Alfred von Montenuovo

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Alfred von Montenuovo in Galauniform für Hofchargen, 1902
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Palais Montenuovo Wien Löwelstraße 6
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sein Landsitz Schloss Margarethen am Moos in Niederösterreich
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Mausoleum Batthyány-Montenuovo in Bóly
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Wappen der Fürsten von Montenuovo

Alfred Fürst von Montenuovo (* 16. September 1854 in Wien; † 6. September 1927 ebenda), der zweite Fürst aus der mit dem Kaiserhaus morganatisch verwandten Familie Montenuovo, war von 1909 bis 1917 Obersthofmeister der österreichischen Kaiser Franz Joseph I. und Karl I.

Leben

Alfred von Montenuovos Vater war Wilhelm Albrecht von Montenuovo, geborener Neipperg (historische Schreibung für Neuberg), dann Graf Montenuovo (Neuberg auf Italienisch), 1864 von seinem Cousin Franz Joseph I. in den erblichen Fürstenstand erhoben. Der Vater stammte aus der morganatischen Ehe von Erzherzogin Marie-Louise von Österreich, der Witwe des französischen Kaiser Napoleons I. Bonaparte, mit Adam Albert von Neipperg, Angehöriger der fränkisch-schwäbischen Grafen von Neipperg. Alfred von Montenuovos Mutter war Juliana Johanna Marie Stephanie geborene Gräfin Batthyány-Strattmann (* 10. Juni 1827; † 19. November 1871), die seinen Vater am 18. Mai 1850 in Wien heiratete.

Montenuovo studierte an den Universitäten Heidelberg und Bonn Rechts- und Geschichtswissenschaften.

Alfred von Montenuovo nahm 1878 als Ordonnanzoffizier an der Besetzung Bosniens durch österreichisch-ungarische Truppen teil. 1896/97 wurde er Obersthofmeister des Erzherzogs Otto, des jüngeren Bruders von Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand von Österreich-Este. In dieser Funktion versuchte er vergeblich, die Thronfolgeregelung für Franz Ferdinand, der vorübergehend schwer erkrankte, zugunsten von Otto zu hintertreiben.

1898 wurde er von Franz Joseph I. zum Zweiten Obersthofmeister neben Fürst Rudolf von Liechtenstein ernannt. Aufgrund der krankheitsbedingten Ausfälle Liechtensteins übernahm Montenuovo zumeist dessen Aufgaben und war so de facto bereits damals Erster Obersthofmeister.

Dem Nachruf in der Wiener Zeitung[1] zufolge war Montenuovo für wichtige Bauvorhaben des Hofes verantwortlich, so unter anderem für die Adaptierung von Schloss Schönbrunn zur ganzjährigen Benützbarkeit (Franz Joseph I. verbrachte in seinen letzten Lebensjahren auch die Winter dort) und für den Bau des k.k. Hofmobiliendepots an der Mariahilfer Straße in Wien, das als Möbelmuseum Wien bis heute besteht.

Nach Liechtensteins Tod Ende 1908 ließ ihn der nun schon fast 80-jährige Kaiser 1909 zum Ersten Obersthofmeister aufrücken. Unter Montenuovos Regie wurden bei den Hofbehörden aus Kostengründen verschiedene administrative Reformen durchgesetzt, Sanierungen und Modernisierungen von Wohnsitzen und Verwaltungsgebäuden durchgeführt. Seine persönlichen Interessen galten seinem Landsitz Schloss Margarethen am Moos in Niederösterreich, der Blumenzucht und den Hoftheatern; er protegierte Gustav Mahler als Direktor der Hofoper.

Montenuovo war persönlicher Gegner von Erzherzog-Thronfolger Franz Ferdinand; dem Montenuovo-Nachruf in der Wiener Tageszeitung Neue Freie Presse[2] zufolge sei dies das einzige Thema gewesen, bei dem er seine Zunge nicht im Zaum halten konnte.

