Adad-happe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Adad-happe, frühere Lesung Adda-guppi/Adda Guppi (auch Adad happe, Adad-guppi, Adad Guppi; * 650 v. Chr.; † 17. April 546 v. Chr.[1]) war Mutter des letzten neubabylonischen Königs[2] Nabonid (Nabû-nāʾid) und einer namentlich nicht näher bekannten Tochter. Ihr Name ist aramäischer Herkunft und bedeutet: Adad/Hadad gab mir Schutz.

Ihr Leben

Adad-happe gehörte 610 v. Chr. als Prinzessin dem assyrischen Königshaus an und wurde durch den Sieg von Nabopolassar zusammen mit den überlebenden Familienmitgliedern nach Babylon exiliert. Am babylonischen Königshof führte sie in der Folgezeit ein freies Leben und verhielt sich gegenüber dem Babylonierkönig loyal. Kurze Zeit später heiratete sie den babylonischen Prinzen Nabû-balātsu-iqbi,[3] der von Nabonid als weiser Fürst oder mächtiger Statthalter bezeichnet wurde.

Adad-happe stellt sich in ihrer Harran-Inschrift H1 als Hohepriesterin des in Harran verehrten Mondgottes Sin vor. Allerdings gibt es keine anderen neutralen Belege oder Urkunden, die diese Aussage stützen.[4] Der Inhalt der Inschrift gibt Auskünfte über ihr Leben vom Zeitpunkt der Geburt bis zum Tod. Der Verfasser war Nabonid selbst, der seiner Mutter augenscheinlich ein ehrendes Andenken bewahren wollte. Die Texte gehören deshalb der Gattung Grabinschriften an.

Die Harran-Inschriften

Die Inschrift von Adad-happe gibt wertvolle Informationen, obwohl der Inhalt nachträglich als theologische Rechtfertigung verfasst wurde, in Reaktion auf die Darstellung im Kyros-Zylinder. Der Inhalt der Harran-Inschrift von Adad-happe wird nachfolgend in Teilauszügen wiedergegeben.

Tafel H1 I

„Als Priesterin waren Sin, Ningal, Nusku und Sadarnunna meine Gottheiten...Seit dem 16. Regierungsjahr von Nabopolassar geht es den Menschen in Harran schlecht...Die Tempel wurden zerstört und die Götter zogen wütend in den Himmel...Ich aber verehrte sie weiter...Ich dachte immer an Sin, Gamag, Igtar und Adad...So wie ich Priesterin auf Erden bin, bin ich es auch im Himmel...Gute und wunderbare Dinge, die ich erhielt, gab ich zurück...Ich betete fortwährend ‚Möge Sin wieder nach Harran kommen, damit die Menschen ihn wieder verehren‘...Vom 20. Regierungsjahr des Assurbanipal, dem Jahr meiner Geburt, bis zum 4. Jahr des Nergal-šarra-usur musste ich 95 Jahre warten, bis ich von Sin auserwählt wurde...Mein einziger Sohn Nabu-na'id wurde zum König berufen...Ihm wurden die Gebiete von der Grenze Ägyptens bis zum unteren Meer anvertraut...Meine Gebete wurden von Sin erhört.“

H1 I

Tafel H1 II

„Du, Sin, hast Nabu-na'id zum König erhoben und seine Feinde fallen lassen...Du hast zu mir gesprochen ‚Mit dir werden mit mir die Götter durch Nabu-na'id, deinem Sohn, nach Harran zurückkehren‘...Es war nicht zu ertragen, wie das Volk sich vorher in Bosheit an dir vergangen hatte...Der König der Götter sprach zu mir und ich erfüllte seinen Wunsch...Nabu-na'id erbaute Ehulhul neu und perfekter als in früheren Zeiten...Die Hand von Sin nahm Nabu-na'id, führte ihn an seinen Platz, um seine Worte verkünden zu lassen...Mit Nabopolassar dienten dir die Generationen Nebukadnezar II., Nergal-šarra-uṣur insgesamt 68 Jahre...Du hast meine Tage verlängert und ich widmete sie dir, Sin, als König der Götter...Seit meiner Geburt bis zum 9. Regierungsjahr von Nabu-na'id sind nun 104 Jahre vergangen.[5]...Jetzt, im 9. Regierungsjahr, hat sich auch mein Schicksal erfüllt.“

