Alexander Bean

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Alexander „Sawney“ Bean am Eingang seiner Höhle

Alexander „Sawney“ Bean oder Beane; (Sawney schot. für sandig) war der englische Spitzname für das legendäre Oberhaupt einer kannibalistischen Familie in Schottland im 15. Jahrhundert. Es wird behauptet, dass er, seine Frau und ihre 46 Kinder und Enkel über 1000 Menschen getötet und gegessen haben sollen, bevor sie festgenommen und hingerichtet wurden.

Diese Geschichte taucht im Newgate Calendar auf, einer Art Bulletin, das Insassen und Hinrichtungen des bekannten Newgate-Gefängnisses in London beschrieb. Auch wenn Historiker nicht glauben, dass Sawney Bean jemals existierte, wurde seine Geschichte weitergegeben und ist inzwischen Legende und fester Bestandteil der schottischen Folklore und von Edinburghs Tourismusindustrie.

Der Anfang

Nach dieser Legende wurde Alexander Bean in East Lothian während der Herrschaft von König Jakob I. im frühen 15. Jahrhundert geboren. Manche Quellen datieren die Geschichte in frühere Zeiten. Sein Vater war Arbeiter; er zog Gräben und arbeitete als Gärtner. Bean versuchte sich ebenfalls in der Ausübung dieser Tätigkeiten, merkte aber bald, dass ihm ehrliche Arbeit nicht lag.

Bean verließ mit seiner Frau (nach einer Version der Legende eine Hexe, die „Schwarze Agnes Douglas“) die Stadt. Nach einer alternativen Version wurden sie zusammen aus der Stadt gejagt. Sie fanden ihren Weg zu einer Höhle in Bannane Head, in der Nähe von Galloway County (inzwischen South Ayrshire), wo sie ihr Lager aufschlugen. Die Höhle führte mehrere hundert Meter in den Fels und der Eingang war während der Flut vom Wasser blockiert. Hier sollen sie unentdeckt 25 Jahre gelebt haben.

Familienleben und Kannibalismus

Anfangs überlebten Bean und seine Frau durch Wegelagerei und Ermordung von Reisenden. Sie stahlen ihnen Geld und andere verwertbare Gegenstände. Diese horteten sie in ihrer Höhle. Sie zu verkaufen, trauten sie sich nicht, da sie die Entdeckung fürchteten.

Alexander Bean und seine Frau zeugten eine große Anzahl von Kindern und später auch „Enkel“ als Produkte inzuchtbasierter Beziehungen. Bevor sie ihr grausiges Ende fanden, bekamen sie acht Söhne, sechs Töchter und 32 Enkel. Ihre Methoden waren einfach und effizient: Sie lauerten ihren überraschten Opfern aus dem Hinterhalt in kleinen Gruppen auf, überwältigten und töteten sie.

Die Einnahmen der Beutezüge waren allerdings nicht groß genug, den wachsenden Klan zu unterhalten. Daher begannen Bean und seine Familie, sich von den Getöteten zu ernähren. Die Opfer wurden also nicht nur all ihrer Habseligkeiten beraubt und ermordet, sondern auch noch in die Höhle geschleppt, ausgebeint und aufgegessen. Die Familie legte Reste in Salz und Essig ein oder räucherte sie als Vorräte für schlechte Zeiten.

Das Verschwinden zahlreicher Reisender blieb natürlich nicht unbemerkt. In der abergläubischen Bevölkerung machte bald die Geschichte über einen Werwolf die Runde. Als die Anzahl der Vermissten immer weiter anstieg und die Unruhe unter der Bevölkerung ebenfalls, sah sich der schottische König gezwungen, Soldaten und Polizeibeamte zu entsenden. Immer wieder wurden Verdächtige verhaftet und ohne große Umstände gehängt. Aber das Verschwinden von Reisenden dauerte an, alle Exekutierten erwiesen sich so als unschuldig.

Gefangennahme und Hinrichtung

Im Jahre 1435 wurde das Rätsel dann angeblich gelöst. Ein von einem Jahrmarkt heimwärts reitendes Paar wurde von einer Horde verwilderter Gestalten angegriffen. Während die Frau vom Pferd geholt und sofort getötet wurde, konnte sich der Mann zur Wehr setzen. Noch während des Kampfes kamen weitere Leute auf dem Nachhauseweg vom Markt dem Mann zu Hilfe und die Bean-Familie musste flüchten.

Da ihre Existenz entdeckt war, wurde schon bald darauf die Jagd auf sie eröffnet – angeblich unter persönlicher Leitung des Königs. Er führte, so berichtet die Geschichte, mehr als 400 Mann mit Bluthunden zur Suche, und schon bald fanden sie die Höhle, die Bean und seiner Familie so lange als Unterschlupf gedient hatte. Die Szenerie, die sich den Soldaten bot, soll unbeschreiblich gewesen sein. In der Höhle hausten 47 völlig verwilderte Familienmitglieder, von der Decke hingen menschliche Körperteile zum Räuchern und überall fanden sich die Überreste der kannibalischen Mahlzeiten sowie die Habe der Überfallenen und Getöteten.

