Ľudovít Štúr

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Ľudovít Štúr

Ľudovít Štúr (deutsch auch Ludwig Štúr oder Ludwig Stur; * 29. Oktober 1815 in Uhrovec bei Bánovce nad Bebravou, Königreich Ungarn; † 12. Januar 1856 in Modra bei Pressburg); eigentlich Ludevít Velislav Štúr, war eine herausragende Persönlichkeit der slowakischen Nationalbewegung. Als Philologe, Schriftsteller und Politiker im Kaisertum Österreich kodifizierte er die Grundlagen der heutigen slowakischen Schriftsprache.

Leben

Ľudovít Štúr, ein Sohn des Lehrers Samuel Štúr, wuchs in einer bewusst lutherischen Familie auf. Seine Brüder Karol (1811–1851) und Samuel (1818–1861) wurden Pfarrer. Auch Ľudovít begann nach der Schulausbildung in Raab (Győr) und am Evangelischen Lyzeum in Pressburg (Bratislava) 1837 zuerst ein Theologiestudium. Erst mit dem Wechsel an die Universität Halle 1838 konzentrierte er sich auf Geschichte, Philosophie und Philologie. 1840 übernahm er eine Professur für slowakische Geschichte und Literatur am Evangelischen Lyzeum in Pressburg, die er schon als Student vertretungsweise innegehabt hatte. Štúrs Vorlesungen fanden großen Anklang. Dort beeinflusste er unter anderem Paweł Stalmach, den Gründer der polnischen Nationalbewegung im Teschener Schlesien. 1843 wurde er aber wegen seiner antimagyarischen Haltung abgesetzt.

Gemeinsam mit Jozef Miloslav Hurban und Michal Miloslav Hodža kodifizierte er im Sommer 1843 auf der Grundlage des mittelslowakischen Dialektes die heutige Version der slowakischen Literatursprache durch Einführung einer neuen phonetischen Orthographie. Bis dahin war gerade in der Evangelischen Kirche A.B. in der Slowakei die alte tschechische Sprache der Kralitzer Bibel gebräuchlich gewesen. Mit der Zustimmung der maßgeblichen Vertreter der slowakischen Nation (anlässlich der Sprachreform von 1851 auch der Katholiken, die damals noch eine ältere Version der Literatursprache von Anton Bernolák verwendeten) erreichte das slowakische Volk seine sprachliche und somit auch kulturelle und nationale Einheit.

Ľudovít-Štúr-Denkmal in Levoča

1847 wurde Štúr in den ungarischen Landtag (in Pressburg) gewählt, dort engagierte er sich besonders für die Belange der Slowaken gegenüber den Ungarn. Im Revolutionsjahr 1848 war er ein Organisator und Führer des slowakischen Freiheitskampfes, wofür er auch verfolgt wurde (siehe Slowakischer Aufstand). In diesen Jahren wurde er zum Anhänger des Panslawismus.

Nach dem Tod seines Bruders Karol zog er in dessen Haus in Modra (Kleinstadt nördlich von Pressburg), um dort für die Familie des Verstorbenen zu sorgen. Hier schrieb er sein (auf Deutsch abgefasstes) Buch Das Slawenthum und die Welt der Zukunft sowie patriotische Gedichte und war auch Sammler und Herausgeber slowakischer Volkslieder und Märchen. Nachdem er sich 1855 bei einem Jagdunfall mit seiner Waffe ernsthaft verletzt hatte, starb er am 12. Januar 1856 in Modra.

Werke

Die neue slowakische Schriftsprache legte er fest durch das Werk Nauka reči Slovenskej (Die Lehre über die slowakische Sprache; 1846) und begründete er durch das Werk Nárečja Slovenskuo alebo potreba písaňja v tomto nárečí (Die Slowakische Mundart oder die Notwendigkeit des Schreibens in dieser Mundart); 1846, geschrieben 1844.[1]

Er verteidigte in mehreren Schriften in deutscher Sprache die Rechte der Slowaken gegen die Angriffe der Magyaren:

  • Die Beschwerden und Klagen der Slaven in Ungarn über die gesetzwidrigen Uebergriffe der Magyaren, 1843[2]
  • Das 19. Jahrhundert und der Magyarismus, Wien 1845[3]
  • Der Magyarismus in Ungarn, 2. Aufl., Leipzig 1848

1845 gründete er die Zeitung Slovenské národnie Novini (Slowakische Nationalzeitung) mit der literarischen Beilage Orol Tatranski (Der Adler von der Tatra), die bereits in der von ihm neu kodifizierten Sprache verfasst wurde.

Von seinen Schriften sind noch Zpěvy i písně (Gesänge und Lieder, Pressburg 1853) und das in tschechischer Sprache abgefasste Werk O národních písních a pověstech plemen slovanských (Über die Volkslieder und Märchen der slawischen Stämme); Prag 1853[4] zu erwähnen.

Auch hinterließ er als Manuskript ein deutsch geschriebenes Werk aus den Jahren 1852–53, das eine Darstellung seiner Theorie des Panslawismus enthält und in russischer Übersetzung von Lamanskij erschien (Das Slawentum und die Welt der Zukunft), Mosk. 1867; dt. 1931; slow. 1993.[5]

Würdigung

Siehe auch

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Štúr, Ljudevit. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 40. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1880, S. 218–223 (Digitalisat).
  • Das Slawentum und die Welt der Zukunft / Slovanstvo a svět budoucnosti, nach dem deutschen Manuskript übersetzt mit Anmerkungen und Einleitung versehen von Josef Jirásek. Učená Společnost Šafařikova, Bratislava 1931, DNB 362850283 (= Prameny učené společnosti Šafařikovy v Bratislavě, Band 2).
  • Ľudovít Štúr; Pavol Vongrej (Hrsg.): O poézii slovanskej, Matica Slovenská, Martin 1987, DNB 1025308719 (= Edícia Documenta litteraria Slovaca, Band 29).
  • I. Chalupecký: Štúr Ľudovít. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 14, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2015, ISBN 978-3-7001-7794-4, S. 9 f. (Direktlinks auf S. 9, S. 10).
  • Miloš Klátik: Ľudovít Štúr – Philosophie und christlicher Glaube. In: Ders.: Evangelisch in der Slowakei. Profile Positionen Perspektiven. Martin-Luther-Verlag, Erlangen 2017, ISBN 978-3-87513-193-2, S. 49–65.

Weblinks

Commons: Ľudovít Štúr – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. online (PDF; 311 kB), Ausgabe im modernen Slowakisch
  2. online
  3. online (PDF; 108 kB), im modernen Slowakisch
  4. online, Ausgabe von 1932 im modernen Slowakisch
  5. online, Ausgabe von 2003 im modernen Slowakisch