Apolipoprotein E

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Apolipoprotein E
Apolipoprotein E
Bändermodell der Aminosäuren 1-191 des Apolipoprotein E4 nach PDB 1B68
Eigenschaften des menschlichen Proteins
Masse/Länge Primärstruktur 299 Aminosäuren
Isoformen E1, E2, E3, E4, E5, E7
Bezeichner
Gen-Name APOE
Externe IDs
Vorkommen
Homologie-Familie APOA/APOE
Übergeordnetes Taxon Euteleostomi

Apolipoprotein E (ApoE) ist ein Apolipoprotein, ein Eiweiß, das als Bestandteil bestimmter Eiweiß-Fett-Verbindungen (Lipoproteine) eine wichtige Rolle im Fettstoffwechsel des Menschen und anderer Wirbeltiere spielt.

Physiologische Funktion

ApoE ist ein wichtiges Apolipoprotein der Chylomikronen der Wirbeltiere, und bindet rezeptorspezifisch unter anderem an Leberzellen. ApoE hat die Funktion, Triglyzerid-reiche Lipoproteinbestandteile zu verstoffwechseln. Mutationen in ApoE können u. a. mögliche Ursachen für eine familiäre (genetisch bedingte) Dyslipidämie sein.

Das Protein ApoE besteht aus 299 Aminosäuren und transportiert Triglyzeride, fettlösliche Vitamine und Cholesterin zuerst in die Lymphbahn und dann ins Blut. ApoE wird vor allem in der Leber exprimiert, aber auch in Gehirn, Nieren und Milz. Im Gehirn produzieren vor allem Mikroglia- und Astrogliazellen ApoE. Neuronen exprimieren vor allem Rezeptoren für ApoE, von denen sieben verschiedene bekannt sind. Sie gehören zur Familie der LDL-Rezeptoren.

Genetische Varianten und ihr Einfluss auf Erkrankungsrisiken

Das humane (menschliche) ApoE-Gen befindet sich auf Chromosom 19 und zeigt einen Polymorphismus: drei wichtige Allele treten auf, nämlich ApoE2, ApoE3 und ApoE4.[1] Die entsprechenden Proteine unterscheiden sich nur in einer einzigen Aminosäure an Position 112 beziehungsweise 158, haben aber großen Einfluss auf das Leben der betroffenen Menschen:

Jeder Mensch hat zwei Allele, welche zusammen letztlich den Genotypen bestimmen. In mitteleuropäischen Populationen ist der Genotyp ApoE 3,3 mit ca. 60 % am häufigsten, gefolgt von ApoE 3,4 mit etwa 20 bis 25 %. Seltenere Genotypen sind ApoE 2,3 (ca. 13 %), ApoE 4,4 (ca. 1,7 %), ApoE 2,4 (ca. 1,3 %) und ApoE 2,2 (ca. 0,5 %). Teilweise deutlich höhere Frequenzen des ApoE-4-Allels lassen sich in Nordeuropa finden, niedrigere in Südeuropa. In einigen Teilen Afrikas sind ebenfalls hohe ApoE-4-Raten zu finden, eher niedrige hingegen in Asien.[4][5] Die Genotypen ApoE 4,4 und ApoE 3,4 werden mit einer etwa um den Faktor 1,7 bis 2,4fach (ApoE 3,4) beziehungsweise bis zu elf Mal (ApoE 4,4) erhöhten Wahrscheinlichkeit in Verbindung gebracht, im Laufe des Lebens an Alzheimer (insbesondere Late-Onset-Alzheimer, also der späten Form) zu erkranken.[6] Der Genotyp ApoE 2,3 wird dagegen mit einem verminderten Risiko für Alzheimer-Krankheit in Zusammenhang gebracht. Durch die Häufigkeit aller Polymorphismen in der Bevölkerung zählen die ApoE-Varianten zu den wohl einflussreichsten Variablen mit Einfluss auf das Alzheimerrisiko in späten Lebensabschnitten und wurden deswegen in den letzten Jahren auch sehr stark erforscht. Interessanterweise moduliert die ApoE-Variante nämlich auch andere Krankheitsrisiken entscheidend mit: während das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen möglicherweise insbesondere bei jüngeren Frauen mit ApoE-4 ebenfalls etwas erhöht ist, geht diese Variante vermutlich mit einer deutlich verringerten, bis zu halbierten Wahrscheinlichkeit für verschiedene Krebserkrankungen einher, wie mehrere Studien herausfanden.[7][8] Im jüngeren Alter scheint die ApoE-4-Variante sogar besonders vorteilhaft zu sein, sie tragende Kinder überstehen eher Durchfallerkrankungen oder Unterernährung,[9][10] junge bis mittelalte Erwachsene zeigen sogar verbesserte kognitive Leistungen[11] und allgemein ist das Risiko für schwere Leberschädigungen infolge einer Hepatitis C stark herabgesetzt. Das starke Nord-Süd-Gefälle in Europa lässt auch eine Rolle des ApoE-4-Allels im Vitamin-D-Stoffwechsel vermuten.[12] Möglicherweise sind ApoE-4-Träger also im jungen Alter sowie unter schlechten Ernährungs- und Hygienebedingungen bevorteilt und für bestimmte Krebsarten weniger empfänglich, bezahlen dies aber mit einem erhöhten Alzheimer- und Atherosklerose-Risiko. Für den Genotypen ApoE 3,4 ist die Lebenserwartung jedoch wohl nicht herabgesetzt, durchaus aber für den Genotypen 4,4.[13]