Unmittelbar nach der Gefangennahme wurden die Mitglieder der Familie vom König zu wilden Tieren erklärt und nach Leith oder Glasgow gebracht. Die Kinder waren so an Kannibalismus, Mord, Totschlag und Inzest gewöhnt, dass sie sich ein anderes Leben nicht vorstellen konnten. Sie wurden schnell und ohne Prozess hingerichtet. Den Männern wurden Hände und Füße abgehackt und sie bluteten zu Tode. Die Frauen, die diesem Schauspiel zusehen mussten, wurden anschließend in Dreiergruppen lebend auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Wahrheit und Legende

Wie die Wahrheit letztlich auch aussieht, die Legende hat in die Folklore der Britischen Inseln Eingang gefunden. Alexander „Sawney“ Bean und seine kannibalistische Familie werden zum großen Teil als Mythos abgetan, hauptsächlich, weil es kaum schriftliche Quellen gibt. Es wird vermutet, dass eine Serie von Schandtaten dieser Größenordnung und dieser Dauer, beendet durch eine Jagd, an welcher der König persönlich teilnahm, mehr historische Berichte hinterlassen haben müsste, als bislang aufgetaucht sind. Eine weitere Frage betrifft die Zeit, in der die Familie gelebt haben soll, das heißt, welcher König an der Jagd beteiligt war. Manche Bücher sprechen von Jakob IV. (1473–1513) oder noch früheren Zeiten.

Außerdem sind viele Historiker wegen der Behauptung skeptisch, vier Dutzend Leute hätten sich für so lange Zeit versteckt gehalten. Auch kann man sich die Frage stellen, warum bei dem Verschwinden von rund 1000 Menschen im Gebiet von Beans Höhle nicht früher eine intensive Suche eingeleitet wurde. Angeblich wurde des Öfteren nach den Opfern gesucht, aber aus unbekanntem Grund schaute nie jemand in die Höhle an der Küste. So gibt es anscheinend auch keine Zeitungsberichte oder Schriften aus Tagebüchern jener Zeit, die diese Vorgänge beschreiben.

Die erste Erwähnung der Legende von Sawney Bean findet sich in einem englischen Volksbuch, einer Art Klatschpresse des 18. Jahrhunderts. Daher argumentieren viele, die Legende sei politische Propaganda gewesen, um die Schotten nach dem zweiten Jakobitenaufstand zu verunglimpfen. Dagegen spricht jedoch, dass in diesem Buch über englische Kriminelle in der gleichen Art und Weise berichtet wurde.

Und doch ist das Gebiet um Ayrshire bekannt für seine düstere Folklore. Sicher ist auch, dass es während der Hungersnot im späten 15. Jahrhundert einige Fälle von Kannibalismus in Schottland gab. So ist es also durchaus möglich, dass die Legende sich dort entwickelt hat und einen wahren Kern besitzt.

Im London Dungeon gibt es eine Wachsfigur von Sawney Bean. Die Legende von Alexander „Sawney“ Bean wurde sowohl in der Presse, der Musik als auch im Film behandelt.

Künstlerische Rezeption

Musik

  • Die Punkrock-Band Real McKenzies nahm einen Titel mit dem Namen Sawney Beane Clan auf.
  • Die britische Neofolk-Band Sol Invictus nahm einen Song mit dem Titel Sawney Bean bzw. The Man Next Door Is Very Strange auf.
  • Die amerikanische Musikband Deeds of Flesh hat ein Konzeptalbum mit dem Titel Inbreeding the Anthropophagi über den Fall eingespielt.
  • Der Musiker Snakefinger nahm in sein Album Night of Desirable Objects einen Song mit dem Titel Sawney Bean/Sawney’s Death Dance auf, das die Geschichte der Beane-Familie und ihrer gruseligen Überfälle beschreibt.

Film

Literatur

  • Ronald Holmes: The Legend of Sawney Bean. Muller, London 1975, ISBN 0-584-10156-2
  • Jack Ketchum: Off season. Headline Books, London 1995, ISBN 0-7472-5045-6
  • Mick Lewis: The bloody man. Citron Books, London 1998, ISBN 0-7544-0009-3
  • Sharyn McCrumb: Paying the piper. Severn Publications, New York 1991, ISBN 0-7278-4247-1
  • Larry A. Morse: The Flesh eaters. Warner Books, New York 1979, ISBN 0-446-82633-2
  • John Nicholson (Hrsg.): Historical and traditional tales connected with the South of Scotland. Kirkcudbright 1923 (Repr. d. Ausg. London 1843)
  • The Galloway Gazette vom 28. November 1994
  • Peter & Julia Murakami: Lexikon der Serienmörder- 450 Fallstudien einer pathologischen Tötungsart, Ullsteinverlag 2000

Weblinks