AS4 (Schnittstelle)

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AS4 ist eine B2B-Schnittstelle zum Austausch von Daten und Dokumenten zwischen Handelspartnern. Entwickler des neuen Kommunikationsstandards ist das technische Komitee für Kommunikationsdienste OASIS (Organization for the Advancement of Structured Information Standards)[1]. Der Fachausschuss hat einheitliche Leitlinien formuliert, die einen sicheren Austausch in der B2B-Kommunikation unter Verwendung von Webservices ermöglichen sollen. Das Ergebnis dieser Arbeit ist das Nutzungsprofil Applicability Statement 4, kurz AS4.

Vorteile von AS4

AS4 basiert auf AS2 und ebMS 3.0[2]. Das Profil weist einige Vorteile gegenüber anderen Kommunikationslösungen zum elektronischen Datenaustausch auf. Ziel von AS4 ist es, die Funktionalität des erfolgreichen AS2 unter Zuhilfenahme von ebMS v3.0 mit dem WS-*-Protokollstack zu verbinden. AS4 erweitert zu diesem Zweck die ebMS v3.0-Spezifikationen (und die zugrunde liegenden WS-I-Profile sowie den WS- *-Stack) für Datenpakete, Transfer, Sicherheit, Tauschmuster und Nachweisbarkeit.

Das auf Webservices zurückgreifende AS4-Protokoll bringt insbesondere für Unternehmen und Organisationen Vorteile, die bereits in Webdienste investiert haben. Es verschafft darüber hinaus B2B-Anbietern einen Zugang zu Webservices, die bisher an dieser technischen Hürde gescheitert sind.

Entstehungsprozess von AS4

Die Anfänge von AS4 reichen bis ins Jahr 2007 zurück. Seinerzeit lud die Drummond Group eine Gruppe von B2B-Software-Anbietern zu einer Reihe von Fachgesprächen ein. Die Experten diskutierten zunächst völlig unverbindlich, wie eine funktionierende B2B-Kommunikation mit integrierten Webservices beschaffen sein könnte. Am Ende der Gespräche entstand eine Liste mit den wichtigsten Punkten, die solch ein B2B-Protokoll enthalten müsste, um wesentliche Anforderungen an Datenübertragung, Sicherheit, Fehlerbehandlung etc. zu erfüllen.

Bisher war ein Mangel an Interoperabilität immer der Grund gewesen, warum ähnlich gelagerte Projekte gescheitert waren. Als die Experten die Liste nochmals Punkt für Punkt durchgingen, waren sich alle Beteiligten einig, dass AS2 grundsätzlich die gewünschte Art von Funktionalität bereits bietet. Allerdings war diese B2B-Schnittstelle noch nicht in der Lage, Webservices einzubinden. Dieses Problem konnte man unter Verwendung der ebMS v3.0-Spezifikationen umgehen. Um die Akzeptanz des neuen Conformance Profile noch zu steigern, übertrug man die Profilentwicklung an die unabhängige Organisation OASIS.

Bewusst als offener Standard konzipiert

OASIS hat AS4 bewusst als offenen Standard konzipiert. Zum einen soll dies den Marktzugang vereinfachen. Zum anderen soll AS4 in Zukunft von der Arbeit der Entwickler profitieren können, die nützliche Erweiterungen programmieren und damit den Funktionsumfang weiter steigern. Die Verwendung von WS- *-Stacks ist prädestiniert für zukünftige Anpassungen.

Im Moment existieren aber noch keine konkreten Plänen, wie der Ausbau von AS4 vonstattengehen soll. Es stehen zwei Alternativen zur Diskussion. Entweder passt OASIS im Laufe der Zeit das Profil von AS4 an oder man implementiert Spezifikationen, die an ebMS v3.0 vorgenommen werden.

AS4 will AS2 nicht vom Markt verdrängen

AS2 ist eine RFC-Spezifikation, die weltweit als Standard in der B2B-Kommunikation gilt. AS2 und darauf aufbauende Software-Anwendungen kommen bei vielen Kommunikationsprozessen, die auf HTTP zurückgreifen, zum Einsatz. Diese Vormachtstellung wird AS2 voraussichtlich auch bis auf Weiteres behalten.

Der technische Ausschuss, der das Originalprofil für AS4 erstellt hat, hat AS2 analysiert und die Vorzüge herausgearbeitet. Das Komitee hat sich von diesen Vorteilen inspirieren lassen. Dies ist allerdings die einzige Verbindung zwischen AS4 und AS2.

AS4 will AS2 nicht vom Markt verdrängen, sondern sich als sinnvolle Alternative für klar umrissene Arbeitsfelder etablieren. AS4 wendet sich explizit an Unternehmen, die bereits auf webgestützte Dienste setzen oder in diese Dienste in naher Zukunft investieren möchten. Dieser Kundenkreis soll mit AS4 ein Protokoll verwenden können, das ähnlich zuverlässig und einfach funktioniert wie AS2.

Einsatzgebiete von AS4

AS4 ist für Märkte interessant, die serviceorientierte Architektur für B2B-Messaging nutzen. Konkretes Interesse zeigt beispielsweise der Gesundheitssektor, die Elektronikbranche, der Einzelhandel und Automobilkonzerne, die bereits längere Erfahrung mit einer ebMS-Software vorzuweisen haben. Cisco ist eines der ersten Großunternehmen gewesen, die AS4 eingesetzt haben. In Australien verwendet das SuperStream-Projekt den neuen Standard, in Japan die JEITA.

Auch innerhalb der Europäischen Union haben sich inzwischen bereits mehrere Projekte für AS4 als Standardprotokoll entschieden. Dazu zählt unter anderem der Verband Europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (ENTSOG). ENTSOG hat AS4 auf seine eigenen Bedürfnisse angepasst und ein angepasstes Profil geschaffen. Ab 2016 gilt dieses für die angeschlossenen Unternehmen als verbindliches Protokoll.[3]

Für die ENTSOG war ausschlaggebend, dass das System durch eine einfache Handhabung und eine umfangreiche Funktionsausstattung überzeugen konnte. Man kann AS4 als eigenständige Kommunikationslösung verwenden oder als Teil einer Business-Plattform. Zudem ist mit AS4 eine Umsetzung der strengen Maßgaben möglich, die der europäische Energiesektor vorgibt.

Weitere Organisationen werden dem Vorbild der ENTSOG vermutlich bald folgen. So arbeitet die europäische Verteidigungs-, Luft- und Raumfahrtindustrie an einer entsprechenden Anwendung auf ebMS v3.0-Basis. Das Europäische Komitee für Normung hat das Protokoll im Bereich Textilien/Kleidung und Schuhe als optimale Lösung zur Harmonisierung des eBusiness vorgeschlagen.

Doch auch im nicht-kommerziellen Bereich ist AS4 auf dem Vormarsch. So erwägen verschiedene Behörden den Einsatz von ebMS v3.0 und AS4, um die Kommunikation zwischen Behörden und Unternehmen (G2B) beziehungsweise Unternehmen und Behörden (B2G) zu modernisieren.

Einzelnachweise