Albert Gollwitzer

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Albert Gollwitzer (* 21. April 1876 in Ullersricht; † 11. August 1964 in Wollmetshofen) war ein deutscher Maschinenbauer und Eisenbahner.

Leben und Beruf

Nach dem 1894 am Realgymnasium Nürnberg absolvierten Abitur leistete der Sohn des evangelischen Guts- und Fabrikbesitzers Karl Gollwitzer zunächst als Einjährig-Freiwilliger im 14. Infanterie-Regiment „Hartmann“ der Bayerischen Armee seinen Militärdienst ab. Anschließend studierte er an der TH München von 1895 bis 1900 Maschinenbau, unterbrochen von einem einjährigen Praktikum bei MAN. Zum 1. November 1901 trat er als maschinentechnischer Praktikant in den Dienst der Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen. Bis 1903 wurde er als Praktikant an verschiedenen Orten in kurzer Folge eingesetzt, unter anderem in der Centralwerkstätte in München, der Betriebswerkstätte in Weiden in der Oberpfalz und der Generaldirektion in München. Am 22. Dezember 1903 absolvierte er erfolgreich die Staatsprüfung für den höheren maschinentechnischen Dienst.

Zunächst leistete Gollwitzer an verschiedenen Bahnhöfen Stationsdienst, bis er ab 1. August 1905 mit der Leitung der Betriebswerkstätte Weiden betraut wurde. Zwei Jahre später wechselte er zur Betriebswerkstätte Regensburg und 1909 als Vorstand zur Schwelleninspektion Kirchseeon. Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs leitete er als Vorstand die Werkstätteninspektion IV in Nürnberg. Während des Krieges diente er als Reserveoffizier im 21. Bayerischen Infanterie-Regiment „Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg-Schwerin“, zuletzt als Hauptmann der Reserve.

Nach dem Übergang der Bayerischen Staatsbahnen an die 1920 gegründete Deutsche Reichsbahn blieb Gollwitzer im Eisenbahndienst. 1923 übernahm er die Leitung des Ausbesserungswerks Nürnberg, Ende 1924 wechselte er in gleicher Funktion zum Ausbesserungswerk Neuaubing, 1930 übernahm er das Ausbesserungswerk München-Freimann.

Mit der „Machtergreifung“ der NSDAP stieg Gollwitzer, der bereits vor 1933 die NSDAP unterstützt hatte,[1] schnell auf. Er profitierte davon, dass die Führungsebene der Reichsbahn – um die innere Autonomie der Reichsbahn zu sichern – bereit war, den neuen Machthabern bei der Besetzung von Posten und der Umsetzung der nationalsozialistischen Politik in der Reichsbahn weit entgegenzukommen. Generaldirektor Julius Dorpmüller beförderte bereitwillig „Alte Kämpfer“ und NSDAP-Sympathisanten, um seine Position zu sichern. Gollwitzer, der am 1. Mai 1933 der NSDAP beigetreten war (Mitgliedsnummer 1.925.933),[1] übernahm zunächst zum 1. Juli 1933 ein maschinentechnisches Dezernat bei der Reichsbahndirektion Nürnberg und bereits am 12. August des gleichen Jahres die kommissarische Leitung der Direktion. Dorpmüller übertrug ihm zugleich die Funktion des bayerischen Vertreters im Reichsbahn-Vorstand als Nachfolger des in den Ruhestand versetzten Anton Löhr. Ab 1. Oktober 1933 übernahm Gollwitzer die Reichsbahndirektion München als Präsident, unter Beibehaltung seiner Position als Mitglied des Reichsbahn-Vorstands. Mit der Rückübertragung der Reichsbahn-Gesellschaft in die direkte Reichsverwaltung durch das Gesetz zur Neuregelung der Verhältnisse der Reichsbank und der Deutschen Reichsbahn verlor Gollwitzer im Februar 1937 seinen Vorstandsposten, blieb aber Präsident der Münchner Direktion.

In München begann unter Gollwitzer ab 1937 der Ausbau der Eisenbahnanlagen nach den Vorstellungen von Adolf Hitler für die Hauptstadt der Bewegung. Bis Kriegsausbruch wurde von den S-Bahn-Planungen allerdings nur wenig umgesetzt. Zu den weiteren Aktivitäten Gollwitzers gehörte die Unterstützung des Regisseurs Willy Zielke bei den Dreharbeiten zum Film „Das Stahltier“.[2]

1940 wurde er Ehrenbürger der Technischen Hochschule München.[3]

Die Transportkrise im Russlandfeldzug führte 1942 zu einem umfangreichen Revirement bei der Reichsbahn und im Reichsverkehrsministerium. Auf Betreiben vor allem von Albert Speer ersetzte Reichsverkehrsminister Dorpmüller nicht nur seinen Staatssekretär Wilhelm Kleinmann durch den wesentlich jüngeren Albert Ganzenmüller, auch mehrere Vorstandsmitglieder und Direktionspräsidenten wurden in den Ruhestand geschickt und durch jüngere Männer ersetzt. Albert Gollwitzer wurde am 1. Oktober 1942 durch den Blutordensträger Otto Gümbel ersetzt und in den Ruhestand verabschiedet, den er formell am 1. Januar 1943 antrat.[4] Nach dem Krieg lebte Gollwitzer zunächst in seinem Heimatdorf Ullersricht. 1947 wurde er durch die Spruchkammer in Neustadt an der Waldnaab im Rahmen der Entnazifizierung in die Gruppe IV („Mitläufer“) eingestuft, was die Hauptkammer München-Stadt 1949 bestätigte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er ab 1960 in dem in Schloss Elmischwang bei Wollmetshofen eingerichteten Altersheim.

Das Bahn-Sozialwerk (BSW) betreibt das nach Albert Gollwitzer benannte Freizeithaus Albert Gollwitzer Hütte bei Georgenberg im Oberpfälzer Wald.[5]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Endstation Vernichtung: Diensteifer und Pflichterfüllung bei der Reichsbahn in München 1933 - 1945. Reichsbahnpräsident Albert Gollwitzer - Dokumente (Memento des Originals vom 19. Januar 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.endstation-vernichtung.de
  2. Wiederentdeckt: Eine Veranstaltungsreihe von CineGraph Babelsberg, Berlin-Brandenburgisches Zentrum für Filmforschung und dem Zeughauskino, in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv und der Deutschen Kinemathek. Nr. 202 6. September 2013, Einführung: Stefan Eickhoff: DAS STAHLTIER, D 1934/35, Regie: Willy Zielke
  3. Wolfgang A. Herrmann (Hrsg.): Technische Universität München. Die Geschichte eines Wissenschaftsunternehmens. Band 2, Metropol, Berlin 2006, ISBN 978-3-938690-34-5, S. 989.
  4. Alfred C. Mierzejewski: The Most Valuable Asset of the Reich. A History of the German National Railway, Volume 2, 1933–1945, The University of North Carolina Press, Chapel Hill and London, 2000, ISBN 0-8078-2574-3, p. 106
  5. Seite des BSW zur Albert Gollwitzer Hütte, abgerufen am 19. Januar 2015