Alter Friedhof (Flensburg)

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Alter Friedhof (2011)

Als Alter Friedhof (dänisch Den Gamle Kirkegaard) bezeichnet man den ältesten erhaltenen Friedhof der Stadt Flensburg, der gleichzeitig als einer der ältesten kommunalen Begräbnisplätze in ganz Nordeuropa gilt. Der Alte Friedhof gehört zum städtischen Museumskomplex.

Geschichte

Da die hygienischen Zustände an vielen Begräbnisplätzen in den Städten, die meist im dicht bebauten Gebiet um die Kirchen herum lagen, zu Beginn des 19. Jahrhunderts immer schlechter wurden, ordnete die Regierung der dänischen Monarchie 1807 die Anlage neuer Friedhöfe außerhalb der Städte an. Flensburg kam diesem Gesetz als erste Stadt nach, als man ein langgestrecktes stadtnahes Grundstück auf der Westlichen Höhe auf dem Stadtfeld erwarb.

1810 wurde mit den Bauarbeiten unter der Gesamtleitung des Architekten Axel Bundsen begonnen. Am nördlichen Ende entstand die Friedhofskapelle, ein Hauptwerk des Klassizismus in der Region, entworfen von Axel Bundsen. Die gärtnerischen Anlagen wurden von Vollert Heinrich Munderloh (1786–1872) geschaffen, der anschließend bis an sein Lebensende Aufseher über den Friedhof war. Der Friedhof wurde am 25. Juni 1813 eingeweiht.[1] Der Friedhof besaß auch Elemente eines Landschaftsparks und sollte ausdrücklich auch für Spaziergänger gedacht sein. Seine Grundfläche hat die Form eines langgestreckten Tropfens. Hierzu wurde der Architekt wohl durch einen antiken menschenförmigen Sarkophag aus der Zeit um 400 v. Chr. inspiriert, der sich in der „Mumiengrotte“ in Stuhrs Landschaftsgarten befand. Analog hierzu war der Friedhof auch von einer Zyklopenmauer nach antiken Vorbildern eingefasst.[2]

In den 1920er oder 1930er Jahren entstand so auch die Sphinx die das Grabmal der Eheleute Görrissen bewacht, dass sich damit in seiner Gestaltung von den anderen Gräbern heraushebt.

Grabhügel mit 51 Steinen und Idstedt-Löwe (2011)

Bis 1873 blieb der Alte Friedhof der einzige in der nun stark wachsenden Stadt. In jenem Jahr wurde etwas weiter westlich der zunächst so genannte Neue Friedhof eröffnet, kurz vor der Jahrhundertwende folgte der noch ausgedehntere Friedhof am Friedenshügel, die ihrerseits heute bedeutende Flächendenkmäler sind. 1909 beschloss die Stadt die Auflassung des historischen Begräbnisplatzes. Dies wurde jedoch allein durch die Besitzer der zahlreichen Erbbegräbnisse verhindert. Die meisten anderen älteren Grabdenkmäler wurden jedoch zu dieser Zeit zerstört. Beisetzungen fanden auf dem Alten Friedhof seither nur noch in Ausnahmefällen statt. Im April 1953 wurde der Alte Friedhof dann endgültig aufgelassen.[3]

Insgesamt fanden auf dem Alten Friedhof wohl um die 25.000 Beisetzungen statt, heute sind ca. 500 Grabstätten erhalten.[4]

Heute steht das Denkmalsensemble aus Kapelle, erhaltenen Grabmälern und der Parkanlage unter Denkmalschutz. Im südlichen, von Gräbern 1909 fast freigeräumten Teil erhebt sich seit 2011 wieder der Idstedt-Löwe in Erinnerung an die Schlacht von Idstedt in Schleswig-Holsteinischen Erhebung am 25. Juli 1850 und an die heute überwundenen deutsch-dänischen Gegensätze jener Zeit.

