Alexandra (Sängerin)

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Alexandra, 1969

Alexandra (eigentlich Doris Nefedov; * 19. Mai 1942 als Doris Alexandra Treitz in Heydekrug; † 31. Juli 1969 in Tellingstedt) war eine deutsche Sängerin. Bekannt wurde sie Mitte der 1960er Jahre mit Liedern wie Mein Freund, der Baum, Sehnsucht und Zigeunerjunge.

Leben

Eintrag von Doris Treitz in das Poesiealbum einer Mitschülerin am 7. März 1956. Die Zeichnung auf der linken Seite stammt ebenfalls von ihr

Alexandra wurde 1942 als letzte von drei Töchtern der Eheleute August (1899–1969) und Wally Margarete Treitz (1912–1969, geborene Swetosch) in Heydekrug im Memelland geboren.[1][2] Ihre Familie kam im Zweiten Weltkrieg nach der Evakuierung des Gebiets rechts der Memel im Jahr 1944 und anschließender Flucht vor der Roten Armee zunächst nach Sachsen und dann nach Kiel. Dort besuchte sie die Volksschule und danach die Ricarda-Huch-Schule, damals ein Mädchengymnasium. Bereits mit zehn Jahren spielte sie Klavier, sang, tanzte und malte. Vom ersten selbst verdienten Geld, das sie durch den Verkauf von Zeichnungen erhielt, kaufte sie sich eine Gitarre.[3] Früh brachte sich Treitz das Gitarrenspiel bei, erhielt Klavierunterricht und begann, eigene Lieder und Gedichte zu schreiben.

Mit siebzehn Jahren wollte sie als Modedesignerin arbeiten, brach die Schule ab und begann ein Grafikstudium an der Muthesius-Werkkunstschule.[4] In dieser Zeit hatte sie mehrere Gelegenheitsjobs, unter anderem als Sekretärin, Stenotypistin und Zimmermädchen. 1961 zog sie zusammen mit ihrer geschiedenen Mutter und ihrer Schwester nach Hamburg-Rothenburgsort und besuchte die Meisterschule für Mode. Nebenbei sang sie in Bars und Kneipen slawische Lieder, aber auch eigene Kompositionen. 1962 nahm sie an der Miss-Germany-Wahl teil und belegte den neunten Platz. Im selben Jahr heiratet sie den 30 Jahre älteren russischen Emigranten Nikolai Nefedov (1912–1989), der als Untermieter bei ihrer Familie lebte. Anschließend wollte sie mit Nefedov in die USA auswandern. Am 26. Juni 1963 brachte sie den Sohn Alexander zur Welt. Die Ehe scheiterte, Doris und ihr Sohn blieben in Deutschland.

Alexandra versuchte, ihr Studium zu beenden und arbeitete nebenbei als Zeichnerin. Nach einem Abschluss an der Margot-Höpfner-Schauspielschule in Hamburg erhielt sie ein Engagement an einem Theater in Neumünster und nahm Gesangsunterricht. Kurzzeitig sang sie 1965 bei den City Preachers. Bald darauf wurde der Schallplattenproduzent Fred Weyrich auf die tiefe Stimme, das Talent und die Vielsprachigkeit der Sängerin aufmerksam. Er vermittelte ihr einen Fünfjahresvertrag bei einer Plattenfirma. Unter dem Management von Hans R. Beierlein wurde sie unter dem Künstlernamen Alexandra zum Star aufgebaut; mit ihren melancholischen Liedern und ihrem Aussehen passte sie gut in ein Format, das bisher noch nicht von der deutschen Schlagerbranche vermarktet wurde: Russland. Mit dem Orchester Hazy Osterwald folgte 1967 eine Tournee durch die Sowjetunion.

Label zu Zigeunerjunge

Im Alter von 25 Jahren kam der Durchbruch: Sie konnte ihre ersten beiden Erfolge Zigeunerjunge (geschrieben von Hans Blum) und Sehnsucht (Rudi Bauer/Fred Weyrich) in den Schlagerparaden verbuchen. Doch die auf ihr Image maßgeschneiderten Lieder stellten die Sängerin und Komponistin Alexandra nicht zufrieden; sie wollte mehr als nur slawisch-folkloristisch orientierte Schlager singen. Die vielsprachige Alexandra fand Kontakt zu französischsprachigen Chansonniers wie Salvatore Adamo, Gilbert Bécaud und Yves Montand.[5] Doch es gab mehrfach Auseinandersetzungen mit Komponisten, Textern und Produzenten, da sie immer heftiger darauf bestand, auch ihre eigenen Texte und Lieder herauszubringen. Das Lied Mein Freund der Baum komponierte und textete sie selbst.