Die Gegnerschaft wurde bei der Bestattung des Thronfolgers und seiner Ehefrau Sophie Herzogin von Hohenberg nach dem Attentat von Sarajewo am 28. Juni 1914 in aufsehenerregender Weise sichtbar. Die Särge Franz Ferdinands und Sophies wurden nach der Überführung aus Bosnien in der Kapelle der Wiener Hofburg für lediglich zwei Stunden aufgebahrt. Den Sarg Sophies ließ Montenuovo eine Stufe tiefer stellen als den des Erzherzog-Thronfolgers, um den Rangunterschied beider auch nach ihrem Tod zu betonen. Auf dem Samtkissen vor dem Sarg Sophies lagen (symbolhaft für Hofdamen) ein schwarzer Fächer und ein Paar weiße Handschuhe, keiner ihrer Orden und sonstigen Ehrenzeichen. Vor dem Sarg des Erzherzogs lagen die Embleme seines Rangs, Erzherzogshut, Generalshut, Säbel und Orden. Nach Einbruch der Dunkelheit erfolgte die Überführung nach Schloss Artstetten in Niederösterreich ohne militärisches Geleit oder Trauerparade durch die Wiener städtische Bestattung; die Bevölkerung nahm dennoch Anteil.[3]

In der Wiener Öffentlichkeit war Obersthofmeister Fürst Montenuovo unpopulär. Ihm wurde großer Einfluss auf Kaiser Franz Joseph in dessen letzten Lebensjahren zugeschrieben. Im Februar 1917, drei Monate nach Franz Josephs Tod, wurde Montenuovo von Kaiser Karl I. zugunsten von Konrad zu Hohenlohe-Schillingsfürst aus dem Hofdienst entlassen.

Montenuovo erhielt von Kaiser Franz Joseph I. zahlreiche Auszeichnungen und Beförderungen. 1896 wurde er Geheimer Rat, 1900 Inhaber des Ordens vom Goldenen Vlies (des Hausordens der Dynastie) und 1908 erhielt er das Großkreuz des St. Stephansordens.

Familie

Montenuovo war seit 1879 mit Franziska Gräfin Kinsky verheiratet. Der Ehe entstammten vier Kinder.

Seit April 1919 (Adelsaufhebungsgesetz) war sein amtlicher Name schlicht Alfred Montenuovo. Er starb in seinem Wiener Palais Montenuovo in der Löwelstraße 6 im Stadtzentrum an einem Herzschlag. Sein Leichnam wurde nach Ungarn überführt und in der Familiengruft der Batthyany und Montenuovo in Bóly beigesetzt.

  1. Juliana von Montenuovo (1880 Schloss Margarethen am Moos in Niederösterreich–1961 München) ∞ I. Ehe Wien 1903 Dionys Maria Graf Draskovich von Trakostjan (1875–1909) und hatte 1 Tochter, ∞ II. Ehe 1914 Karl Fürst zu Oettingen-Oettingen und Oettingen-Wallerstein (1877–1930)
    1. Marita bzw. Maria Gräfin Drašković von Trakošćan (1904 Wien-1969 Bad Kreuth) verheiratet mit Albrecht Herzog von Bayern (1905 München–1996 Schloss Berg bei Starnberg)
  2. Alfred Ferdinand von Montenuovo (1888 Schloss Margarethen am Moos in Niederösterreich – 1951 Szob (Ungarn), privat 3. und letzter Fürst von Montenuovo) ∞ Ilona Solymosi de Loós und hatte folgende Kinder:
    1. Julia von Montenuovo (1930 Budapest – 2003 Wien), Miterbin des Schlosses Margarethen am Moos in Niederösterreich ∞ seit 11. Mai 1950 mit dem 26 Jahre älteren Dr. Gyula Máthé (1904 in Törökkanizsa/heute Novi Kneževac im Banat Vojvodina, Serbien † 1976 Wien)
    2. Marie-Julie von Montenuovo (1931 Budapest –?) ∞ Robert Reithauser (1919 Budapest – 1989 Eisenstadt)
    3. Franziska von Montenuovo (1934 Budapest –1987) Miterbin des Schlosses Margarethen am Moos in Niederösterreich ∞ Egon Nezsényi (1914 Mezőhegyes – N.N.)
  3. Franziska von Montenuovo (1893 Schloss Margarethen am Moos in Niederösterreich–1972 Wels, bestattet in Kirchberg bei Kremsmünster) ∞ Leopold Prinz von Lobkowicz (1888 Wien – 1933 Kirchberg bei Kremsmünster) und hatte 4 Töchter
    1. Maria Julia Prinzessin von Lobkowicz * 25. Februar 1919
    2. Amalie Prinzessin von Lobkowicz * 1921
    3. Leopoldine Prinzessin von Lobkowicz * 14. November 1926
    4. Rosa Prinzessin von Lobkowicz * 1929
  4. Marie Felizia von Montenuovo (1881 Schloss Margarethen am Moos in Niederösterreich-1954 Tegernsee) ∞ Franz Maria Graf von Ledebur-Wicheln (1877 Schloss Křemýž in Ohníč (deutsch Wohontsch) (Böhmen)-1954 Schloss Wallerstein)
    1. Franziska von Ledebur-Wicheln (1912–2000)
    2. Johann von Ledebur-Wicheln (1916–1945)

