Aloys zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Aloys Fürst zu Löwenstein, 1912
Aloys zu Löwenstein auf einer antikommunistischen Kundgebung im Berliner Sportpalast (1930)

Aloys Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (* 15. September 1871 in Kleinheubach (Unterfranken); † 25. Januar 1952 in Bronnbach) war Mitglied und ab 1908 Chef des süddeutschen Adelsgeschlechts Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Zentrumspolitiker und von 1920 bis 1948 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken.

Abstammung

Das Adelsgeschlecht derer zu Löwenstein geht zurück auf den Wittelsbacher Friedrich I., den Siegreichen, Kurfürst von der Pfalz (1425–1476) und dessen Sohn Ludwig. Aloys stammt aus der Ehe von Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1834–1921) und seiner zweiten Ehefrau Sophie von und zu Liechtenstein (1837–1899), einer Tochter von Alois II. von und zu Liechtenstein. Er war der ältere von zwei Brüdern.

Leben

Nach seiner Gymnasialzeit am Jesuitenkolleg in Feldkirch absolvierte er ein Jurastudium in Prag (1889) und Freiburg in der Schweiz (seit 1890, 1895 Dr. iur. utr.)

Von Jugend auf mit dem väterlichen Einsatz für die katholische Laienbewegung vertraut, übernahm Prinz Aloys nach seiner Studienzeit und einer Englandreise zunächst seiner Rolle als in vier Staaten begüterter Standesherr gemäße Aufgaben und wurde Mitglied der Ersten Kammern in Württemberg (1895), Hessen-Darmstadt (1897), Bayern (1909) und Baden (1910). 1908, noch zu Lebzeiten seines Vaters, übernahm Aloys den Fürstentitel und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten eines Standesherrn.[1]

1907 wurde er als Abgeordneter des Zentrums für den Wahlkreis Trier I in den Reichstag gewählt, dem er bis zum Ende der Monarchie angehörte. Als Abgeordneter befasste er sich vornehmlich mit außenpolitischen Fragen.[2] Einer diplomatischen Karriere, die ihm aufgrund seiner Vorbildung und Zugehörigkeit zum europäischen Hochadel offengestanden hätte, trat er jedoch nicht näher. An sich blieb ihm das Parlamentarische eher fremd. Seine politischen Funktionen im Reichstag und seine Stellung als Reichsrat der Krone Bayerns betrachtete er als einen Dienst am Staat, den er im Einklang mit den Zielen der katholischen Kirche und durch deren Verteidigung zu leisten suchte.

Obwohl er sich 1914 gleich als Kriegsfreiwilliger zur Verfügung stellte, versuchte er mäßigend in die Kriegszieldiskussion einzugreifen, nachdem er schon vor 1914 die deutsche Außenpolitik als zu machtorientiert kritisiert hatte. Seit 1898, als er sich in der Nachfolge seines Vaters Karl Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg der katholischen Laienbewegung zugewandt und dem Katholikentag in Neisse als Vizepräsident gedient hatte, war er Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholikentage; den Straßburger Tag 1905 leitete er erstmals selbst, auf diese Weise die Einbindung der Katholiken Elsaß-Lothringens ins Reich fördernd.

Ein Schwerpunkt seines Interesses lag in der „Heidenmission“, zu deren Belebung das Internationale Institut für missionswissenschaftliche Forschungen in Münster 1911 errichtet wurde; dessen Präsident war Aloys Fürst zu Löwenstein bis 1948. Zu diesem Zweck förderte er die Gründung von Zeitschriften. Nach 1918 galt sein Bemühen der Sammlung des Katholizismus auf religiöser Grundlage.

Aloys zu Löwenstein war seit 1920 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken. Er hielt die Politik der damaligen Zeit aus der katholischen Laienarbeit weitgehend heraus. Seinem patriarchalischen Gesellschaftsverständnis entsprach ein aus religiöser Überzeugung kommendes Laienapostolat unter seinen adligen Standesgenossen.

