Actinomyces

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Actinomyces

Actinomyces israelii

Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Actinobacteria
Ordnung: Actinomycetales
Unterordnung: Actinomycineae
Familie: Actinomycetaceae
Gattung: Actinomyces
Wissenschaftlicher Name
Actinomyces
Harz 1877
Arten
  • A. bovis
  • A. bowdenii
  • A. canis
  • A. cardiffensis
  • A. catuli
  • A. coleocanis
  • A. dentalis
  • A. denticolens
  • A. europaeus
  • A. funkei
  • A. georgiae
  • A. gerencseriae
  • A. graevenitzii
  • A. hongkongensis
  • A. hordeovulneris
  • A. howellii
  • A. humiferus
  • A. hyovaginalis
  • A. israelii
  • A. marimammalium
  • A. meyeri
  • A. naeslundii
  • A. nasicola
  • A. neuii
  • A. odontolyticus
  • A. oricola
  • A. radicidentis
  • A. radingae
  • A. slackii
  • A. streptomycini
  • A. suimastitidis
  • A. suis
  • A. turicensis
  • A. urogenitalis
  • A. vaccimaxillae
  • A. viscosus

Actinomyces ist eine Bakterien-Gattung der Familie Actinomycetaceae. Charakteristisch für diese Bakterien sind langgestreckte, oft verzweigte Zellen, ohne aktive Bewegung, überwiegend anaerobes Wachstum und positives Verhalten in der Gram-Färbung.

Gestalt, Zellstruktur

In der Regel gerade oder gekrümmte stäbchenförmige Zellen mit einem Durchmesser von 0,2 bis 3,0 µm. Die Länge ist sehr unterschiedlich, meistens sind die Individuen lang fädig – bis zu einer Länge von 50 µm oder sogar darüber. Einige Arten bilden kleine, verzweigte Myzelien. Die langfädigen Formen und Myzelien vermehren sich gelegentlich durch Zerfall in kurze Zellen (Segmentation). Endosporen werden nicht gebildet. Gram-Verhalten positiv. Keine aktive Bewegung.

Stoffwechsel

Aktinomyzeten sind anaerob, teilweise aerotolerant und wachsen beispielsweise bei erhöhter Kohlendioxidspannung bzw. unter mikroaerophilen Bedingungen. Nur wenige Actinomyces-Arten besitzen das Enzym Katalase. Teilweise wird durch eine hohe Kohlenstoffdioxid(CO2)- bzw. Hydrogencarbonat(HCO3)-Konzentration Wachstum unter aeroben Bedingungen möglich. Die meisten Arten benötigen zum Wachstum ein komplexes Nährstoffangebot. Häufig haben sie einen fermentativen Energiestoffwechsel, bei dem Kohlenhydrate zu organischen Säuren umgesetzt werden. Fast alle Aktinomyzeten wachsen langsam.

Vorkommen, Lebensweise

Die meisten Arten kommen in warmblütigen Wirbeltieren vor, entweder als Pathogene oder als Kommensalen. Das Temperaturoptimum des Wachstums liegt deshalb relativ hoch: 30 bis 37 °C. Actinomyces bovis etwa kommt häufig im Maul von Rindern vor.[1] Die pathogenen Arten, vor allem Actinomyces israelii, verursachen verschiedene Krankheiten (Aktinomykosen) bei Säugetieren. Hier entstehen zum Beispiel Abszesse in der Mundhöhle oder im Gastrointestinaltrakt. Die Sporen können übertragen werden, nicht jedoch die Erkrankungen, da diese zur Entstehung in der Regel eine herabgesetzte lokale Abwehr benötigen.[2]

