Alfred Günther (Aktivist)

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Alfred Peter Günther (* 16. Dezember 1894 in Elberfeld; † nach 1923) war ein deutscher politischer Aktivist. Er wurde vor allem bekannt durch seine Verwicklung in rechtsradikale terroristische Aktionen in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, wie das Attentat auf den ehemaligen Reichskanzler Philipp Scheidemann im Jahr 1922.

Leben und Tätigkeit

Frühe Jahre und Erster Weltkrieg

Günther war ein Sohn des Fabrikanten August Günther und seiner Ehefrau Laura, geb. Nordmeier. In seiner Kindheit besuchte Günther die Vorschule des Realgymnasiums und das Realgymnasium in Elberfeld. 1910 verließ er die Schule und begann eine kaufmännische Lehre in einem Exportgeschäft.

Am 2. August 1914 trat Günther anlässlich des Beginns des Ersten Weltkriegs als Kriegsfreiwilliger in die preußische Armee ein, in der er dem Infanterie-Regiment Nr. 135 in Diedenhofen zugeteilt wurde. Im September 1914 kam er mit diesem Regiment an die Westfront. Im Dezember 1915 wurde Günther zum Leutnant der Infanterie befördert und zum Infanterie-Regiment Nr. 13 versetzt. Im Krieg wurde er sechsmal verletzt, um schließlich am 24. September 1917 in französische Gefangenschaft zu gelangen.

Im Oktober 1919 wurde Günther aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes aus der Gefangenschaft entlassen und kehrte nach Deutschland zurück. Er verblieb bis zum April 1920 in einem Reservelazarett in Elberfeld. Anschließend trat er in das Geschäft seines Vaters ein.

Politisch-terroristische Tätigkeit in den frühen 1920er Jahren

Anlässlich der deutsch-polnischen Grenzkämpfe während des sogenannten 3. Oberschlesischen Aufstandes im Jahr 1921 reiste Günther als Angehöriger der Elberfelder Jugendgruppe des Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbundes zusammen mit rund vierzig weiteren Angehörigen dieser Gruppe (darunter Hans Hustert und Karl Kaufmann) nach Oberschlesien. Dort wurden diese in die Sturmkompanie ("Sturmkompanie Koppe") des Bataillons Graf Bethusy-Huc eingereiht, mit der sie an den dortigen Kämpfen teilnahmen. Günther lernte in Oberschlesien Manfred von Killinger kennen, durch den er und andere Mitglieder der Elberfelder Gruppe in Kontakt mit der rechtsradikalen Geheimorganisation Organisation Consul kamen, um schließlich selbst Aktivisten dieser Organisation zu werden.

Nach seiner Rückkehr nach Elberfeld arbeitete Günther erneut im Geschäft seines Vaters. Zudem war er Vorsitzender der aktiven Jugendgruppe DVSTB in Elberfeld und heimlicher Leiter der O.C. in Elberfeld, deren Aktivitäten in diesem Gebiet er koordinierte. Anfang 1922 soll Günther zudem die Absicht gehabt haben, in Elberfeld eine Ortsgruppe der NSDAP zu gründen.[1] Nach dem Urteil von Bernhard Sauer spielte er zu dieser Zeit "eine wichtige Rolle [...] in der rechtsradikalen Szene".[2]

In Oberschlesien hatte Günther den Leutnant a. D. und Landwirt Karl Oehlschläger (* 1893) kennengelernt, der nach dem Ende der dortigen Kämpfe mit ihm nach Elberfeld ging. Auf Vermittlung von Günther fand Oehlschläger eine Stellung als Sicherheitsbeamter in Elberfeld.

Im Frühjahr 1922 bereitete Günther einen Plan zur Befreiung von Manfred Killinger, der aufgrund seiner Verwicklung in die Ermordung des Reichsfinanzministers Mathias Erzberger in Offenburg in Untersuchungshaft saß, aus der Haft vor. An diesem Plan waren auch Hustert und Oehlschläger beteiligt.

Zur selben Zeit bereiteten Oehlschläger und Hustert ein Attentat auf den ehemaligen Reichskanzler Philipp Scheidemann vor, der zu dieser Zeit als Oberbürgermeister von Kassel amtierte. Das schließlich am 4. Juni 1922 während eines Waldspaziergangs auf Scheidemann unternommene Attentat scheiterte schließlich, da dieser lebensgefährlich verletzt überlebte. Oehlschläger und Hustert wurden im August 1922 auf einem oberschlesischen Waldgut gefasst.

Günther, der im Verdacht stand, der Anstifter des Attentats gewesen zu sein, wurde polizeilich vernommen und kurzzeitig in Haft genommen. Am 7. Juli 1922 wurde er schließlich wieder freigelassen. Um sich der Gefahr einer erneuten Inhaftnahme zu entziehen, verließ er Elberfeld am 8. Juli und setzte sich heimlich nach Bayern ab. Der Untersuchungsrichter beim Staatsgerichtshof zum Schutze der Republik erließ zu dieser Zeit Haftbefehl gegen ihn. In Bayern hielt Günther sich in den folgenden Monaten im Verborgenen in wechselnden Quartieren an verschiedenen Orten auf. Seit Januar 1923 lebte er unter dem Decknamen Hellmann in München.

Am 24. Februar 1923 wurde Günther wegen des Verdachtes, am Sturm auf das Hotel Grünwald beteiligt gewesen zu sein, in München verhaftet, im nachfolgenden Prozess aber nicht angeklagt.[3]

Literatur

  • Deutsches Fahndungsblatt Stück 7166, lfd. Nr. 49.
  • Wolfgang Frenz: Die Strasse frei--Elberfeld, das Mekka des nationalen Sozialismus : ein Beitrag zur Frühgeschichte der NSDAP, 2008.
  • Bernhard Sauer: Schwarze Reichswehr und Fememorde. Eine Milieustudie zum Rechtsradikalismus in der Weimarer Republik (= Zentrum für Antisemitismusforschung der Technischen Universität Berlin – Dokumente Texte, Materialien – Bd. 50), Metropol Verlag, Berlin 2004.
  • Ders.: "Freikorps und Antisemitismus in der Frühzeit der Weimarer Republik", In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 56. Jg. (2008) Heft 1, S. 5–29.
  • Martin Sabrow: Der Rathenaumord: Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Weimarer Republik, 2010.

Einzelnachweise

  1. Frenz: Elberfeld, S. 135.
  2. Sauer: Antisemitismus, S. 22.
  3. Staatsarchiv München: Polizeidirektion München 6704, Vorgang 128.