Picoline
Die Picoline oder Methylpyridine bilden in der Chemie eine Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die zu den Heterocyclen (genauer: Heteroaromaten) zählt. Sie bestehen aus einem Pyridinring, der mit einer Methylgruppe substituiert ist. Durch deren unterschiedliche Anordnung ergeben sich drei Konstitutionsisomere. Sie sind in ihren Eigenschaften dem Pyridin recht ähnlich und können dieses, wo es nicht auf die genaue molekulare Struktur ankommt, leicht ersetzen, z. B. als Lösungsmittel. Ansonsten dienen sie in vielfältiger Weise als Synthesebausteine für pharmazeutische und agrochemische Produkte und der Farbstoffherstellung.[1]
Vertreter
Geschichte
Das 2-Picolin wurde erstmals im Jahre 1846 durch T. Anderson aus Steinkohlenteer isoliert.[6] Die Bezeichnung Picoline setzt sich aus lateinisch pix (Pech) und Oleum (Öl) zusammen.[1]
Darstellung
Derzeit wird 2-Picolin vor allem auf zwei Synthesewegen hergestellt: durch Kondensation von Acetaldehyd, Formaldehyd und Ammoniak[7] sowie durch Cyclisierung von Nitrilen und Acetylen (Bönnemann-Cyclisierung).[8] Ein Beispiel ist die Reaktion von Acetaldehyd und Ammoniak:
Ca. 8000 t wurden weltweit im Jahr 1989 hergestellt.[7]
3-Methylpyridin wird technisch durch Reaktion von Acrolein mit Ammoniak hergestellt:[7]
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Ein effizienterer Weg geht aus von Acrolein, Propionaldehyd und Ammoniak:
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Ca. 9.000 t wurden weltweit im Jahr 1989 hergestellt.[9]
Eigenschaften
Die Picoline sind farblose Flüssigkeiten mit einem pyridinartigen Geruch. Sie sind mit Wasser, Ethanol und Diethylether mischbar.[1] Das 4-Picolin, das die höchste Symmetrie aufweist, besitzt den höchsten Schmelzpunkt.
Da im 2- und 4-Picolin die Methylgruppen in direkter Konjugation zum elektronenziehenden Stickstoffatom angeordnet sind, lassen sich die Methylgruppen in diesen beiden Isomeren relativ leicht durch starke Basen wie Lithiumdiisopropylamid oder Butyllithium deprotonieren und dann weiter derivatisieren.[10]
Verwendung
Picoline werden als Zwischenprodukte zur Herstellung von anderen chemischen Verbindungen verwendet. So kann aus 2-Picolin das 2-Vinylpyridin und die Agrochemikalie Nitrapyrin hergestellt werden.[7] 3-Picolin dient zum Beispiel als Ausgangsstoff für die Synthese von Chlorpyrifos und Niacin[7], 4-Picolin für die Herstellung des Anti-Tuberkulose-Wirkstoffs Isoniazid.[7]
Durch Oxidation, z. B. mittels Kaliumpermanganat (KMnO4)[7][11], entsteht aus 2-Picolin die Picolinsäure, aus 3-Picolin die Nicotinsäure und aus 4-Picolin die Isonicotinsäure.
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b c Eintrag zu Methylpyridine. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 25. November 2014.
- ↑ a b c Eintrag zu 2-Methylpyridin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 27. Juli 2017. (JavaScript erforderlich)
- ↑ a b c Eintrag zu 3-Methylpyridin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 27. Juli 2017. (JavaScript erforderlich)
- ↑ a b c Eintrag zu 4-Methylpyridin in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 27. Juli 2017. (JavaScript erforderlich)
- ↑ CRC Handbook of Tables for Organic Compound Identification, Third Edition, 1984, ISBN 0-8493-0303-6.
- ↑ T. Anderson: On the constitution and properties of Picoline, a new organic base from Coal Tar. In: Edinburgh New Phil. J., XLI, 1846. S. 146–156 und 291–300 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b c d e f g Shinkichi Shimizu, Nanao Watanabe, Toshiaki Kataoka, Takayuki Shoji, Nobuyuki Abe, Sinji Morishita, Hisao Ichimura: Pyridine and Pyridine Derivatives. In: Ullmann's Encyclopedia of Industrial Chemistry, 2002. doi:10.1002/14356007.a22_399.
- ↑ A. Behr: Angewandte homogene Katalyse, Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 3-527-31666-3, S. 722.
- ↑ Eric F. V. Scriven, Ramiah Murugan: Pyridine and Pyridine Derivatives. In: Kirk-Othmer Encyclopedia of Chemical Technology, 2005; XLI. doi:10.1002/0471238961.1625180919031809.a01.pub2.
- ↑ M. Sainsbury, M. Berry, J. D. Hepworth, C. Drayton, E. W. Abel, D Phillips, J. D. Woollins, A. G. Davies: Heterocyclic Chemistry, 1. Auflage, Royal Society of Chemistry, 2009, ISBN 0-85404-652-6, S. 30.
- ↑ Harold Hart (Autor), Leslie E. Craine (Autor), David J. Hart (Autor), Christopher M. Hadad (Autor); Nicole Kindler (Übersetzer): Organische Chemie, 3. Auflage, Wiley-VCH, Weinheim 2007, ISBN 978-3-527-31801-8, S. 494.