3. Sinfonie (Schubert)

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Die Symphonie Nr. 3 D-Dur (D 200) ist eine Sinfonie von Franz Schubert.

Entstehung

Schubert schrieb seine 3. Sinfonie zwischen dem 24. Mai (zwei Monate nachdem er die vorhergehende Sinfonie Nr. 2 vollendet hatte) und dem 19. Juli 1815. Lediglich kurz nach dem 24. Mai 1815 begann nach 65 Takten eine Unterbrechung, die bis zum 11. Juni 1815 dauerte und wahrscheinlich durch einen Mangel an Notenpapier ausgelöst worden war. Schubert wechselte in dieser Zeit von zwölfzeiligem zu sechzehnzeiligem Notenpapier. Die reine Kompositionszeit für die insgesamt 56 Notenblätter umfassende Sinfonie beläuft sich auf neun Tage.

In dieser Zeit arbeitete Schubert parallel an anderen Werken wie dem Vokalquartett „Hymne an den Unendlichen“ (D 232) und den Liedern „Der Abend“ (D 221), „Geist der Liebe“ (D 233) und „Tischlied“ (D 234).

Die Sinfonie entstand für ein Liebhaberorchester unter der Leitung des Geigers Josef Prohaska; Schubert spielte in diesem Orchester die Bratsche. Es wird vermutet, dass die erste Aufführung der Sinfonie im privaten Rahmen durch Prohaskas Orchester stattfand.

Zur Musik

Schuberts Rückkehr zu D-Dur, der Tonart seiner Sinfonie Nr. 1, erweckte beim Musikforscher Alfred Einstein den Eindruck „als ob er mit ihr die B-Dur-Sinfonie hätte korrigieren wollen: sie ist eine Rückkehr zum D-dur (sic!) seiner ersten Sinfonie, und sie ist, bei ganz gleicher Besetzung, nicht etwa bloß bei weitem kürzer, sondern auch bei weitem konzentrierter.“[1].

Orchesterbesetzung

2 Flöten, 2 Oboen, 2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, Pauke, I. Violine, II. Violine, Bratsche, Violoncello, Kontrabass

1. Satz: Adagio maestoso – Allegro con brio

Zu Beginn des ersten Satzes, der einige unkonventionelle Wendungen enthält, erklingt eine 18 Takte lange Einleitung. Wie in der Sinfonie Nr. 1 wird die langsame Einleitung in die Sonatensatzform des Allegro-Hauptteils integriert. In beiden Sinfonien erklingt die Einleitung jeweils auch vor der Reprise; im Gegensatz zur Sinfonie Nr. 1, in der die Einleitung die Reprise lediglich einleitet, wird sie in der Sinfonie Nr. 3 zum Bestandteil der Reprise.

Der Einleitung folgt ein punktiertes Thema in den Klarinetten, das entgegen den Regeln nicht wiederholt wird; stattdessen wird die langsame Einleitung wieder aufgegriffen und thematisch weiterentwickelt. Der Seitensatz hat den Charakter eines heiteren Tanzliedes und ist einerseits durch diesen liedhaften Charakter und andererseits motivisch mit dem Hauptsatz verwandt.

Aus der punktierten Schlussfloskel des Seitensatzes entsteht der Epilog, der von der Exposition zur Durchführung überleitet. Die kurze Durchführung wiederum führt terrassenartig durch die Tonarten und geht in die Reprise über.

Nach der konventionellen Wiederholung des Themas in der Reprise wird unerwartet nicht dieses, sondern die Tuttifortspinnung moduliert.

Eine weitere Überraschung findet sich am Ende des Satzes, als der Seitensatz den Hauptsatz variiert, gefolgt von Zweiunddreißigstel-Skalen und der den Satz abschließenden Kadenz.

2. Satz: Allegretto

Der volksliedhafte, tänzerische zweite Satz der Sinfonie ist als einziger zweiter Satz in Schuberts Sinfonien kein Andante, sondern ein Allegretto. Den ursprünglichen Plan, ein Adagio molto im 3/4-Takt zu schreiben, hatte Schubert verworfen. Der Satz ist in einer dreiteiligen Liedform gegliedert: Einem A-Teil in G-Dur und einem B-Teil in C-Dur. Der Schubert-Biograf Walther Vetter meinte, in diesem Satz Anklänge an das »Mariä Wiegenlied« (14. Jahrhundert) und »'s ist mir auf der Welt nichts lieber« zu erkennen.[2]

3. Satz: Menuetto. Vivace – Trio

Der dritte Satz besteht aus zwei Motiven, die sich in dessen Verlauf unabhängig voneinander entwickeln. Walther Vetter vermutete in diesem Satz Anklänge an das Scherzo von Ludwig van Beethovens Sinfonie Nr. 2 sowie des Scherzotrios von dessen Sinfonie Nr. 5.

4. Satz: Presto vivace

Der vierte Satz der Sinfonie besteht aus einer Tarantella im 6/8-Takt. Der Satz steht in der Sonatensatzform. Von deren Tradition weicht Schubert aber ab, u. a., indem die Dominantstufe erst im dritten Formteil, dem Epilog, erreicht wird und die Reprise im Unterschied zur Konvention von der Dominante aus zur Grundtonart übergeht.

Die Durchführung besteht aus lediglich 46 Takten und dem ständig wiederholten Auftaktmotiv auf h und c.

In diesem Sinne kann durch die Anlage des Seitensatzes der Exposition auf die vierte Stufe die Reprise, um so leichter die Ziel- und Grundtonart erreichen.

