Achtmonatsangst

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Die Achtmonatsangst bezeichnet die Angst eines Kindes, wenn die erste Bezugsperson es verlässt und das Kind fremden Personen mit starkem Misstrauen, Abneigung oder Angst begegnet. Sie tritt durchschnittlich erstmals im Alter von acht Monaten auf, wo sich Fremdeln entwickelt. Ein längeres Fortbleiben der Mutter kann zu schweren körperlichen und seelischen Störungen führen.

Erklärungsansatz

Das Kind ist in dieser Phase erstmals in der Lage, die erste Bezugsperson von anderen Personen an bestimmten Merkmalen wie Gesichtszügen, der Stimme oder Kleidung zu unterscheiden. Der US-amerikanische Psychoanalytiker René Spitz beschäftigt sich ausführlich mit der Phase des 1. Lebensjahres und dem kindlichen Fremdeln und kam zu dem Entschluss, dass das Kind vorher alle Gesichter als zur Mutter gehörend interpretiert. Dabei hat er sechs verschiedene krankhafte Verhaltensweisen in der Mutter-Kind-Beziehung formuliert, die beim Kind zu physischen Schädigungen führen. Diese sind:

  • eine unverhüllte Ablehnung
  • eine ängstlich übertriebene Besorgnis
  • eine in Ängstlichkeit verwandelte unbewusste Feindseligkeit
  • andauernde Schwankungen zwischen Verwöhnen und Feindseligkeit
  • zyklische Stimmungsschwankungen der Mutter (Launenhaftigkeit)
  • kompensierte Feindseligkeit, die z. B. durch Verwöhnen kompensiert wird

Nach ihm führen diese Ursachen zu bestimmten Reaktionen und Schädigungen bei dem Kind. So führt beispielsweise eine ängstliche Besorgnis zu einem exzessiven Schreien im Säuglingsalter und Schwankungen zwischen Verwöhnen und Feindseligkeit zum kindlichen Schaukeln.

Folgen

Frühe Trennungen zwischen Mutter und Kind können zu Stress, Verhaltensstörungen, Lern- und Entwicklungsstörungen, Bindungsstörungen und physischen Erkrankungen wie Depressionen führen.

Siehe auch

Literatur

  • Richard L. Fellner: Die Psychoanalyse Sigmund Freuds, 2004
  • Anne-Marie Sandler: Beyond Eight-Month Anxiety. In: Int. J. Psycho-Anal. Band 58, 1977, S. 195–207 (englisch).
  • Inge Seiffge-Krenke: Psychotherapie und Entwicklungspsychologie: Beziehungen: Herausforderungen, Ressourcen, Risiken. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-662-09600-0
  • René A. Spitz: Die Entstehung der ersten Objektbeziehungen. Klett-Cotta, 1992, ISBN 978-3-608-95935-2

Weblinks