Arbeitskampf

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Arbeitskampf ist ein Sammelbegriff aus dem kollektiven Arbeitsrecht und bezeichnet die Ausübung kollektiven Drucks durch Streiks, Aussperrungen von Arbeitnehmer- oder Arbeitgeberseite oder Boykotte zur Regelung von Interessenkonflikten bei der Aushandlung von Löhnen und anderen Arbeitsbedingungen. Arbeitskampf ist nach Nipperdey „die von den Parteien des Arbeitslebens vorgenommene Störung des Arbeitsfriedens, um durch Druck ein bestimmtes Ziel oder Fernziel zu erreichen.“[1]

Formen des Arbeitskampfes

Der Streik ist die wichtigste Form des Arbeitskampfes der Arbeitnehmer. Daneben hat Hans Matthöfer eine breite Skala von streikähnlichen Formen des verdeckten und offenen Arbeitskampfes beschrieben: u. a. Leistungszurückhaltung („Bremsen“), Bummelstreik, stiller Boykott, Käuferstreik, spontane Arbeitsniederlegung, Sitzstreik.[2]

Erfolgsbedingungen

Gewerkschaften bestreiken in der Regel solche Betriebe, deren Beschäftigte in hohem Maße gewerkschaftlich organisiert sind, um zu verhindern, dass eine größere Zahl von Unorganisierten als Streikbrecher auftreten und die Produktion aufrechterhalten.

Während eines Streiks muss der Arbeitgeber nach dem Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“ keinen Lohn zahlen. Die Gewerkschaft zahlt ihren Mitgliedern daher Unterstützungsleistungen aus der Streikkasse. Der Staat hat im Arbeitskampf seine Neutralität zu wahren (siehe Tarifautonomie), er darf folglich an Streikende und Ausgesperrte kein Arbeitslosengeld zahlen, auch wenn diese keine Unterstützung durch die Gewerkschaft beziehen. Der Arbeitsvertrag wird für die Zeit des Arbeitskampfes nicht aufgehoben, sondern lediglich suspendiert, das heißt, es besteht für beide Parteien keine Leistungspflicht.

Die Entscheidung eines Unternehmens, sich an einer Aussperrung seines Arbeitgeberverbandes zu beteiligen, hängt von seiner Verbandsloyalität ab, die dort ihre Grenze finden wird, wo die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel steht.

Für die Gewerkschaft hängen die Erfolgsaussichten eines Arbeitskampfes wesentlich von der Auftragslage der Unternehmen, der Arbeitsmarktlage und der Kompromissbereitschaft auf der Arbeitgeberseite ab. Bei starker Produktionsauslastung und stabiler Nachfrage scheuen Unternehmen insbesondere längere Arbeitskämpfe. Je knapper qualifizierte Arbeit ist, desto besser stehen die Chancen für die Arbeitnehmerseite und umgekehrt.

Arbeitskampfrecht

Die Zulässigkeit des Arbeitskampfs regelt das Arbeitskampfrecht und ist national geregelt.

Erweiterter Arbeitskampf

Weitere Möglichkeiten des Arbeitskampfs auf Seiten der Arbeitnehmer sind die Blockade nichtbestreikter Betriebe, Demonstrationen und der Aufruf an die Kunden des Betriebs, diesen zu boykottieren. Ist ein Streik nicht möglich oder strategisch inopportun, können Arbeitnehmer auch Dienst nach Vorschrift, den sog. „Bummelstreik“ ableisten.

Auch Arbeitgeber haben erweiterte Kampfmittel zur Verfügung. Sie können einem Streik mit der Aussperrung begegnen, die nach deutschem Arbeitsrecht – wie der Streik – unter dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit steht, das heißt, ein begrenzter Streik darf nicht mit einer Totalaussperrung beantwortet werden.

Als weiteres Kampfmittel verfügen Arbeitgeber über die Möglichkeit der sog. „kalten Aussperrung“. Sie können in der Konsequenz eines Streiks, der sie nicht unmittelbar betrifft, Arbeitnehmer mit der Begründung zeitweilig entlassen, dass ausbleibende Zulieferungen aus bestreikten Unternehmen die Produktion in ihren Betrieben stilllegen. Derart „kalt Ausgesperrte“ haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld.[3][4]

Siehe auch

Literatur

  • Peter Berg, Helmut Platow, Christian Schoof, Hermann Unterhinninghofen: Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht. Kompaktkommentar, Bund-Verlag, 3. Aufl. Frankfurt 2010, ISBN 978-3-7663-3996-6
  • Michael Kittner: Arbeitskampf: Geschichte – Recht – Gegenwart. C. H. Beck, 1. Auflage, München 2005, ISBN 3-406-53580-1
  • Hans Matthöfer: Streiks und streikähnliche Formen des Kampfes der Arbeitnehmer im Kapitalismus. In: Dieter Schneider (Hrsg.): Zur Theorie und Praxis des Streiks. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971, S. 155–209.
  • Walther Müller-Jentsch: Streiks und Streikbewegungen in der Bundesrepublik 1950-1978. In: Joachim Bergmann (Hrsg.): Beiträge zur Soziologie der Gewerkschaften. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1979, S. 21–71.
  • Peter Renneberg: Handbuch Tarifpolitik und Arbeitskampf, VSA Verlag, Hamburg 2011. ISBN 978-3-89965-487-5.
  • Peter Renneberg: Die Arbeitskämpfe von morgen?, VSA – Verlag Hamburg 2005, ISBN 3-89965-127-8

Weblinks

Wiktionary: Arbeitskampf – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Nipperdey: Arbeitsrecht, III. Teil, zitiert nach: Martin Donath: Arbeitskampf. In: Friedrich Karrenberg (Hrsg.): Evangelisches Soziallexikon / Im Auftrag des deutschen evangelischen Kirchentages. Stuttgart: Kreuz-Verlag 1954, S. 66.
  2. Hans Matthöfer: Streiks und streikähnliche Formen des Kampfes der Arbeitnehmer im Kapitalismus. In: Dieter Schneider (Hrsg.): Zur Theorie und Praxis des Streiks. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1971, S. 155–209.
  3. Folgen von Arbeitskämpfen für drittbetroffene Arbeitgeber. BDA, 19. Mai 2015
  4. § 100 Kurzarbeitergeld bei Arbeitskämpfen, Bundesagentur für Arbeit, Geschäftsanweisungen, Stand Juni 2013, S. 113 ff.