Bedeutsame Gräber

  • Grabmal von Maria Margaretha Christansen, 1813 das erste Grabmal auf dem Friedhof: eine Sandsteinsäule, die von einer ägyptischen Canope bekrönt ist.
  • Grabstätte des Zollverwalters Franz Christoph von Bülow (1757–1835), besteht heute nur noch aus einer leeren Grotte, in der früher eine von Johannes Wiedewelt geschaffene Marmorfigur einer trauernden Frau stand.
  • Grabstätte der Familie des Flensburger Kaufmanns und Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Funke, bestehend aus zwei gusseisernen Kreuzen, einem Felsen und einem klassizistischen Pfeilergrag. Das größere Kreuz ist verziert mit dem Haupt Christi mit dem Dornenkranz, einem Werk des Berliner Bildhauers Christian Friedrich Tieck.
  • Grabmal der Kaufmannsfamilie Görrissen: zweifach gestufter Sandsteinblock mit Sphinx, wahrscheinlich geschaffen von Christian Daniel Rauch. Die Sphinx trägt wahrscheinlich die Gesichtszüge von Helena Maria Mommsen, geb. Görrissen († 1820).
  • Grab von Gottfried Johan Nerong (* 1765 in Sønderborg; † 1838 in Flensburg), der als Kaufmann, Hospitalvorsteher, Stadtverordneter sowie königlich dänischer Agent und Senator tätig war.[5][6]
  • Grabmal des dänischen Etatsrats Christian Paulsen, entworfen vom dänischen Architekten Laurits Albert Winstrup.
  • Gusseiserne Grabmäler, geschaffen in der Königlichen Eisengießerei in Berlin, direkt zurückgehend auf Entwürfe von Karl Friedrich Schinkel:
    • Grabmal des Kaufmanns Andreas Christiansen (1780–1831): neogotisches gusseisernes Tabernakelgrabmal.
    • Grabmal für Jacob Petersen Schmidt († 1823): kleiner, gusseiserner Rundtempel auf einem hohen runden Sockel.
    • Grabmal von Botilla und Asmus Andersen (um 1821/1826): Grabmal in der antikisierenden Form eins Cippus mit Aufsatz.
    • Grabmal für den Färber Nicolay Jensen: Gusseiserner Cippus mit Palmettenakroterien in der Mitte und in den Ecken der Giebel, darunter ein umlafender Palmettenfries.
    • Grabkreuz für Emil Thomsen (1830)
    • Grabkreuz für H. P. Johansen (1838)

Literatur

  • Klaus Ove Kahrmann, Ulrich Schulte-Wülwer: Flensburg um die Jahrhundertwende und heute. Boyens. Heide 1984, ISBN 3-8042-0331-0.
  • Thomas Messerschmidt: Christiansenpark und Alter Friedhof in Flensburg: bürgerliche Gartenkunst und kommunale Friedhofskultur im frühen 19. Jahrhundert. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 1997 (Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte; 50), ISBN 3-925856-29-3.
  • Thomas Messerschmidt / Broder Schwensen (Hrsg.): „Ein schöner Garten Gottes“. 200 Jahre Alter Friedhof in Flensburg. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2013 (Große Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte; 77), ISBN 978-3-925856-72-3.
  • Ludwig Rohling u. a.: Kunstdenkmäler der Stadt Flensburg. Deutscher Kunstverlag, München 1955 (Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein; 7).
  • Lutz Wilde u. a.: Denkmaltopographie Schleswig-Holstein Band 2: Stadt Flensburg. Wachholtz, Neumünster 2001, ISBN 3-529-02521-6.

Weblinks

Commons: Alter Friedhof (Flensburg) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Alter Friedhof auf der Webpräsenz der Flensburger Friedhöfe – Anstalt des öffentlichen Rechts

Einzelnachweise

  1. Schriften der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte (Hrsg.): Flensburg in Geschichte und Gegenwart. Flensburg 1972, Seite 400
  2. Thomas Messerschmidt / Broder Schwensen (Hrsg.): "Ein schöner Garten Gottes". 200 Jahre Alter Friedhof in Flensburg. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2013 (Große Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte; 77), ISBN 978-3-925856-72-3, S. 28f.
  3. Thomas Messerschmidt / Broder Schwensen (Hrsg.): "Ein schöner Garten Gottes". 200 Jahre Alter Friedhof in Flensburg. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2013 (Große Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte; 77), ISBN 978-3-925856-72-3, S. 43.
  4. Thomas Messerschmidt / Broder Schwensen (Hrsg.): "Ein schöner Garten Gottes". 200 Jahre Alter Friedhof in Flensburg. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2013 (Große Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte; 77), ISBN 978-3-925856-72-3, S. 55.
  5. Museen Nord, Bildnis Gottfried Johann Nerong, abgerufen am: 8. März 2015
  6. Niels Nikolaus Falck: Neues staatsbürgerliches Magazin mit besonderer Rücksicht auf die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Band 2, Seite 653, abgerufen am: 8. März 2015

Koordinaten: 54° 47′ 9,1″ N, 9° 25′ 46″ O