Mit Udo Jürgens gab es eine Freundschaft und Zusammenarbeit, es entstand das Lied Illusionen, Musik: Udo Jürgens, Text: Alexandra. Bei einem Festival in Brasilien lernte sie den Musiker und Sänger Antônio Carlos Jobim (u. a. The Girl from Ipanema) kennen. Der Fotograf, Kameramann und Regisseur Truck Branss verfilmte die Reisen für die ARD-Show Alexandra: Ein Portrait in Musik (1969).[6] Im Herbst 1968 verließ Alexandra Hamburg, zog mit Mutter und Sohn Alexander nach München-Gern, Baldurstraße 73, in eine Drei-Zimmer-Wohnung. Anfang 1969 wollte sie ihren Vater in Hamburg besuchen, fand ihn aber, als sie die Wohnung betrat, dort tot auf. Seine Urnenbeisetzung erfolgte Anfang Juli auf dem Westfriedhof, Baldurstraße 28. In relativ schwieriger gesundheitlicher Verfassung errang sie im Februar die „Goldene Europa“ als Nachwuchsinterpretin. Sie hatte in Paris Präsentationen mit Romy Schneider und sang wieder gemeinsam mit Adamo. Im März hielt sie sich in Amsterdam auf. Hier lernte sie den Franko-Amerikaner Pierre Lafaire kennen und verlobte sich mit ihm. Diese Verbindung verlief nicht glücklich und man trennte sich bald.

Tod

Gedenkstein an der Unfallstelle in Tellingstedt
Grabstätte auf dem Westfriedhof (München) in München

In der Nacht vom 30. auf den 31. Juli 1969 nahm Alexandra den Autoreisezug von München nach Hamburg. Am 31. Juli fuhr sie dann mit ihrem Sohn und ihrer Mutter mit ihrem Mercedes-Benz 220 S Coupé von Hamburg Richtung Sylt in den Urlaub. Sie erreichte in Tellingstedt auf der Landstraße 149 die Kreuzung mit der Bundesstraße 203, die sie überqueren wollte. Dabei fuhr ein vorfahrtsberechtigter Lastwagen in die rechte Seite ihres Wagens und schob ihn mehr als 20 Meter weit in den Straßengraben. Ihr Fahrzeug wurde schwer beschädigt, und Alexandra starb noch am Unfallort. Ihre Mutter starb wenig später im Krankenhaus. Der auf der Rückbank schlafende sechsjährige Sohn Alexander wurde nur leicht verletzt. Alexandra wurde unter ihrem Künstlernamen auf dem Westfriedhof in München beigesetzt[7] (Grablage 101-A-81).

Die Unfallkreuzung in Tellingstedt existiert heute nicht mehr. Sie wurde baulich aufgehoben und die Straße wird seitdem etwa 100 Meter weiter westlich mittels einer Brücke über die B 203 geführt.

Nachwirkungen

Filme

Der Berliner Regisseur und Dramaturg Marc Boettcher veröffentlichte 1999 eine Biografie über Alexandra, in der er auch der angeblich ungeklärten Todesfrage nachging. Während seiner Recherchen wurde Boettcher angeblich mehrfach von Unbekannten bedroht. Im selben Jahr wurde sein Dokumentarfilm Alexandra – die Legende einer Sängerin ausgestrahlt. 2004 trat er mit neuen Rechercheergebnissen und der Ankündigung, das Todesermittlungsverfahren neu aufzurollen, an die Öffentlichkeit. Boettcher habe aus den Stasiunterlagen der Birthler-Behörde erfahren, dass Pierre Lafaire, der letzte Verlobte Alexandras, als US-amerikanischer Geheimagent tätig und trotz der Verlobung mit Alexandra bereits in Dänemark verheiratet gewesen sein soll.

Stücke über Alexandra

Im Juli 2011 hatte im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg die Revue Zigeunerjunge Premiere. In das Stück sind viele deutsche Schlager wie Alexandras namengebendes Lied eingearbeitet. Das Musical Kiel Alexandraplatz von Peter Schanz sollte am 26. November 2011 am Theater Kiel uraufgeführt werden, wurde aber aus dem Spielplan genommen und auf unbestimmt verschoben.[8] Am 15. Oktober 2011 fand die Premiere des Theaterstücks Alexandra von Michael Kunze im Berliner Schlosspark Theater statt. Die Hauptrolle spielt Jasmin Wagner.[9] In den Spielzeiten 2015 und 2016 wurde am Landestheater Eisenach ein Chanson-Schauspiel von Lars Wernecke mit dem Titel Illusionen – Alexandras Leben mit Jannike Schubert als Alexandra und Franz Fischer am Klavier aufgeführt.[10]

Gedenken

2003 wurde in Würzburg der Verein Alexandra-Freunde e. V. mit dem Ziel gegründet, ihr musikalisches Erbe zu bewahren. Neben der Grabpflege werden Veranstaltungen mit Livedarbietungen von Alexandra-Liedern durch Vereinssängerinnen durchgeführt. Unterstützt wird der Verein von Alexandras Sohn Alexander (Sascha) Nefedov-Skovitan und Verwandten der Sängerin. Alexandras Sohn war bis 2008 Leiter des Ural-Kosakenchores.

