Abseilgerät

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Abseilgerät wird gemeinhin ein mechanisches Gerät oder Ausrüstungsteil zum Bremsen eines durchlaufenden Seils bezeichnet, mit dem ein Anwender sicher und unter planmäßiger Belastung des Seiles von einer höhergelegenen zu einer tiefergelegenen Position gelangen kann. Einige Abseilgeräte ermöglichen auch die vertikale Fortbewegung von unten nach oben (insbesondere Rettungshubgeräte nach DIN EN 341). Unter anderem finden sie Anwendung beim Abseilen im Klettersport, bei seilunterstützten Zugangsverfahren und in der Rettung aus Höhen und Tiefen.

Die Bezeichnung Abseilgerät ist insofern teilweise irreführend, als z. B. einfache Ausrüstungen wie Braking Bars keine Geräte im Sinne der europäischen Normen-Nomenklatur sind. Sie werden in der Normung als Seilbremsen oder gegebenenfalls als Seileinstellvorrichtungen (wenn sie mit einer Blockierfunktion ausgestattet sind) bezeichnet. Zudem sind hierbei die unterschiedlichen Normenkreise für Bergsport und persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) bzw. der Bereich der Maschinenrichtlinie zu beachten. Eine Sonderform der Abseilgeräte im Sinne dieses Artikels sind Höhensicherungsgeräte, die nach dem Auffangen eines Sturzes den Anwender mit einer ungefährlichen Geschwindigkeit (Standard: 1,5 m/s) bis zum Boden ablassen.

Die Einordnung unter den PSA-Normen ist umstritten, da Abseilgeräte nicht einen Sturz im Sinne der PSAgA verhindern, sondern der vertikalen Fortbewegung in einem planmäßig belasteten Arbeitsplatzpositionierungssystem dienen. Deshalb ist die EN 341 derzeit nicht im Katalog der harmonisierten Normen der EU geführt.

Klettern (Bergsport)

Einfache Seilbremse

Zum Abseilen benutzen Klettersportler überwiegend Ausrüstungen, die auch zum Sichern geeignet sind. Beim Sportklettern kommt fast ausschließlich Ausrüstung zum Einsatz, die das Abseilen am Doppelstrang ermöglicht (z. B. Tube oder Abseilachter). Auch ein einzelner Karabiner kann mittels Halbmastwurf als Abseilgerät fungieren, wird aber weder so bezeichnet, noch entspricht er der Norm für bergsportliche Sicherungsgeräte!

Bei anderen Formen des Kletterns, bei denen Abseilen am Einzelstrang üblich ist, können auch Seileinstellvorrichtungen (z. B. das Grigri) oder Seilbremsen (wie die Tube) verwendet werden. In Disziplinen, in denen keine Klettersicherung nötig ist, kommen auch einfache Seilbremsen zum Einsatz. Der Deutsche Alpenverein (DAV) hat zu den sogenannten Halbautomaten (Seileinstellvorrichtungen mit Blockierfunktion) umfangreiche Tests veröffentlicht.[1]

Davon abzugrenzen sind sogenannte Selbstsicherungsautomaten (nach EN 360), wie sie in Kletterhallen verwendet werden, die einen Kletterer nach einem Sturz automatisch kontrolliert ablassen.[2]

Gewerbliche Anwendung

In der gewerblichen Anwendung können Abseilgeräte sowohl zur Arbeitsplatzpositionierung, als auch zur Selbst- und Kameradenrettung eingesetzt werden. Auch Höhensicherungsgeräte (nach EN 360) werden dabei gelegentlich als Abseilgerät bezeichnet, da diese den Nutzer nach Auffangen eines Sturzes kontrolliert ablassen.

Höhenrettung

In der Speziellen Rettung aus Höhen und Tiefen der Feuerwehr (SRHT) werden Abseilgeräte zum einen genutzt, um zu hilflosen Personen zu gelangen, als auch um diese an einen sicheren Ort abzulassen oder anzuheben. Zur Rettung eingesetzte Geräte müssen mindestens die Anforderungen nach DIN EN 341 erfüllen.

Normung

Bergsportliche Normung

Diese Sicherungsgeräte sind nach DIN EN 15151 genormt.

Gewerbliche Normung (Bereich PSA)

Anforderungen nach DIN EN 341 erfüllen.[3] Die Norm teilt die Abseilgeräte je nach Höchstbelastung in Klassen A bis D ein. Geräte der Klasse A werden mit einer Arbeit von 7,5 Megajoule geprüft. Dies entspricht 75 Abseilvorgängen einer Masse von 100 kg aus 100 m Höhe.

Gewerbliche Normung (Bereich Maschinenrichtlinie)

Zum derzeitigen Stand der Diskussion (Januar 2022) ist unklar, ob die EN 341 im Normenkreis PSA verbleiben kann. Die europäische Sicht des CEN spricht dafür, solche Geräte nach der Maschinenrichtlinie zu zertifizieren.

Einzelnachweise

  1. [1] DAV, Sicherungsgeräte im Test: Halbautomaten - Stärken, Schwächen, Unterschiede, 2015, abgerufen am 9. Januar 2022
  2. [2] DAV, Selbstsicherungsautomaten: Empfehlung für Kletterhallen, 17. September 2020, abgerufen am 9. Januar 2022
  3. DIN EN 341:2011-09 Persönliche Absturzschutzausrüstung - Abseilgeräte zum Retten. Abgerufen am 1. Dezember 2015.