H1 II

Der Tod von Adad-happe

Nach dem am 17. April 546 v. Chr. in Dūr-Karāšu am Euphrat oberhalb von Sippar erfolgten Tod der Adda-guppi ordnete ihr Enkel Belšazar (Bel-šarru-usur), der wegen des langjährigen Aufenthalts seines Vaters Nabonid in Tayma als sein Stellvertreter in Babylon amtierte, eine dreitägige Trauer an. Im Monat Simanu (11. Juni bis 9. Juli 546 v. Chr.) wurde aber noch eine allgemeine Landestrauer abgehalten; diese dürfte auf Befehl des in der Ferne residierenden Nabonid erfolgt sein, der wohl erst etwas später vom Tod seiner Mutter informiert worden war.

Adad-happes Königschronologie

Siehe auch

Literatur

  • M. A. Dandamayev und Michael Roaf: Nabonid. In: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie (RIA). Band 9, S. 6–12.
  • Reinhard-Gregor Kratz: Das Judentum im Zeitalter des Zweiten Tempels (= Studienausgabe aus der Schriftenreihe: Forschungen zum Alten Testament. Nr. 42). Mohr-Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-148835-0.
  • Walther Sallaberger: Der kultische Kalender der Ur-III-Zeit. de Gruyter, Berlin 1993, ISBN 3-11-013932-4.
  • Rainer Albertz: Die Exilszeit. 6. Jahrhundert v. Chr. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2001, ISBN 3-17-012336-X.
  • Rainer Albertz: Israel in exile: The history and literature of the sixth century B.C.E. Society of Biblical Literature, Atlanta 2003, ISBN 1-58983-055-5.
  • Axel Karenberg, Christian Leitz: "Magie und Medizin" und "Der alte Mensch" in den antiken Zivilisationen des Mittelmeerraumes. Lit, Münster 2002, ISBN 3-8258-5752-2.

Weblinks

Anmerkungen und Einzelnachweise

  1. Nach der Nabonid-Chronik starb Adda-guppi am 5. Nisanu des 9. Regierungsjahres von Nabonid. Das 10. Regierungsjahr begann mit dem Ergreifen der Hände von Marduk, das gemäß Kultkalender aber erst nach dem 5. Nisanu stattfindet. Der 5. Nisanu fiel 546 v. Chr. auf den 24. April und der Frühlingsanfang auf den 28 März im proleptischen julianischen Kalender. Zum gregorianischen Kalender beträgt die Zeitdifferenz 7 Tage, die vom 24. April in Abzug gebracht werden müssen. Nicht geklärt ist, ob das Datum auf den tatsächlichen babylonischen Mond- oder den statischen Jahreskalender umgerechnet werden muss. Berechnungen nach Jean Meeus: Astronomische Algorithmen - Anwendungen für Ephemeris Tool 4,5 -, Barth, Leipzig 2000 und Ephemeris Tool 4,5 Umrechnungsprogramm.
  2. Unter Dareios I. traten 522 v. Chr. Nebukadnezar III. und 521 v. Chr. Nebukadnezar IV. als Usurpatoren auf.
  3. Eine Backsteininschrift aus Harran nennt den Vater des Nabuna'id abweichend Nusku-balāstu-iqbi.
  4. Paul-Alain Beaulieu: The reign of Nabonidus, King of Babylon, 556-539 B.C., Yale University Press, New Haven 1989, S. 74–80.
  5. Assurbanipals 20. Regierungsjahr wird auf 649 v. Chr. angesetzt. Mithin ergeben sich nur 103 Jahre nach heutiger Chronologie.