Medullär-zystische Nierenerkrankung Typ 2

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von ADMCKD2)
Klassifikation nach ICD-10
Q61.5 Medulläre Zystenniere
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die medullär-zystische Nierenerkrankung Typ 2, auch als MCKD2 oder ADMCKD2 (autosomal dominant medullary cystic kidney disease type 2) oder autosomal-dominante Nephronophthise bezeichnet, ist eine sehr seltene ernsthafte genetisch bedingte Erkrankung der Nieren. Die Krankheit ist eine autosomal-dominante Form einer tubulointerstitiellen Nephropathie. Die MCKD2 führt zu Zystennieren an der kortikomedullären Grenze der Nieren. Die Erkrankung bricht im erwachsenen Alter aus und führt im Durchschnitt in der dritten Lebensdekade bei den Betroffenen zum terminalen Nierenversagen.

Prävalenz und Genetik

Die medullär-zystische Nierenerkrankung Typ 2 ist eine sehr seltene Erbkrankheit. Die Prävalenz von Typ 1 und Typ 2 der MCKD liegt zusammen bei etwa 1 bis 9 pro 1.000.000.[1] Bis 2001 waren etwa 55 betroffene Familien weltweit bekannt, die entweder von Typ 1 oder Typ 2 der MCKD betroffen sind.[2]

Der Gendefekt befindet sich auf Chromosom 16 Genlocus p12.3[3] Offensichtlich sind Mutationen im UMOD-Gen, es liegt auf Chromosom 16 im Locus p13.11-p12.3, verantwortlich für die MCKD2.[4]

Mutationen in UMOD führen zu einer verminderten Exkretion von Uromodulin (Tamm-Horsfall-Protein) im Urin.[5] Bisher wurde eine Reihe von Mutationen von UMOD beschrieben, die fast alle im hochkonservierten Exon 4 liegen.[6]

Diagnose

Patienten mit MCKD2 haben infolge des tubulären Konzentrierungsdefektes erhebliche Salzverluste, die zu einer schweren Dehydratation und Elektrolytverschiebungen führen können. Der Verlust der Fähigkeit den Urin auf über 800 mosm*kg−1H2O konzentrieren zu können, ist ein Frühsymptom der Erkrankung. Im Blut der betroffenen lassen sich Azotämie (überdurchschnittliche hoher Gehalt von stickstoffhaltigen Stoffwechselprodukten), Anämie (Blutarmut), Hypokaliämie (Kaliummangel) und metabolische Azidose (Übersäuerung) nachweisen. Die eingeschränkte Nierenfunktion lässt sich mittels Nierenfunktionsszintigraphie nachweisen.[7][8] Die Diagnose lässt sich durch Sonographie („Ultraschall“) oder andere bildgebende Verfahren, wie beispielsweise der Magnetresonanztomographie, stellen.[9]

Atrophische und zystisch erweiterte Tubuli befinden sich in der Mehrzahl an der kortikomedullären Grenze der Nieren. Die Zysten gehen meist vom distalen Konvolut und den Sammelrohren aus.[9]

Abgrenzung zur Nephronophthise

Bis in die 1970er Jahre hinein ist man davon ausgegangen, dass Nephronophthise (NPHP1) und die beiden medullär-zystischen Nierenerkrankungen (Typ 1+2) die gleiche Krankheit sind.[10] Beide Formen lassen sich histologisch nicht unterscheiden. Der Erbgang der Nephronophthise ist autosomal-rezessiv. Sie führt im Typ 1 im Durchschnitt bereits im 13. Lebensjahr zum terminalen Nierenversagen.[11] Wegen der Ähnlichkeit der Erkrankungen spricht man auch vom NPH-MCKD-Komplex.

Bei der medullär-zystischen Nierenerkrankung Typ 2 tritt das terminale Nierenversagen im Alter von durchschnittlich 32 Jahren ein.[9]

Therapie

Es ist bis heute keine Therapie bekannt, die das Nachlassen der Nierenleistung bis in die chronische Niereninsuffizienz hinein aufhalten könnte. Die Behandlung der MCKD2 erfolgt deshalb rein symptomatisch. Eine Heilung bietet nur eine Nierentransplantation. Mit dem terminalen Versagen der Nieren wird eine Nierenersatztherapie notwendig. Entweder in Form der Dialyse oder mittels Nierentransplantation.

Neben der eingeschränkten Nierenfunktion sind noch Hyperurikämie und Gicht mit der Krankheit assoziiert.[9]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nierenkrankheit, medulläre zystische, autosomal-dominante, mit oder ohne Hyperurikämie orpha.net; abgerufen am 4. Oktober 2008.
  2. A. Amoroso: Autosomal Dominant Medullary Cystic Kidney Disease (PDF; 151 kB) In: Orphanet encyclopedia, Juni 2001.
  3. F. Scolari u. a.: Identification of a new locus for medullary cystic disease, on chromosome 16p12. In: Am. J. Hum. Genet. 64, 1999, S. 1655–1660. PMID 10330352
  4. T. C. Hart u. a.: Mutations of the UMOD gene are responsible for medullary cystic kidney disease 2 and familial juvenile hyperuricaemic nephropathy. In: J. Med. Genet., 39, 2002, S. 882–892. PMID 12471200.
  5. K. Dahan u. a.: A cluster of mutations in the UMOD gene causes familial juvenile hyperuricemic nephropathy with abnormal expression of uromodulin. In: J Am Soc Nephrol, 14, 2003, S. 2883–2893. PMID 14569098
  6. X. M. Lens u. a.: A novel pattern of mutation in uromodulin disorders: autosomal dominant medullary cystic kidney disease type 2, familial juvenile hyperuricemic nephropathy, and autosomal dominant glomerulocystic kidney disease. In: Am J Kidney Dis, 46, 2005, S. 52–57. PMID 15983957
  7. H. Hecht u. a.: Poor renal uptake of 99mtechnetiumdimercaptosuccinic acid and near normal 99mtechnetiummercaptoacetyltriglycine renogram in nephronophthisis. In: Pediatr Nephrol 10, 1996, S. 167–170.
  8. R. C. Pabico u. a.: Renal tubular dysfunction in patients with cystic disease of the kidneys. In: Urology, 51, 1998, S. 156–160.
  9. a b c d F. Hildebrandt u. a.: Nephronophthise und verwandte Krankheiten. (Memento des Originals vom 15. April 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.medgenetik.de (PDF; 85 kB) In: medgen, 12, 2000, S. 225–231.
  10. B. C. Chamberlin u. a.: Juvenile nephronophthisis and medullary cystic disease. In: Mayo Clin. Proc., 52, 1977, S. 485–491. PMID 881899.
  11. R. Waldherr u. .a: The nephronophthisis complex: a clinicopathologic study in children. In: Virchows Arch Pathol Anat, 394, 1982, S. 235–254.