Aman
Aman (אמ״ן) ist das hebräische Akronym für die Direktorat für militärische Aufklärung (Agaf ha-Modi'in - אגף המודיעין) ist der Nachrichtendienst der Israelischen Streitkräfte (Tzahal). Der Dienst mit Sitz Tel Aviv-Jaffa wurde 1948 aufgestellt. Kommandeur des Dienstes ist der IDF-Generalmajor Aharon Haliva.
Auftrag
Der Aman ist ein unabhängiger Nachrichtendienst zur Erkenntnisgewinnung über die militärischen Fähigkeiten anderer Staaten, vor allem aber der arabischen Nachbarländer. Er ist dem israelischen Heer, der Marine und der Luftwaffe gleichgestellt.
Er erstellt umfassende Sicherheitsanalysen für den Premierminister und die Knesset, er beobachtet potenzielle Feinde Israels, schätzt die Risiken von Krisen und Konflikten ein und nutzt dazu auch eigene Agenten in anderen Staaten.
Die Armee unterhält für Aufklärungszwecke einen eigenen Dienst, das Nachrichtenkorps (חיל המודיעין) oder Haman. Dieses wurde während des Jom-Kippur-Krieges aus dem Aman ausgegliedert, befindet sich jedoch weiter in dessen Zuständigkeit. Daneben besitzt die Armee seit 2000 auch noch den Modash (מוד״ש) oder das Feldnachrichten-Korps, welches jedoch direkt dem Armeehauptquartier untersteht.
Die Aufgaben des Aman bestehen laut dem „Lexicon of National Security“ 1976 in der:
- nachrichtendienstlichen Bewertung von Sicherheitsstrategien, militärischen Plänen und Sicherheitslagen und in der Weitergabe von nachrichtendienstlichen Informationen an die Armee und die Gremien der Regierung:
- Sicherung des Generalstabes,
- Sicherung militärischer Zensur,
- Führung und Koordination der Nachrichten sammelnden Dienste,
- Erstellung von Kartenmaterial und Bereitstellung und Weitergabe von Informationen zur Erstellung von Karten,
- Entwicklung spezieller Technik für nachrichtendienstliche Arbeit,
- Entwicklung der Nachrichtendienst-Doktrin,
- Leitung der israelischen Militärattachés im Ausland.
Organisation
Die Personalstärke des Dienstes wird auf ca. 7000 hauptamtliche Mitarbeiter geschätzt (Stand 1996). Zum Aman gehören auch kleinere Marine- und Luftwaffennachrichtendienst-Einheiten, die teilautonom handeln. So dienen die Luftwaffennachrichteneinheiten vor allem zur Luftaufklärung und zum Abfangen und Auswerten von elektronischen Signalen, die Aufschluss über Stärke und Ziele gegnerischer Luftflotten geben. Aber auch Luftbilder werden mittels Flugzeugen und Drohnen gewonnen.
Die Marinenachrichteneinheiten sammeln Daten über Flottenaktivitäten im Mittelmeer und über Küstenbefestigungen zur Vorbereitung eventueller Landungsoperationen oder Luftangriffe.
Die Abteilung für Auswärtige Angelegenheiten des Aman ist für die Verbindung mit den Geheimdiensten anderer Länder zuständig und für die israelischen Militärattachés. Es werden durch sie aber auch Verbindungen zu Staaten gehalten, zu denen keine diplomatischen Beziehungen bestehen.
Außerdem unterhält er organisatorisch, technisch und administrativ, jedoch nicht operativ, eine Einheit zur Aufklärung tief in feindlichem Gebiet („Deep Reconnaissance Unit“), die Sayeret Matkal (dt. etwa: „Die Späher des Generalstabschefs“, des Ramatkal). Diese in israelischen Sicherheitskreisen nur als „die Einheit“ bekannte Formation gilt als die wichtigste Anti-Terror- und Gegenspionage-Komponente Israels. Sie untersteht direkt dem Befehl des Generalstabs und bildet den operativen militärischen Arm für alle anderen israelischen Dienste, aber hauptsächlich für den Mossad.
