Anton Dreher senior

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Anton Dreher sen., Lithographie von Josef Kriehuber, 1863

Anton Dreher senior (eigentlich Anton Eugen Georg Dreher; * 7. Juni 1810 in Schwechat bei Wien; † 27. Dezember 1863 ebenda) war ein österreichischer Brauherr aus der Familie Dreher.

Leben

Anton Dreher senior wurde als Sohn des Brauers Franz Anton Dreher und dessen zweiter Ehefrau Katharina Widter geboren. Zunächst besuchte er ein Piaristenkonvikt und ging danach in der Simmeringer Brauerei Meichl in die Lehre. 1836 pachtete er von seiner Mutter, die seit 1820 verwitwet war, das Klein-Schwechater Brauhaus (heutige Brauerei Schwechat), das er 1839 mit dem Geld seiner ersten Gattin Anna Wißgrill kaufen konnte.

Bei seiner Lehre in der Brauerei Simmering lernte er 1832 Gabriel Sedlmayr, den Sohn des Spatenbräubesitzers kennen, mit dem er dann 1833 nach England und Schottland reiste, um die dortigen Mälz- und Brautechniken kennenzulernen[1]:8–9. Dreher und Sedlmayr lernten einerseits die Verwendung des Saccharometers als Instrument zur Messung von Stammwürze und Restextrakt eines vergorenen Bieres kennen, andererseits auch das langsame und schonende Keimen und Abdarren des Malzes, die die Herstellung von hellen Malzen erlaubte, so wie es in Großbritannien praktiziert wurde[1]:13–14. In München experimentierten beide Anfang 1834 mit den neu erlernten Mälzungstechniken und dem Brauen von englischen Pale Ale.

Zurück in Klein-Schwechat gelang es Anton Dreher schließlich erst 1836, sich genügend Geld zu leihen, um die Kleinschwechater Brauerei zu pachten. Nach der Übernahme der Brauerei 1836 setzte er die in Großbritannien gesammelten Kenntnisse praktisch um und braute ein obergäriges Kaiserbier. Ende 1836 oder Anfang 1837 erhielt Dreher schließlich eine Probe von Sedlmayrs untergäriger Hefe aus der Spatenbrauerei, mit der er in der Brausaison 1836–1837 untergäriges Winterbier zu brauen begann[1]:17–18. Schon im März 1837 berichtete er in einem Brief an Sedlmayr:

„Den raschen Aufschwung meines Geschäftes in letzterer Zeit habe ich meinen untergährigen Bieren zu verdanken.“

Anton Dreher: Brief an Gabriel Sedlmayr vom 21. März 1837, aus Sedlmayr, Fritz: Die Geschichte der Spatenbrauerei unter Gabriel Sedlmayr dem Älteren und dem Jüngeren 1807-1874, 1951, S. 180

Da Dreher keine kühlen Gärkeller und keine Lagerkeller zur Verfügung hatte, musste er in der Sommersaison weiterhin obergäriges Bier brauen. Um endlich Lagerbier herstellen zu können, begann er 1841, untergäriges Lagerbier, das stärker eingebraut war als sein Winterbier, im Lokal "zur Kohlkreunze" in Fünfhaus sowie in seinem eigenen Wohnhaus einzulagern[1]:18,20. Schließlich eröffnete sich die Möglichkeit, einen Weinkeller mit einem Fassungsvermögen von 300 Eimern (etwa 169 hl) direkt neben der Brauerei zu mieten. Dreher nutzte diese Gelegenheit und erweiterte seine Lagermöglichkeiten schließlich mit mehreren Kellern, die er 1842–1843 anlegen ließ. Mit den gesteigerten Lagerkapazitäten konnte er sein Lagerbier, das er zunächst auch als Märzenbier verkaufte, die notwendige Zeit lang einlagern[1]:21.

In seiner Brautätigkeit hielt sich Anton Dreher dabei strikt an die bayerische Brautradition: nicht nur verwendete er das bayerische Dickmaischeverfahren und die kühle Gärung mit untergäriger Hefe, er beschränkte die Brausaison auf die Zeit zwischen Michaeli (29. September) und Georgi (23. April)[1]:27. Durch die hohe Qualität erfreuten sich seine neuen untergärigen Biersorten bald größter Beliebtheit in Wien und Österreich und später auch in ganz Europa und weltweit.

1841 verstarb seine erste Gattin Anna Wißgrill kinderlos. Anton Dreher lernte 1842 während eines Kuraufenthalts in Bad Kissingen Anna Herfeld kennen, die er schließlich 1848 in Regensburg heiratete.

Die Dampfmaschine von Vinzenz Prick im Technischen Museum Wien

Die starke Nachfrage nach Lagerbier führte dazu, dass Anton Dreher 1850 als zweiter Bierbrauer der Monarchie nach Mautner Markhof[2] eine Dampfmaschine zum Bierbrauen einsetzte. Diese von der k.k. landesbefugten Metall-Maschinen-Fabrik des Vinzenz Prick errichtete Dampfmaschine kann heute im Technischen Museum in Wien besichtigt werden.

Im Laufe der 1850er Jahre wurde die Brauerei Schwechat zur größten des europäischen Festlandes, und die Sendungen Klein Schwechater Lager gingen weit über die Grenzen des Kaisertums Österreich hinaus.

Anton Dreher kaufte kleinere Brauereien auf:

Das ungarische Dreher-Bier und das italienische Birra Dreher gibt es heute noch.

Für die Qualität seiner Biere und die erreichten Fortschritte im Bereich der Brautechnologie gewann Anton Dreher schon zu Lebzeiten mehrere Preise. Im Mai 1857 wurde ihm die Goldmedaille der Österreichischen Landwirtschaftsgesellschaft verliehen. Auf der Londoner Weltausstellung 1862 konnte er vier Biertypen präsentieren, wofür er eine Bronzemedaille erhielt. Für diese Leistung wurde ihm das Ritterkreuz des Franz-Joseph-Orden verliehen[1]:29.

Anton Dreher war von 1861 bis 1863 auch Landtags- und Reichsratsabgeordneter und einer der größten Steuerzahler der Monarchie.

1863, kurz vor seinem Tode, vertraute er dem Wiener Rechtsanwalt und Bürgermeister-Stellvertreter Cajetan Felder die Vormundschaft über seinen 14-jährigen Sohn Anton Dreher jun. (1849–1921) und die Leitung der Brauereibetriebe an. Am 27. Dezember 1863 starb Anton Dreher unerwartet. Sein Sohn Anton Dreher Jr. war Haupterbe, konnte aber erst 1870 zu seinem 21. Geburtstag das Erbe an väterlichem Vermögen und Brauereibetrieb antreten. Anton Drehers Schwager Franz Aich, übernahm nach seinem Tod das Direktorium und führte den Betrieb gemäß Anton Drehers Testament weiter, bis Anton Dreher Jr. die Volljährigkeit erreicht hatte. Ab 1870 übernahm Anton Dreher Jr. schließlich die Führung der Brauerei und vergrößerte das Brauereiimperium weiter und begann den Export des Lagerbiers in alle Welt[1]:31–32.

Im Jahr 1894 wurde in Wien-Simmering (11. Bezirk) die Dreherstraße, Verbindung nach Schwechat, nach Anton Dreher senior benannt.

Literatur

Weblinks

Commons: Anton Dreher senior – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h Andreas Krennmair: Vienna Lager 8. Juli 2020, ISBN 979-8650933434.
  2. H.Stekl: Adolf Ignaz Mautner Markhof. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 6, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1975, ISBN 3-7001-0128-7, S. 165.