Musikkritiker Eduard Hanslick schrieb nach der Aufführung von 1860 über das sprudelnde, launige Finale dieser Sinfonie, es sei »ein Werk der Jugend [...] und ihres vergnügt lärmenden Thatendranges, der sich regt und bewegt, ohne sich noch um Ziel und Erfolg Großes zu kümmern«.[3] Im Charakter erinnert das Finale an Gioachino Rossini.

Wirkung

Am 2. Dezember 1860 kam es im Wiener Redoutensaal zu einem von Johann von Herbeck dirigierten Konzert, das aus den ersten beiden Sätzen der Sinfonie Nr. 4, dem dritten Satz der Sinfonie Nr. 6 und dem Finale der Sinfonie Nr. 3 bestand. Nach dieser Aufführung äußerte die Deutsche Musik-Zeitung am 7. Dezember 1860 den Wunsch, „diese Sätze wiederholt und im Zusammenhang mit ihrer ursprünglichen Umgebung zu hören“[4].

Die erste öffentliche Aufführung fand jedoch erst am 19. Februar 1881 in London unter der Leitung des Dirigenten August Manns auf Initiative des Musikforschers George Grove statt, der in dieser Zeit alle Schubert-Sinfonien zur Aufführung brachte.

Veröffentlicht wurde die Sinfonie im Jahre 1884 im Rahmen der von Johannes Brahms redigierten Alten Gesamtausgabe aller Schubert-Sinfonien durch den Verlag Breitkopf & Härtel. Brahms bescheinigte Schuberts so genannten Jugendsinfonien keinen hohen künstlerischen Wert und war der Meinung, sie „sollten nicht veröffentlicht, sondern nur mit Pietät bewahrt und vielleicht durch Abschriften mehreren zugänglich gemacht werden“.[5]

Antonín Dvořák war zu seiner Zeit einer der wenigen Bewunderer der frühen Sinfonien Schuberts, in denen er – trotz des Einflusses von Haydn und Mozart – im „Charakter der Melodien“, der „harmonischen Progression“[6] und den „vielen exquisiten Details der Orchestrierung“[6] Schuberts Individualität erkannte.

Die englische Presse sah in Schuberts dritter Sinfonie eine Fortentwicklung seines eigenen Stils und somit eine größere Loslösung von den Vorbildern Wolfgang Amadeus Mozart und Joseph Haydn. So schrieb beispielsweise „The Musical Times“ am 1. März 1881:

„Schuberts III. Symphonie, […] die wie die erste in D-Dur steht, zeigt schon einen großen Fortschritt gegenüber ihren Vorgängerinnen. Obwohl sie nur wenige Monate nach der Zweiten entstand, ist sie ein reifes, aber darüber hinaus originelles Werk. Der erste Satz ist durchwegs bezaubernd, der zweite voll schlichter Anmut und höchst melodiös, während das Finale wiederum ein Meisterstück ist und sogar (trotz der zwischen beiden Werken liegenden Zeitspanne) einen Vergleich mit dem Finalsatz der »Großen« C-Dur-Symphonie standhalten kann.“

The Musical Times, 1. März 1881

Die Notenblätter befinden sich im Besitz der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

Literatur

  • Renate Ulm (Hrsg.): Franz Schuberts Symphonien. Entstehung – Deutung – Wirkung. dtv/Bärenreiter, München/Kassel 2000, ISBN 3-423-30791-9.
  • Wolfram Steinbeck: »Und über das Ganze eine Romantik ausgegossen« – Die Sinfonien. In: Schubert-Handbuch. Bärenreiter, Kassel 2010, ISBN 978-3-7618-2041-4. S. 549–668.
  • Hans Joachim Therstappen: Die Entwicklung der Form bei Schubert, dargestellt an den ersten Sätzen seiner Symphonien. (= Sammlung musikwissenschaftlicher Einzeldarstellungen, 19.) Leipzig 1931.
  • Ernst Laaff: Schuberts Sinfonien. Dissertation, Frankfurt 1931, Wiesbaden 1933.
  • Maurice J. E. Brown: Schubert Symphonies. BBC Publications, London 1970.
  • René Leibowitz: Tempo und Charakter in Schuberts Symphonien. In: Franz Schubert. Sonderband Musik-Konzepte. München 1979.
  • Brian Newbould: Schubert and the Symphony – A new Perspective. London 1992.
  • Helmut Well: Frühwerk und Innovation – Studien zu den »Jugendsinfonien« Franz Schuberts. Kieler Schriften zur Musikwissenschaft, Band 42. Kassel 1995.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alfred Einstein: Schubert. Ein musikalisches Portrait, Zürich 1952, S. 104
  2. Walther Vetter: Der Klassiker Schubert, 2 Bände, Leipzig, 1953, Band 1, S. 146
  3. Eduard Hanslick: Aus dem Concertsaal. Kritiken und Schilderungen aus den letzten 20 Jahren des Wiener Musiklebens, Wien 1870, S. 207.
  4. Ernst Laaff: Schuberts Sinfonien. Dissertation, Frankfurt 1931, Wiesbaden 1933, S. 17
  5. Johannes Brahms' Brief an Breitkopf & Härtel vom März 1884, in: Johannes Brahms: Briefwechsel. Band 14, S. 353
  6. a b John Clapham: Antonín Dvořák. Musician and Craftsman. London 1966 (Appendix II, S. 296–305): Franz Schubert, by Antonín Dvořák. S. 296ff.