Viele der gesuchten Informationen werden durch Auswertung elektronischer Signale (SIGINT) gesammelt. An den Grenzen zu den Nachbarländern Syrien und Libanon gibt es entsprechende Überwachungsstationen, so bei Har Avital auf den Golanhöhen (gegen Syrien) und auf dem Berg Hermon (gegen Syrien und Libanon).
Geschichte
In der Gründungsphase des israelischen Staates war vor allem die Militärorganisation Haganah für die Beschaffung geheimdienstlicher Informationen zuständig, beziehungsweise eine ihrer Eliteeinheiten, der Scherut Jediot (Geheimdienst), kurz Schai.
Ministerpräsident David Ben Gurion erteilte Ende der 1940er Jahre dem Shai den Auftrag, für Israel eine Geheimdienststruktur zu schaffen. Der Shai-Mann Re’uwen Schiloach gründete aus dem Shai vier unabhängige Dienste, neben Aman und Schin Bet waren das damals der Auslandsnachrichtendienst (Machleket Hacheker) und das nur bis März 1952 existierende Institut für illegale Einwanderung (Mossad le-Alija Bet). Außerdem schuf Shiloah Mitte 1949 als übergeordnetes Gremium das Komitee der Geheimdienstchefs. Ab 1963 hieß der Auslandsgeheimdienst offiziell „Institut für Nachrichtendienst und Sonderaufgaben“ (ha-Mosad le-Modi'in u-le-Tafkidim Mejuhadim) kurz Mossad.
Ein Ableger des Verteidigungsministeriums war auch der weniger bekannte Technologiegeheimdienst Lakam, dessen Existenz lange als Staatsgeheimnis betrachtet wurde. Er diente der Beschaffung wissenschaftlicher und technologischer Informationen. In den 1980er Jahren jedoch verlor der Lakam einen großen Teil seiner bisherigen Bedeutung.
Yom-Kippur-Krieg
Angriffsabsichten nicht erkannt
Die Analysen des Aman für den Premierminister und das Kabinett und die täglichen Lagemeldungen samt Einschätzung des Kriegsrisikos waren über Jahre gut und geschätzt. Zu einer folgenschweren Fehlleistung kam es im Oktober 1973, als nur unzureichende geheimdienstliche Warnungen vor dem Überraschungsangriff Ägyptens und Syriens, der zum Jom-Kippur-Krieg führte, eintrafen. Zwar waren, wie nachträgliche Untersuchungen ergaben, zahlreiche Anzeichen vom Aman bemerkt worden, sie wurden jedoch auf höherer Ebene ignoriert.
Schlacht um den Hermon
Am 6. Oktober 1973 beförderten Hubschrauber eine Kommandoeinheit des 82. syrischen Fallschirmjägerregiments auf den 2.800 m hohen schneebedeckten Berg Hermon auf den Golanhöhen, auf dem sich ein Horchposten des Aman mit 41 Militärtechnikern befand, der von nur 13 Infanteristen geschützt wurde. Der Sturm gelang, wobei 18 israelische Soldaten fielen und 31 verwundet wurden. Die streng geheime Lauschausrüstung wurde unverzüglich von syrischen und sowjetischen Spezialisten ausgewertet. Ein Rückeroberungsversuch Israels mit zwei Kompanien der Golani-Brigade am 8. Oktober scheiterte mit Verlusten von 25 Toten und 51 Verwundeten. Erst am 22. Oktober gelang der Golani-Brigade die Rückeroberung von Berg und Lauschstation, wobei 55 Soldaten der Brigade fielen und 79 verwundet wurden, weil die syrischen Truppen in der Bergstellung mit Dragunow-Scharfschützengewehren und RPGs die anrückenden Israelis in der offenen Landschaft effektiv bekämpfen konnten. Der Kampf war einer der blutigsten des ganzen Krieges.
Invasion des Libanon 1982
Korrekt eingeschätzt hatte der Aman die Schwäche der christlichen Milizen, auf die sich Israel bei der Invasion des Libanon 1982 stützte. Richtig vorausgesagt wurde daher, dass es zu einem direkten Zusammenstoß mit den syrischen Truppen kommen würde. Diese Einschätzung meldete der damalige Chef des Aman, Saguj, auf dem Dienstweg an den Generalstab und teilte die Einschätzung persönlich dem Premierminister mit.