Actinomyces als Krankheitsauslöser

In der Regel verursachen Actinomyces spp. nicht als alleiniger Auslöser Krankheitsprozesse. Prominenteste pathogene Spezies ist Actinomyces israelii und namensgebend beteiligt an Aktinomykosen des Hals-Nasen-Ohren-Bereichs oder des Urogenitaltrakts. Dabei handelt es sich um abszessbildende, fistelnde, eitirige Entzündungen, die bei Nichtbehandlung entstellenden Charakter haben können. Via zum Beispiel einer Bagatellverletzung in der Mundhöhle, kann es zu einer Entzündung mit zunächst einem anderen Erreger kommen. Wenn im Verlauf Actinomyces geeignete Lebensbedingungen findet: fortdauernd anaerobe Atmosphäre und absterbendes Gewebe, kann es zu einer chronischen Infektion kommen. Diese dehnt sich unter Umständen aus und ein Höhlensystem mit für das Immunsystem schwer zugänglichen Abszessen entsteht. Ohne chirurgisches Eingreifen ist bei fortgeschrittenem Prozess keine Heilung zu erwarten. Sollte aufgrund der Klinik der Verdacht auf eine Aktinomykose bestehen, sollte dies dem mikrobiologischen Labor mitgeteilt werden. Dann nämlich muss das langsame Wachstum dieser Bakterien beachtet und die Kulturen länger bebrütet werden.[3]

Herkunft des Namens

Besondere Beachtung fanden im 19. Jahrhundert durch Actinomyces-Arten hervorgerufene knollige Konkretionen in verschiedenen befallenen Körperteilen von Tieren. Im Querschnitt durch diese damals in Anlehnung an einen Ausdruck der Mineralogie so genannten „Drusen“ zeigt sich eine strahlige Struktur, die durch strahliges, von einem Punkt ausgehendes Wachstum der Bakterien-Hyphen verursacht wird. Da man zu der Zeit Bakterien der Gattung Actinomyces wie auch andere myzelbildende Bakterien (wie beispielsweise die der Gattung Streptomyces) für Pilze hielt, gab man ihnen wie anderen Actinomycetaceae die deutsche Bezeichnung „Strahlenpilze“; in der Biologie war die entsprechende Bezeichnung „Aktinomyzeten“ (oder „Aktinomyketen“), gebildet aus dem Altgriechischen ακτίς - aktis = Strahl und μύκης - mykes = Pilz. Der deutsche Botaniker Carl Otto Harz nannte 1877 den Erreger einer solchen Konkretion bei einem Rind Actinomyces bovis.

Literatur

  • Klaus P. Schaal, Atteyet F. Yassin, Erko Stackebrandt: The Family Actinomycetaceae: The Genera Actinomyces, Actinobaculum, Arcanobacterium, Varibaculum, and Mobiluncus. In: Martin Dworkin, Stanley Falkow, Eugene Rosenberg, Karl-Heinz Schleifer, Erko Stackebrandt (Hrsg.): The Prokaryotes - A Handbook on the Biology of Bacteria. 3. Auflage, Bd. 3: Archaea. Bacteria: Firmicutes, Actinomycetes. Springer Verlag, New York 2006, S. 430–537, ISBN 978-0-387-25493-7 (Print), ISBN 978-0-387-30743-5 (Online), doi:10.1007/0-387-30743-5_21.
  • Eija Könönen, William G. Wade: Actinomyces and Related Organisms in Human Infections. In: Clinical Microbiology Reviews, Band 28, 2015, Heft 2, Seiten 419–442. doi:10.1128/CMR.00100-14

Weblinks

Commons: Actinomyces – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans von Kress (Hrsg.): MüllerSeifert. Taschenbuch der medizinisch-klinischen Diagnostik. 69. Auflage. Verlag von J. F. Bergmann, München 1966, S. 1062.
  2. Rosemarie Blatz: Medizinische Mikrobiologie und Immunologie systematisch. 1. Auflage. Bremen 1999, ISBN 978-3-89599-139-4, S. 156–158.
  3. S. Suerbaum, G.-D. Burchard, S.H.E. Kaufmann, T.F. Schulz: MEDIZINISCHE MIKROBIOLOGIE UND INFEKTIOLOGIE. 9. Auflage. SPRINGER, Berlin 2020, ISBN 978-3-662-61385-6, S. 442–444.