Abgarlegende

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Thaddäus übergibt Abgar das Abbild Christi (Mandylion) (Ikone, Katharinenkloster Sinai)

Als Abgarlegende wird die Geschichte um einen Briefwechsel zwischen König Abgar V. Ukkama (der Schwarze) (4 v. Chr. – 7 n. Chr. und 13–50 n. Chr.) von Edessa und Jesus bezeichnet.

Inhalt

Abgar soll bei einer Krankheit Jesus brieflich zu sich eingeladen haben. Jesus pries den König selig („selig bist du, der an mich geglaubt hat, ohne mich gesehen zu haben.“). Er konnte aber nicht kommen und versprach, einen seiner Jünger zu einem späteren Zeitpunkt zu senden. Nach Christi Himmelfahrt soll dann der Apostel Thomas den Judas Thaddäus gesandt und dieser, in der syrischen Überlieferung Apostel Addai genannt, den König und die Stadt für das Evangelium gewonnen haben. Eusebius von Caesarea zufolge wurde indes nicht Judas Thaddäus selbst, sondern einer von den siebzig Jüngern, Thaddäus von Edessa, geschickt.

Entstehung

Eusebius von Caesarea will die beiden Originalbriefe im Archiv von Edessa gefunden und aus dem Syrischen übersetzt haben. Er verweist auf diese in den Archiven der Stadt. Der Inhalt wurde in seiner Kirchengeschichte (Buch 1, Kap. 13) aufgenommen. Eusebius bemerkt auch, dass die briefliche Antwort von Jesus selbst stamme.[1]

Das Verdikt der Unechtheit der beiden von Eusebius überlieferten Briefe wurde schon 494 von Papst Gelasius I. ohne wissenschaftliche Begründung ausgesprochen. Die ganze Erzählung war seiner Ansicht nach die Erfindung eines edessenischen Christen, der dadurch seiner Gemeinde ein besonders hohes Alter zusprechen wollte; eine Ansicht, die die meisten modernen Historiker teilen. Die Abgar-Bilder, die ältesten Bildnisse Christi, nach dem Porträt, das der Sage nach Jesus selbst seinem Anhänger, dem König Abgar, zugeschickt haben soll, gehören der morgenländischen Kirche an (seit dem 4. Jahrhundert n. Chr.) und sind von düsterem Charakter, wirken starr und schmerzerfüllt. Eine Art Gegenstück bildete in der lateinischen Kirche das Schweißtuch der Veronika.

Addai lautet im Manichäismus der Name eines der bekanntesten Missionare. Daraus wird eine Entlehnung des christlichen Addai zur Abgarlegende vermutet, die ihre Wurzel im damaligen Konkurrenzkampf zwischen Christentum und Manichäismus hat. Die erste gesicherte dokumentarische syrische Erwähnung eines Bildes des lebendigen Christus, gemalt vom Abgesandten Hannan, findet sich am Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr. in den „Lehren des Addai“ (Doctrina Addai). Demnach soll Hannan dem König Abgar nicht nur die Botschaft Jesu, sondern auch ein Bildnis mitgebracht haben, der es dann in seinem Palast verwahrte. Zwei griechische Formen dieser Legende finden sich auch in den Thaddäusakten. Ebenso finden sich Referenzen bei Moses von Choren in seiner Geschichte der Armenier aus der Mitte des 5. Jahrhunderts. Auch existieren mehrere epigraphische Zeugnisse dieser Legende. Im 6. Jahrhundert berichtet dann Prokopios von Caesarea, der Text des angeblichen Jesusbriefes sei inschriftlich über den Toren Edessas angebracht; darin werde der Stadt versprochen, sie werde niemals gewaltsam von Barbaren erobert werden. Interessanterweise bemerkt Prokopios selbst, dass ältere Autoren diesen Teil des Briefes nicht erwähnen würden (Historien 2,12,22–30). Umgekehrt scheint er nichts von einem Bild zu wissen.

Die 2004 seliggesprochene katholische Mystikerin Anna Katharina Emmerick schilderte in ihren Visionen das Eintreffen des Gesandten Abgars V. bei Jesus und wie dieser eine Antwort geschrieben habe. Es wird auch die Anfertigung eines wahrheitsgetreuen Abbildes Jesu erwähnt.

Rezeption

Die Legende von König Abgar und seinem Briefwechsel mit Jesus war im Mittelalter in Ost und West sehr populär.

Literatur

Einzelnachweise