Ihm wird gleichwohl vorgeworfen, dass er bei der Kabinettssitzung seine Zweifel nicht habe deutlich machen können, weil er die offene Meinungsverschiedenheit mit Menachem Begin und Ariel Scharon scheute. Die Kahan-Kommission legte ihm später wegen von ihr festgestellter Pflichtverletzungen bei dem Massaker von Sabra und Schatila, einem Racheakt christlicher Milizen in den palästinensischen Flüchtlingslagern nach der Ermordung des christlichen Führers Baschir Gemayel, den Rücktritt nahe.
Bekannt gewordene Operationen
Eine der größten Niederlagen der israelischen Geheimdienste verursachte der Aman in den 1950er Jahren. Im Zuge der so genannten Lawon-Affäre musste der damalige Verteidigungsminister Pinchas Lawon zurücktreten. Eigentlich sollten in der vom Aman geleiteten „Operation Susannah“ israelische Agenten und Saboteure Anschläge auf westliche Einrichtungen in Ägypten verüben. Damit wollte man die guten Verbindungen zwischen den USA und dem ägyptischen Staatschef Gamal Abdel Nasser stören. Die USA sollten glauben, dass der ägyptische Staat gegenüber religiösen Organisationen machtlos wäre. Ägypten gelang es, den Agentenring zu sprengen. Zehn Mitglieder wurden in einem Schauprozess im Januar 1955 verurteilt, zwei von ihnen zum Tode. Einen Monat später trat Lawon zurück, zwei Wochen danach auch der damalige Aman-Direktor Benjamin Gibli. Letztlich gab auch Staatschef Ben Gurion 1963 sein Amt auf, nachdem er von anhaltenden Diskussionen zermürbt war.
Leiter
Der Chef des Aman ist dem Chef des Inlandsgeheimdienstes (Schin Bet) und dem des Auslandsgeheimdienstes (Mossad) gleichgestellt. Gemeinsam bilden sie das Komitee der Geheimdienstchefs (Vaadat Rashei Hasherutim), das einmal in der Woche tagt.
Name | Beginn der Berufung | Ende der Berufung |
---|---|---|
Aharon Haliva | 2021 | – |
Tamir Haiman | 2018 | 2021 |
Herzi HaLewi | 2014 | 2018 |
Aviv Kochavi | 2010 | 2014 |
Amos Yadlin | 2006 | 2010 |
Aharon Zeevi-Farkasch | 2002 | 2006 |
Mosche Jaalon | 1995 | 2002 |
Uri Sagi | 1991 | 1995 |
Amnon Lipkin-Schahak | 1986 | 1991 |
Ehud Barak | 1983 | 1985 |
Jehoschua Saguj | 1979 | 1983 |
Schlomo Gazit | 1974 | 1978 |
Eli Zeira | 1972 | 1974 |
Aharon Jariv | 1964 | 1972 |
Meir Amit | 1962 | 1963 |
Chaim Herzog | 1959 | 1962 |
Yehoshafat Harkabi | 1955 | 1959 |
Benjamin Gibli | 1950 | 1955 |
Chaim Herzog | 1949 | 1950 |
Isser Be'eri | 1948 | 1949 |
Verweise
Literatur
- Ronen Bergman: Der Schattenkrieg. Israel und die geheimen Tötungskommandos des Mossad. DVA, München 2018, ISBN 978-3-421-04596-6.
- Ian Black / Benny Morris: Mossad, Shin Bet, Aman, Palmyra 1994, ISBN 3-930378-02-7
- Michael Wiener: Alpinistim Gebirgs- und Winterkampf in der israelischen Armee in Barett 2/2001 S. 45–47 (Neben der Schlacht um den schneebedeckten Gipfel des Bergs Hermon (2.200 m) im Yom-Kippur-Krieg und der Gebirgseinheit der Israelischen Armee, stellt der Autor ergänzend auch den Aman vor, der auf dem Hermon eine Horchstation für Elektronische Kampfführung betrieb.)