Das Allel ApoE2 scheint ein Risikofaktor für die Entwicklung eines Vitamin-K-Mangels zu sein.[14]

Gen-Gen- und Gen-Lebensstil-Interaktionen

Dem großen Einfluss der ApoE-Varianten zum Trotz ist jedoch keine genetische Variante schicksalhaft mit dem Auftreten bestimmter Krankheiten verknüpft. So modulieren etwa auch weitere Gene wie GAB2, MTHFR und APP sowie der Lebensstil[15] das persönliche Alzheimer-Risiko. So zeigten etwa isländische Studien, dass selbst hochbetagte ApoE-4,4-Träger keinerlei Symptome von Alzheimer entwickelten, wenn sie eine seltene genetische Variante (A673T) des Amyloid-Precursor-Proteins trugen[16] Darüber hinaus gibt es Hinweise, dass Apoe-4-Träger zwar weniger gut auf Statine ansprechen, jedoch besser auf eine Lebensstiländerung und im Gegensatz zu Menschen ohne dieses Allel die Gabe von NSAR das Alzheimer-Risiko absenkt.[17]

Gesellschaftlicher Umgang

Kaum ein Gen steht unter so intensiver Forschung wie ApoE. Insbesondere in den USA erfuhren im frühen 21. Jahrhundert durch gesundheitsassoziierte Gen-Tests, etwa bei 23andMe, zahlreiche Menschen von ihrer genetischen Prädisposition für Morbus Alzheimer. Dies führte, weil etwa ein Viertel der weißen Bevölkerung mindestens ein ApoE 4 Allel trägt, zu hauptsächlich internetbasierten Selbsthilfegruppierungen beziehungsweise Informationsportalen, deren bekanntestes wohl ApoE4.info ist und auch von SNPedia empfohlen wird.[18] Hier werden vor allem Forschungsergebnisse und verschiedene Lebensstileinflüsse diskutiert.

Literatur

  • G. Bu: Apolipoprotein E and its receptors in Alzheimer’s disease: pathways, pathogenesis and therapy. In: Nat. Rev. Neurosci. 10(5), 2009, S. 333–344. PMID 19339974, doi:10.1038/nrn2620.

Einzelnachweise

  1. Entrez Gene: APOE apolipoprotein E. Abgerufen am 10. November 2010.
  2. Manfred J. Müller: Ernährungsmedizinische Praxis: Methoden – Prävention – Behandlung. Springer, 2006, ISBN 3-540-38230-5.
  3. E. H. Corder et al.: Gene dose of apolipoprotein E type 4 allele and the risk of Alzheimer’s disease in late onset families. In: Science. 261 (5123), 1993, S. 921–923. PMID 8346443.
  4. R. M. Corbo, R. Scacchi: Apolipoprotein E (APOE) allele distribution in the world. Is APOE * 4 a ‘thrifty’ allele? In: Annals of Human Genetics. Band 63, Nr. 4, Juli 1999, S. 301–310, doi:10.1046/j.1469-1809.1999.6340301.x.
  5. PMID 17092867
  6. Gs216 - SNPedia. Abgerufen am 5. August 2020.
  7. PMC 3582279 (freier Volltext)
  8. Cancer Patients Less Likely to Get Alzheimer's, Study Finds. Abgerufen am 5. August 2020 (englisch).
  9. PMC 3057459 (freier Volltext)
  10. PMC 3993898 (freier Volltext)
  11. PMC 5333781 (freier Volltext)
  12. Forscherteam zeigt Verbindung zwischen Vitamin D und APOE4 — Deutsch. Abgerufen am 5. August 2020.
  13. PMC 3094490 (freier Volltext)
  14. A. M. Craciun, C. Vermeer: Apolipoprotein E genotype may influence urinary gammacarboxyglutamate (Gla) concentrations in young individuals. In: General physiology and biophysics. 2. Juli 2013, 32(3), S. 303–310, PMID 23817635 doi:10.4149/gpb_2013030.
  15. aerzteblatt.de
  16. PMC 4562869 (freier Volltext)
  17. ApoE4 erhöht nicht nur das Alzheimerrisiko. Abgerufen am 5. August 2020.
  18. apoe4blog: Home. In: ApoE4.Info. Abgerufen am 5. August 2020 (amerikanisches Englisch).