Alexandraplatz, Kiel-Ravensberg
Alexandrastieg, Hamburg-Rothenburgsort

2006 wurde im Hamburger Stadtteil Hamburg-Rothenburgsort, wo die Sängerin von 1961 bis 1969 gewohnt hatte, ein Weg nach ihr (Alexandra-Stieg) benannt. Im Eingangsbereich des Wohnhauses am Rothenburgsorter Marktplatz 5 wurde 2016 eine Gedenktafel enthüllt, die an die Sängerin erinnert.

2009 erhielt in der Nähe ihrer früheren Wohnung in Kiel das Areal zwischen Knooper Weg, Franckestraße und Olshausenstraße den Namen Alexandraplatz.[11] 2011 wurde in ihrem Geburtsort an einem Gebäude des Kindergartens Pusele, wo das Wohnhaus von Alexandras Familie stand, eine Bronzetafel mit Foto enthüllt.[12]

In Hamburg gibt es einen Verein Alexandra-Freunde e. V., der ein Archiv betreut.[13]

2010 wurde in den Universal-Bandarchiven das Lied Maskenball entdeckt, das ursprünglich als zweite Single vorgesehen war. Hans Blum, der das Lied geschrieben hatte, veröffentlichte es in einer remasterten Fassung, die danach häufig im MDR gespielt wurde.

Sonstiges

Alexandra verbrachte häufig Urlaubstage in Bad Sachsa, hier wurde sie durch den Kunstmaler und Graphiker Wilhelm Bobring zum Lied Mein Freund, der Baum inspiriert. Bobring war deutschlandweit bekannt als der Baum-Maler aus dem Harz.[14]

Diskografie

Studioalben

Jahr Titel Höchstplatzierung, Gesamtwochen, AuszeichnungChartsChartplatzierungenTemplate:Charttabelle/Wartung/ohne Quellen
(Jahr, Titel, Plat­zie­rungen, Wo­chen, Aus­zeich­nungen, Anmer­kungen)
Anmerkungen
 DE
1967 Premiere mit Alexandra DE20
(12 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 6. Juni 1967
1968 Alexandra
auch bekannt als: Träume…Illusionen…
DE19
(20 Wo.)DE
Erstveröffentlichung: 5. Dezember 1968
Verkäufe: + 12.000[15]

Fernsehauftritte

Auszeichnungen

Literatur

  • Marc Boettcher: Alexandra – die Legende einer Sängerin. Ihr Leben – ihre Lieder – ihr Tod. Parthas Verlag, 2004, ISBN 3-936324-10-7.
  • Gabi Russ, Eine Chanson-Hoffnung aus Gern, Neuhauser Werkstatt-Nachrichten, Heft 43, 2019, S. 66 ff.

Weblinks

Commons: Alexandra – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Doris Alexandra Treitz bei Genaelogy.net.
  2. Dainoras Lukas: Hamburgo gatvei – lietuvių kilmės atlikėjos vardas. In: Kauno Diena. 19. Mai 2007, abgerufen am 29. Dezember 2008 (litauisch).
  3. Gabi Russ, Eine Chanson-Hoffnung aus Gern, Neuhauser Werkstatt-Nachrichten, Heft 43, 2019, S. 66 ff.
  4. Dirk Jennert: Hommage an eine berühmt gewordene Mitstudentin. In: Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag. 15. Mai 2008, abgerufen am 29. Dezember 2008.
  5. Martin Böttcher: Die Stimme tief und rauchig, die Lieder melancholisch. In: Deutschlandfunk Kultur, 19. Mai 2012.
  6. Alexandra – Biografie bei Universal Music.
  7. Grabstelle auf dem Westfriedhof München auf knerger.de, abgerufen am 29. August 2018
  8. dpa: „Kiel Alexandraplatz“ erinnert an Schlagersängerin. Am 7. März 2011 auf: morgenpost.de.
  9. JasminWagner.de.
  10. ILLUSIONEN – ALEXANDRAS LEBEN, theater-eisenach.de, abgerufen am 27. Juni 2017
  11. Christoph Jürgensen: Alexandras Platz ist in Kiel (Memento vom 22. Mai 2009 im Internet Archive). Am 19. Mai 2009 auf: kn-online.de.
  12. Als der Diplomat zur Gitarre griff. (PDF; 3,7 MB) Gedenktafel der „Alexandra-Freunde“ am Geburtshaus der Sängerin in Heydekrug enthüllt. In: Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 38-11. 24. September 2011, S. 13, abgerufen am 3. Juni 2016.
  13. Alexandra Doris Nefedov. Die Stimme der Sehnsucht.
  14. www.Alexandra-Welt.de, abgerufen am 12. Mai 2021.
  15. Sven Kabelitz: laut.de-Kritik: Die Nick Cave des Schlagers. In: laut.de. Abgerufen am 27. Februar 2021.
  16. a b Kalender 68. In: alexandra-welt.de. Abgerufen am 27. Februar 2021.