Aerobus
Der Aerobus ist eine Einschienenbahn, deren Fahrzeuge hängend verkehren.
Prinzip
Der Fahrweg des Aerobus war ein doppeltes Tragseil – später durch eine doppelte Aluminiumschiene ersetzt – auf der die Fahrzeuge liefen. Er diente später zugleich als zweipolige Zuführung des Stroms zu den Fahrzeugen. Ursprünglich gab es eine von den Tragseilen getrennte Oberleitung. Im Gegensatz zur Wuppertaler Schwebebahn war die Tragvorrichtung nicht starr montiert, sondern nach dem Prinzip einer Hängebrücke an den Abhängern einer Tragkabelkonstruktionen aufgehängt. Diese wiederum werden von Masten getragen. Das Tragseil war nach oben gespannt und senkte sich unter Last in die Waagrechte.[1]
Hauptvorteil des Aerobusses ist der große Abstand zwischen den Trägern, den die Konstruktion ermöglicht, in Mannheim bis zu 233 m, wodurch der Aufwand für Bauarbeiten und die am Boden erforderliche Fläche gering war. Im Gegensatz zu traditionellen Verkehrsmitteln im Öffentlichen Personennahverkehr, wie etwa der Straßenbahn oder dem Omnibus, fährt der Aerobus ungehindert von anderen Verkehrsteilnehmern und sehr geräuscharm.
Nachteile sind die vergleichsweise aufwändige Konstruktion von Kurven und Weichen sowie der erforderliche hohe Aufwand, wenn ein Fahrzeug auf freier Strecke evakuiert werden muss.
Geschichte
Versuchsbetrieb
Erfunden hat den Aerobus der Schweizer Gerhard Müller. Die Vermarktung lag bei Aerobus International, Inc. 1970 wurde in der Schweiz die erste Test-Anlage in Schmerikon am Zürichsee gebaut und 1975 nach Kanada verkauft, wo sie bis 1992 in dem Skigebiet Mont Sainte-Anne der Provinz Québec als Zubringer zu einem Skilift in Betrieb stand.[2] 1974 wurde in Dietlikon eine zweite Teststrecke errichtet.
Bundesgartenschau 1975 in Mannheim
Die beiden Ausstellungsflächen der Bundesgartenschau 1975 in Mannheim, Luisenpark und Herzogenriedpark, wurden mit einer 2,8 Kilometer langen Strecke verbunden. Längster freitragender Abschnitt war die Querung des Neckars. Die Strecke verlief vom Herzogenriedpark am Neuen Meßplatz in etwa südlicher Richtung durch die Max-Joseph-Straße bis zur Kurpfalzbrücke und querte an deren östlicher Seite den Neckar. Dann bog sie in einer 90-Grad-Kurve nach Osten ab, verlief am südlichen Neckarufer entlang und endete beim Fernmeldeturm im Luisenpark.[3] Die Strecke hatte eine Länge von etwas über 3 km.[4]
Die eingesetzten acht Wagen waren 22 Meter lang und boten 100 Fahrgästen Platz.[3] Sie wurden je durch eigene Elektromotoren bewegt.
Bei einer der ersten Probefahrten musste der damalige Mannheimer Oberbürgermeister Ludwig Ratzel wegen eines technischen Defekts mit einer Drehleiter aus einem stehengebliebenen Fahrzeug befreit werden. Der Betrieb während der Bundesgartenschau verlief jedoch weitgehend reibungslos. In den 1850 Betriebsstunden fiel die Anlage lediglich für insgesamt 20 Stunden aus.[3] In der Zeit vom 18. April bis 19. Oktober 1975 beförderte der Aerobus 2,2[5] oder 2,3 Millionen Besucher.[6] Die Fahrzeit betrug neun Minuten.[3] Die Betriebserlaubnis lief 1976 aus.
Versuchsstrecke Mannheim
Die Strecke wurde nur während der Bundesgartenschau befahren und anschließend bis auf ein 600 Meter langes, einbahniges Teilstück beim Herzogenriedpark ab- und für rund 1,2 Millionen Deutsche Mark umgebaut. Dabei wurden die Tragkabel durch Aluminiumschienen ersetzt, die einen ruhigeren Lauf gewährleisten sollten. Die Versuchsstrecke unterschied sich nach diesem Umbau erheblich von dem System, das während der Bundesgartenschau betrieben worden war. Sie diente der damaligen Studiengesellschaft „Hochbahn Mannheim“[Anm. 1] als einbahnige Versuchsstrecke. Bei möglicher Finanzierung und einer Bewährung des Systems war die Erschließung weiterer Stadtteile mit diesem verbesserten Aerobus-System geplant. Das wurde jedoch nicht umgesetzt und der nichtöffentliche Testbetrieb 1979 eingestellt. Die restliche Trasse wurde 1987 demontiert und verschrottet. Auch andere Folgeprojekte blieben aus:
- 2000 kam mit der Stadt Chongqing in der Volksrepublik China ein Abkommen über eine 2,6 Kilometer lange Installation zustande. Auch sie wurde nicht verwirklicht.
- 2004 folgte ein Abkommen mit der ebenfalls chinesischen Stadt Weihai über eine 4,2 Kilometer lange Strecke.[7] Auch dieses Projekt wurde nicht umgesetzt.
Wissenswert
Ein Segment eines der Fahrzeuge, die in Mannheim während der Bundesgartenschau verkehrten, kam ins Landesmuseum für Technik und Arbeit (heute: Technoseum) in Mannheim. Im Verkehrsmuseum Depot 5 in Mannheim wird das Modell eines Fahrzeuges gezeigt.
Literatur
- Stadtpark Mannheim GmbH: Bundesgartenschau Mannheim 1975. In: Deutsche Bundesgartenschau GmbH (Hg.): 50 Jahre Bundesgartenschauen. Festschrift zur Geschichte der Bundes- und Internationalen Gartenschauen in Deutschland. Bonn 2001, S. 76–85.
Weblinks
- Website der Herstellerfirma
- Dokumentation der Mannheimer Anlage von 1975
- Seite, die das Konstruktionsprinzip darstellt (englisch)
- Wochenschaubericht vom 16. November 1970 über die Versuchsstrecke in Schmerikon
- Aerobus Video mit Szenen aus Mannheim
Einzelnachweise
- ↑ Dokumentation der Mannheimer Anlage von 1975 (Weblinks).
- ↑ Aerobus technology throughout the world auf www.aerobus.com
- ↑ a b c d Präsentation im Verkehrsmuseum Depot 5 in Mannheim.
- ↑ Stadtpark Mannheim GmbH: Bundesgartenschau, S. 78.
- ↑ Aerobus Mannheim Buga 1975
- ↑ Stadtpark Mannheim GmbH: Bundesgartenschau, S. 78.
- ↑ Kundenmagazin der Wuppertaler Stadtwerke, September 2007, S. 5.
Anmerkungen
- ↑ An der Studiengesellschaft waren auch die Mannheimer Verkehrsbetriebe MVV beteiligt.