Anna Magdalena Bach

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Plakette für Anna Magdalena Bach im Thomaskirchhof in Leipzig

Anna Magdalena Bach (* 22. September 1701 in Zeitz; † 27. Februar 1760 in Leipzig; geboren als Anna Magdalena Wilcke) war eine deutsche Sängerin (Sopran) und die zweite Ehefrau Johann Sebastian Bachs (seit 1721).

Leben

Jugend und Ausbildung

Anna Magdalena Bach war die jüngste von vier Töchtern des fürstlichen Hof- und Feldtrompeters zu Sachsen-Weißenfels Johann Kaspar Wilcke (1660?–1733) und der Elisabeth Wilcke (* 1666), der Tochter eines Organisten. Ihr Bruder (1691–1766) trug denselben Namen wie der Vater und trat in dessen Fußstapfen. Anna Magdalena hatte drei Schwestern. Sie und ihre Schwester Christina hatten eine fundierte Gesangsausbildung erhalten, vermutlich bei der berühmten weißenfelsischen Hofsängerin Pauline Kellner. Anna Magdalena und ihre Schwester waren spätestens ab 1720 am weißenfelsischen Hof als „Singejungfern“ tätig. Offensichtlich wurde ihre Gesangskunst sehr hoch geschätzt. Bei einem gemeinsamen Gastspiel mit ihrem Vater am Hofe zu Zerbst erhielt die 19-jährige Sängerin ein doppelt so hohes Honorar wie der Vater.[1]

Als Fürstliche Kammersängerin in Köthen

1721 kam sie als Sopranistin an den Hof von Fürst Leopold von Anhalt-Köthen in Köthen. Dort lernte sie Johann Sebastian Bach kennen, der hier seit Dezember 1717 als Kapellmeister wirkte. Die hohe Wertschätzung der jungen Sängerin zeigt sich zum einen in ihrem vergleichsweise hohen Rang als „Kammermusikerin“, zum anderen auch an ihrem hohen Gehalt; sie erhielt das zweithöchste Gehalt nach Bach und ein etwa doppelt so hohes wie der nächste Musiker.

Clavier-Büchlein vor Anna Magdalena Bachin Anno 1722, Deckblatt
Diese Seite des Notenbüchleins von 1722 enthält die Gavotte der Französischen Suite Nr. 5 (BWV 816).

Am 3. Dezember 1721 heirateten Johann Sebastian und Anna Magdalena Bach. Bis zu ihrer Übersiedlung nach Leipzig im April 1723 blieb sie auch als verheiratete Frau in ihrer Stellung. Das von ihr gesungene Repertoire ist nicht im Einzelnen dokumentiert. Es ist aber davon auszugehen, dass sie unter anderem bei den jährlich wiederkehrenden Kantatenaufführungen zum Geburtstag des Fürsten und zu Neujahr mitwirkte. Allerdings ist von diesen Bachschen Werken nur ein Bruchteil erhalten. Die erhaltenen Kantaten enthielten „aufwendige Duette und Soli, die den Hofsängern erhebliche technische Leistungen abverlangten und immer wieder ihr berufliches Können herausforderten“ (Christoph Wolff).

Leipzig

In Leipzig waren kaum Möglichkeiten für ein öffentliches Auftreten gegeben. Die Kirchenmusik war ihr versagt, die Oper seit 1720 geschlossen, und auch im Collegium musicum traten keine Frauen auf. Ihr Singen beschränkte sich wahrscheinlich auf die Hausmusiken und auf einige auswärtige Gelegenheiten. Die Hausmusiken spielten aber offensichtlich für die Bachs und ihr Umfeld eine erhebliche Rolle. In einem Brief an seinen ehemaligen Schulkameraden Georg Erdmann schildert Bach das gemeinsame Musizieren mit seiner Familie „zumaln da meine itzige Frau gar einen sauberen Soprano singet“.

Eine auswärtige Gelegenheit war ein gemeinsames Auftreten anlässlich der Trauerfeierlichkeiten für den Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen am 24. März 1729. Musiziert wurde die umfangreiche Trauermusik Klagt, Kinder, klagt es aller Welt, und sie sang dabei wahrscheinlich drei Sopranarien mit der Musik aus der Matthäuspassion.

Anna Magdalena Bach starb am 27. Februar 1760, zehn Jahre nach ihrem Mann, in Leipzig als „Almosenfrau“. Anders als diese Bezeichnung suggeriert, bedeutete dies kein Leben in Armut, sondern dass sie Bezieherin einer freiwilligen, regelmäßigen Witwenrente der Stadt Leipzig war. Weiterhin erhielt sie eine regelmäßige Unterstützung von der Universität Leipzig sowie Zahlungen aus verschiedenen Legaten. Anna Magdalena Bach dürfte „ungeachtet mancher Einschränkungen zu den relativ gut versorgten Witwen gehört haben“[2].

Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach

Ihr Name blieb bis heute auch aufgrund des besonderen Erfolges der Notenbüchlein für Anna Magdalena Bach, die Arnold Schering nach den Originalen in der Preußischen Staatsbibliothek Berlin herausgab, bekannt. Die beiden Bände von 1722 und 1725 enthalten neben Werken von Bach eine Reihe von Kompositionen anderer Autoren, deren genaue Autorenschaften aber zum Teil ungeklärt blieben. Wenn Anna Magdalena die Stücke dieser Sammlung – darunter zum Beispiel mit den Partiten in a-Moll und e-Moll ausgesprochen anspruchsvolle Werke – alle gespielt hat, muss sie erhebliche Fertigkeiten auf dem Klavier[3] erworben haben. Neben den Klavierstücken finden sich im Notenbüchlein auch Gesangsstücke, darunter die besonders bekannte Arie Willst du dein Herz mir schenken und von Gottfried Heinrich Stölzel die Arie Bist du bei mir.

Biografische Quellen

Ihre fiktive Autobiographie Die kleine Chronik der Anna Magdalena Bach wurde 1930 von der britischen Schriftstellerin Esther Meynell verfasst. Die darin vorliegende Schilderung des Bachschen Familienlebens beruht auf keinerlei Quellen und taugt daher nicht als Anhaltspunkt für die historische Persönlichkeit Anna Magdalena Bachs.

Indessen geht aus mehreren erhaltenen Briefen, die der Neffe und zeitweilige Sekretär J. S. Bachs Johann Elias Bach verfasste, hervor, dass Anna Magdalena Bach eine „Liebhaberin der Gärtnerei sey“. Johann Elias Bach bat darum seine Mutter, einige Pflanzen zu schicken. Ebenfalls berichtete der Neffe, dass er „bey einem Herrn Cantor zu Halle einen Singvogel gesehn habe“, und bat darum, den Vogel „gegen billige Bezahlung der Frau Cantorin zu überlassen“.[4]

Eine Zusammenstellung des dokumentarischen Materials zu Anna Magdalena Bach wurde von Maria Hübner, 2005, ergänzt durch einen biographischen Essay von Christoph Wolff, veröffentlicht.

Kinder

Anna Magdalena Bach war die Mutter von:

  • Christiana Sophia Henrietta (1723–1726)
  • Gottfried Heinrich (1724–1763)
  • Christian Gottlieb (1725–1728)
  • Elisabeth Juliana Friederica, genannt „Liesgen“ (1726–1781)
  • Ernestus Andreas (1727–1727)
  • Regina Johanna (1728–1733)
  • Christiana Benedicta (1729–1730)
  • Christiana Dorothea (1731–1732)
  • Johann Christoph Friedrich, der Bückeburger Bach (1732–1795)
  • Johann August Abraham (1733–1733)
  • Johann Christian, der Mailänder oder Londoner Bach (1735–1782)
  • Johanna Carolina (1737–1781)
  • Regina Susanna (1742–1809)

Siehe auch

Literatur

  • Eberhard Spree: Die verwitwete Frau Capellmeisterin Bach. Studie über die Verteilung des Nachlasses von Johann Sebastian Bach. Verlag Klaus-Jürgen Kamprad, Altenburg 2019, ISBN 978-3-95755-642-4 (Dissertation, Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden, 2018).
  • Eberhard Spree: Die Frau Capellmeisterin Anna Magdalena Bach: ein Zeitbild, Kamprad, Altenburg 2021, ISBN 978-3-95755-663-9.
  • Maria Hübner: Anna Magdalena Bach – Ein Leben in Dokumenten und Bildern. Mit einem biographischen Essay von Hans Joachim Schulze. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2005, ISBN 3-374-02208-1.
  • Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Fischer, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16739-6.
  • Reinhard Szeskus: Gelbe Nelcken vor unsere Frau Muhme. Zum 300. Geburtstag Anna Magdalena Bachs am 22. September. In: Sächsische Heimatblätter, Bd. 47 (2001), Heft 6, S. 363–368.
  • Eva-Maria Bast: Anna Magdalena Bach. In: dies.: Leipziger Frauen. Historische Lebensbilder aus der Bürgerstadt. Bast Medien GmbH, Überlingen 2019, ISBN 978-3-946581-72-7, S. 47–52.

Filme

Weblinks

Commons: Anna Magdalena Bach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

  1. Die überlieferte Buchung hat folgenden Wortlaut: „6 [Taler] dem Trompeter Wilken von Weißenfels so sich allhie hören laßen, 12 [Taler] deßen Tochter so in der Capelle einige mahl mit gesungen zur Discretion“
  2. Maria Hübner: Anna Magdalena Bach, S. 84
  3. „Klavier“ wurde zu der Zeit als Oberbegriff für die Tasteninstrumente verwandt und umfassten das Cembalo, das Clavichord, aber auch die Orgel
  4. Christoph Wolff: Johann Sebastian Bach. Frankfurt am Main 2005, S. 429.