Vorfahren

 
 
 
 
 
Leopold Graf von Neipperg
 
 
 
 
Adam Albert Graf von Neipperg
 
 
 
 
 
Marie Wilhelmine Gräfin von Hatzfeldt-Wildenburg
 
 
 
Wilhelm Albrecht Fürst von Montenuovo
 
 
 
 
 
 
Franz II. Kaiser von Österreich
 
 
 
Maria Louise Erzherzogin von Österreich
 
 
 
 
 
Maria Theresia Prinzessin von Neapel-Sizilien
 
 
 
Alfred Fürst von Montenuovo
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ludwig Ernst Fürst Batthyány-Strattmann
 
 
 
Johann Baptist Graf Batthyány-Strattmann
 
 
 
 
 
Maria Elisabeth Gräfin von Pergen
 
 
 
Juliana Johanna Maria Gräfin Batthyány-Strattmann
 
 
 
 
 
 
 
 
Karl Graf Esterházy de Galántha
 
 
 
Maria Theresia Gräfin Esterházy de Galántha
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Elisabeth Gräfin Festetics de Tolna
 
 

Rezeption

Karl Kraus befasste sich in seiner ab 1915 entstandenen und ab 1918 publizierten Tragödie Die letzten Tage der Menschheit in der 3. bis 9. Szene des Vorspiels mit Montenuovos Büroleiter Hofrat Nepalleck in der Situation unmittelbar nach der Ermordung von Thronfolger Franz Ferdinand und ließ in der 6. und 7. Szene Montenuovo selbst kurz auftreten. Der Fürst vertreibt einen vorsprechenden Kammerdiener des Thronfolgers mit den Worten Sie, schaun Sie, dass Sie weiter kommen! Hier findet keiner von euch einen Posten, verduften, gschwind! und weist seinen Büroleiter kurz an: Daß mir keine von den Belvedere-Visagen hier unterkommt! (Das Schloss Belvedere war Franz Ferdinands Wohnsitz und Arbeitsort.)[4]

Die Erinnerung an Montenuovo in den folgenden Generationen wurde beeinflusst durch eine Porträtierung in Max Ophüls' 1939 entstandenem Liebesfilm Von Mayerling nach Sarajevo, der das Leben von Franz Ferdinand und Sophie nachzeichnet. Hier erscheint Montenuovo, gespielt von Aimé Clariond, als Intrigant, der dem fortschrittlichen Thronfolger, gegen den er aus reaktionärer Verbohrtheit und sonstiger Aversion persönlichen Groll hegt, mit allerlei Ränken nachstellt und versucht, dessen Liebesglück zu zerstören.

Einzelnachweise

  1. Todesnachrichten: Alfred Montenuovo. In: Wiener Zeitung, 8. September 1927, S. 6 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  2. Der ehemalige Obersthofmeister (Fürst) Montenuovo. In: Neue Freie Presse, 8. September 1927, S. 7 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/nfp
  3. Viktoria Luise von Preußen: Im Strom der Zeit. Neuausgabe 1985, Langen Müller Verlag, München/Wien, ISBN 3-7844-2025-7, S. 65; Friedrich Weissensteiner: Franz Ferdinand – Der verhinderte Herrscher. Kapitel Die Schüsse von Sarajewo. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1983, ISBN 3-215-04828-0.
  4. Karl Kraus: Die letzten Tage der Menschheit. Tragödie in fünf Akten mit Vorspiel und Epilog, Verlag „Die Fackel“, Wien 1919, S. 16 ff.

Literatur