1 BGB), unter Abwesenden kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf (§ 147 Abs. 2 BGB). Dabei ist nicht nur die für den Rücklauf (Brief) der Antwort erforderliche Zeit, sondern auch eine gewisse Überlegungszeit für den Annehmenden einzukalkulieren.[3] Die unter Abwesenden erklärte Annahme eines Angebots muss dem Anbieter zugehen (§ 130 Abs. 1 BGB). Die verspätete Annahme eines befristeten Angebots (§ 148 BGB) gilt als neues Angebot (§ 150 Abs. 2 BGB).

Diese Fälle der ausdrücklichen Annahme werden um die konkludente Annahme durch schlüssiges Verhalten ergänzt. Bereits § 151 BGB geht davon aus, dass die Annahme dem Antragenden gegenüber nicht ausdrücklich erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat. Liefert jemand Waren auf Bestellung, ohne dass er vorher die Annahme erklärt und ohne dass ein Fall des § 151 BGB vorliegt, so würde das Versenden der Waren an den Antragenden als konkludente Willenserklärung aufgefasst werden, welche durch ihren Zugang – das Eintreffen der Waren – wirksam würde.[4] Schlüssiges Verhalten liegt auch bei einer Bestellung eines Hotelzimmers durch E-Mail vor, wenn das Hotel den Besteller in das Reservierungsbuch einträgt.

Im Handelsrecht gilt sogar Schweigen als Annahme. Geht beispielsweise einem Kaufmann, dessen Gewerbebetrieb die Besorgung von Geschäften für andere mit sich bringt, ein Antrag über die Besorgung solcher Geschäfte von jemand zu, mit dem er in Geschäftsverbindung steht, so ist er verpflichtet, unverzüglich zu antworten; sein Schweigen gilt als Annahme des Antrags (§ 362 Abs. 1 HGB).

Anfechtung

Die Anfechtung der Annahmeerklärung erfolgt nach den allgemeinen Regeln. Bezeichnen Angebot und Annahme nur scheinbar denselben Gegenstand, liegt ein so genannter Dissens vor, der entweder durch ergänzende Vertragsauslegung aufgelöst werden muss oder zur Unwirksamkeit des Vertragsverhältnisses führt.

Annahmeverzug

Ein Annahmeverzug (auch: Gläubigerverzug) liegt gemäß § 293 ff. BGB vor, wenn der Gläubiger die Leistung des Schuldners, die möglich gewesen wäre und vertragsgemäß angeboten wurde, nicht rechtzeitig zum Leistungszeitpunkt annimmt.

Annahme der Erbschaft

Hat der Erbe die Erbschaft angenommen, so kann er sie nicht mehr ausschlagen; ist die für die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen, gilt die Erbschaft mit dem Ablauf der Frist als angenommen (§ 1943 BGB). Die Annahme der Erbschaft kann auch durch schlüssiges Verhalten erklärt werden. Eine konkludente Annahme in diesem Sinne liegt vor, wenn eine nach außen erkennbare Handlung des Erben darauf schließen lässt, dass er die Erbschaft endgültig behalten will.[5]

Annahme eines Wechsels

Im Wechselrecht wird der Bezogene gemäß Art. 28 Abs. 1 WG durch die Annahme verpflichtet, den Wechsel bei Verfall zu bezahlen. Diese Annahme heißt auch Akzept (oder Wechselakzept) und geschieht durch Unterschrift (Querschreiben) auf dem Wechsel.

International

In Österreich sieht § 864 Abs. 1 ABGB die vergleichbare Regelung zu § 151 BGB vor, wenn eine ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist. Die Annahme heißt in § 869 ABGB „Einwilligung in einen Vertrag“, sie muss frei, ernstlich, bestimmt und verständlich erklärt werden. In der Schweiz wird die Annahme „Akzept“ und das Angebot „Offerte“ genannt. Sie ist eine Erklärung des Vertragswillens, die inhaltlich soweit bestimmt ist, dass der Annehmende durch einfache Zustimmung den Vertrag zustande bringen kann; die Offerte muss somit wenigstens die objektiv wesentlichen Punkte des Vertrages sowie den Verpflichtungswillen formulieren. Dagegen muss die Offerte nicht notwendig auch bereits die Person des Vertragspartners bezeichnen, sondern kann, wenn diese dem Offerenten gleichgültig sein darf, auch ad incertas personas erfolgen (etwa bei einer Bürgschaftserklärung die Person des Bürgschaftsgläubigers unbestimmt lassen[6]). Ist ein Vertrag unter Abwesenden zustande gekommen, so beginnen seine Wirkungen mit dem Zeitpunkt, wo die Erklärung der Annahme zur Absendung abgegeben wurde (Art. 10 Abs. 1 OR).

Einzelnachweise

  1. Dieter Leipold, BGB I: Einführung und allgemeiner Teil, 2008, S. 186
  2. BGHZ 111, 97, 101
  3. Dieter Leipold, BGB I: Einführung und allgemeiner Teil, 2008, S. 187
  4. Hermann Burgsmüller, Die Bedeutung des § 151 BGB, 1934, S. 33
  5. Dieter Leipold in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 10, 2008, § 1943, Rn. 4
  6. BGE 45 II 172/3