Die Machtergreifung Adolf Hitlers 1933 machte die Weiterarbeit des Zentralkomitees unmöglich. Am 1933 für Wien geplanten Allgemeinen Deutschen Katholikentag konnten Teilnehmer aus Deutschland wegen Behinderungen bei der Ausreise nur eingeschränkt teilnehmen. Für den von Gleiwitz 1934 geplanten Deutschen Katholikentag verlangte Hermann Göring als preußischer Ministerpräsident einen Treueid auf das Dritte Reich, den Aloys zu Löwenstein verweigerte und auch den Katholikentag absagte. Erst 1948 konnte wieder ein Katholikentag, der letzte unter Aloys zu Löwensteins Leitung, stattfinden. Er übertrug die Präsidentschaft an seinen Sohn, Karl Friedrich.

Familie

Portrait (Fotografie) aus dem Jahr 1897 der Josephine Gräfin Kinsky, spätere Fürstin Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, von Henry van der Weyde in der National Portrait Gallery, London

Aloys zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg heiratete am 27. September 1898 Josephine Kinsky Gräfin von Wchinitz und Tettau (1874–1946). Aus der Ehe gingen neun Kinder hervor:

  • Marie Sophie zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1900–1982)
  • Marie Agnes zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1902–1991)
  • Karl zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1904–1990)
  • Maria Monika zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1905–1992)
  • Felix zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg S.J. (1907–1986)
  • Maria Theresia zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1909–2000)
  • Franz zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg S.J. (1909–1990)
  • Maria Anna zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1914–2000)
  • Johannes zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1919–2000)

Einzelnachweise

  1. Frank Raberg: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815–1933. Im Auftrag der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg. Kohlhammer, Stuttgart 2001, ISBN 3-17-016604-2, S. 524.
  2. Etwa in seiner Rede vom 15. Mai 1914 zur außenpolitischen Lage am Vorabend des Ersten Weltkrieges.

Literatur

  • Karl Buchheim: Ultramontanismus und Demokratie: Der Weg der deutschen Katholiken im 19. Jahrhundert. München: Kösel-Verlag 1963.
  • Andreas Dornheim: Kriegsfreiwilliger, aber Annexionsgegner: Alois Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg und seine „Kriegsbriefe“. In: Gerhard Hirschfeld (Hrsg.): Kriegserfahrungen: Studien zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte des Ersten Weltkriegs. Essen: Klartext-Verlag 1997, S. 170–188. (Digitalisat)
  • Hermann Ehmer: Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Alois Fürst zu. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 15, Duncker & Humblot, Berlin 1987, ISBN 3-428-00196-6, S. 100 (Digitalisat).
  • Martine Heine: Alois Fürst zu Löwenstein-Wertheim-Rosenberg (1871–1952). Eine führende Persönlichkeit im katholischen Leben Deutschlands. In: Landesarchiv Baden-Württemberg. Archivnachrichten, Nr. 37, September 2008, S. 12–13 (online).
  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 246.
  • Klaus-Dieter Rack, Bernd Vielsmeier: Hessische Abgeordnete 1820–1933. Biografische Nachweise für die Erste und Zweite Kammer der Landstände des Großherzogtums Hessen 1820–1918 und den Landtag des Volksstaats Hessen 1919–1933 (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 19 = Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission. NF Bd. 29). Hessische Historische Kommission, Darmstadt 2008, ISBN 978-3-88443-052-1, Nr. 546.
  • Marie-Emmanuelle Reytier: Die Fürsten Löwenstein an der Spitze der deutschen Katholikentage: Aufstieg und Untergang einer Dynastie (1868–1968). In: Günther Schulz und Markus A. Denzel (Hrsg.): Deutscher Adel im 19. und 20. Jahrhundert. Büdinger Forschungen zur Sozialgeschichte 2002 und 2003, ISBN 3-89590-145-8.
  • Volker Rödel: Löwenstein-Wertheim-Rosenberg, Alois Fürst zu. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Bautz, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 177–178.

Weblinks

VorgängerAmtNachfolger
Karl HeinrichChef des Hauses Löwenstein-Wertheim-Rosenberg
1908–1952
Karl Friedrich