Albert Mülli

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Albert Mülli (* 11. Februar 1916; † 12. April 1997)[1][2] war ein Schweizer Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Politiker (SP).

Leben

Herkunft, Ausbildung

Mülli wuchs in Zürich in einer Arbeiterfamilie auf. Er wurde Mitglied der Roten Falken und später der Sozialistischen Arbeiterjugend. Er arbeitete als Sanitär- und Heizungsmonteur.[3]

Reise nach Wien, Verurteilung, KZ

Mülli war 22-jährig, als er 1938 für 14 Tage arbeitslos wurde, da sein Meister keine Arbeit mehr für ihn hatte. In dieser Phase wurde er darauf angesprochen, für 70 Franken und die Übernahme der Reisekosten einen Koffer nach Wien zu bringen. Nach eigenen Angaben wusste Mülli nicht, dass in seinem Koffer auch 1000 kommunistische Flugblätter versteckt waren. In Wien wurde er von der Gestapo verhaftet und von einem Gericht zu einer dreijährigen Haftstrafe wegen «Vorbereitung zum Hochverrat» verurteilt. Nach Verbüssen seiner Haftstrafe gelangte Mülli 1942 als «politischer Häftling» in «Schutzhaft» im KZ Dachau. Er erhielt dort die Häftlingsnummer 29331.[1][3][4][5][6] In der Schweiz setzten sich vor allem die Sozialdemokraten für einen Austausch ein, unter anderem der erste SP-Bundesrat Ernst Nobs. Der Austausch scheiterte aber vor allem an der schweizerischen Seite, da die «kommunistische Tätigkeit» von Mülli «auch in der Schweiz gesetzeswidrig gewesen wäre.»[1]

Späteres Leben

Stolperstein für Albert Mülli an der Gamperstrasse 7 in Zürich

Am 29. April 1945 wurde er im Aussenlager Garmisch-Partenkirchen von US-amerikanischen Truppen befreit und kehrte noch in KZ-Kleidung nach Zürich zurück. Kurz nach seiner Rückkehr wurde er aufgefordert, die Kriegssteuer für die vergangenen sechs Jahre nachzubezahlen. Mülli hielt nach dem Krieg zahlreiche Vorträge über seine Erlebnisse.[1][3][4]

1955 wurde er von einem Wiener Gericht rehabilitiert; es anerkannte Mülli als Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus. Die Schweiz leistete 1956 eine Wiedergutmachung von 40'000 Franken mit der Bemerkung «Nazischaden unbestritten, es liegt aber ein grosses Selbstverschulden vor.»[4] Auch Jahrzehnte später litt Mülli unter Albträumen und sprach relativ wenig über seine Vergangenheit.[1][3][4]

Von 1963 bis 1967 war Mülli Kantonsrat für die SP.[2][6]

2020 wurde an seinem ehemaligen Wohnort im Langstrassenquartier in Zürich ein Stolperstein in seinem Andenken verlegt.[7]

Literatur

  • Balz Spörri, René Staubli, Benno Tuchschmid: Die Schweizer KZ-Häftlinge. Vergessene Opfer des Dritten Reichs. NZZ libro, Zürich 2019, S. 173–183.

Weblinks

  • Anna Baumann: Albert Mülli. (PDF; 328 KB) In: stolpersteine.ch. 25. November 2020, abgerufen am 23. April 2021.

Einzelnachweise

  1. a b c d e Peter Maurer: «Die Schweizer KZ-Häftlinge» - Der Zürcher Albert Mülli – Häftling in Dachau. In: srf.ch. 28. September 2019, abgerufen am 23. April 2021.
  2. a b Albert Mülli. In: zh.ch. Abgerufen am 23. April 2021 (Albert Mülli in der Datenbank der Mitglieder des Kantonsrats ab 1803 des Staatsarchiv Zürichs).
  3. a b c d Adi Kälin: Schweizer Opfer des Nazi-Terrors: An ihren Stolpersteinen soll niemand achtlos vorbeigehen. In: nzz.ch. 27. November 2020, abgerufen am 23. April 2021.
  4. a b c d Anna Baumann: Albert Mülli. (PDF; 328 KB) In: stolpersteine.ch. 25. November 2020, abgerufen am 23. April 2021.
  5. Yves Demuth: Die vergessenen Schweizer Opfer. In: swissinfo.ch. 27. Januar 2018, abgerufen am 23. April 2021.
  6. a b Sibylle Elam: Vergessene Schweizer Inhaftierte in deutschen KZ. In: pszeitung.ch. 28. Oktober 2019, abgerufen am 23. April 2021.
  7. Hannes Lindenmeyer: Stolpern in Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus. In: pszeitung.ch. 27. Oktober 2020, abgerufen am 23. April 2021.