Arkadi Maslow

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Arkadi Maslow (russisch Аркадий Маслов, eigentlich

Исаак Ефимович Чемеринский

; geboren am 9. März 1891 in Jelisawetgrad, Russisches Kaiserreich; gestorben 20. November 1941 in La Habana, Kuba) war ein kommunistischer Politiker.

Leben

Jugend und Ausbildung

Als Isaak Jefimowitsch Tschemerinski in einer jüdischen Kaufmannsfamilie geboren, übersiedelte er 1899 mit seiner Mutter und seinen Geschwistern in das Deutsche Reich. Nachdem sie zunächst in Berlin-Schöneberg gelebt hatten, zogen sie später nach Dresden, wo Tschemerinski von 1904 bis 1910 das Gymnasium Kreuzschule besuchte.[1] Anschließend studierte er auf einem Konservatorium, wo er eine Prüfung als Pianist ablegte. 1912 begann er ein Studium der Naturwissenschaften (u. a. bei Albert Einstein und Max Planck) in Berlin. 1914 wurde der russische Staatsangehörige Tschemerinski zunächst interniert, meldete sich aber freiwillig als Dolmetscher und war für die deutsche Armee als solcher in Kriegsgefangenenlagern tätig.

In der KPD

Durch die Kriegserfahrung radikalisierte Tschemerinski sich und sympathisierte mit dem Spartakusbund. Nach der Wiederaufnahme seines Studiums wurde er von Paul Levi und Ruth Fischer, mit der er von nun an liiert war, für die KPD gewonnen. Im November 1920 wurde er (der sich inzwischen Arkadi Maslow nannte) in den Zentralausschuss der Partei gewählt und stand ab 1921 gemeinsam mit Ruth Fischer an der Spitze der Berliner KPD und des linken Parteiflügels, 1921 wurde er außenpolitischer Redakteur der Roten Fahne. Nachdem er im Februar 1922 von der Berliner Polizei festgenommen wurde, gab er sich als sowjetischer Agent und Vertrauensmann von Leo Trotzki und Karl Radek aus. Wegen Passvergehen wurde er zu acht Monaten Haft verurteilt, was ihn, um einer Ausweisung zu entgehen, zum Untertauchen zwang. Gleichzeitig kursierten innerhalb der KPD Gerüchte, dass Maslow ein Polizeispitzel sei, während eines Moskauaufenthaltes im September 1923 wurde er zur Klärung dieser Vorwürfe vor ein Untersuchungskomitee der Komintern geladen und entlastet, aber noch bis Anfang 1924 in Moskau festgehalten.

Ruth Fischer übernahm im April 1924 die Führung der Partei und verstärkte gemeinsam mit Maslow den Linkskurs der KPD. Im Mai 1924 erneut festgenommen wurde Maslow im September 1925 gemeinsam mit Paul Schlecht und Anton Grylewicz vor Gericht gestellt und zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, aber wegen seines schlechten Gesundheitszustandes im Juli 1926 vorzeitig freigelassen. Da inzwischen Maslow und Fischer nicht mehr die Protektion Sinowjews besaßen, wurden sie auf Betreiben Stalins im Herbst 1925 zugunsten Ernst Thälmanns aus der Parteiführung entfernt und am 20. August 1926 aus der KPD ausgeschlossen.

Im politischen Abseits

Maslow beteiligte sich gemeinsam mit Ruth Fischer und Hugo Urbahns an Versuchen, ausgeschlossene oder ausgetretene Mitglieder des linken KPD-Flügels zu sammeln, was in der Gründung des Leninbundes Anfang 1928 mündete. Währenddessen verleumdete die KPD Maslow als „Agenten der Bourgeoisie“ und warf ihm vor, dass er nur deswegen nicht aus Deutschland ausgewiesen worden sei, weil er Zersetzungsarbeit gegenüber der KPD leisten würde. Im Mai 1928 verließ Maslow gemeinsam mit Ruth Fischer den Leninbund, weil sie eine gegen die KPD gerichtete, eigenständige Wahlkandidatur für falsch hielten und nach der Kapitulation von Sinowjew und Kamenew gegenüber Stalin die (vergebliche) Hoffnung hegten, wieder in die KPD aufgenommen zu werden. Bis 1933 war Maslow vor allem als Übersetzer tätig und zog sich aus der unmittelbaren Politik weitestgehend zurück.

Im Exil

Nach der Machtübertragung an die NSDAP flohen Maslow und Fischer 1933 zunächst nach Paris, wo sie sich bis 1940 aufhielten. Von 1934 bis 1936 arbeitete Maslow intensiv mit Trotzki zusammen und war Teil der Bewegung für eine Vierte Internationale. Nach dem Bruch mit Trotzki gründete er gemeinsam mit Ruth Fischer einen Zirkel namens Gruppe Internationale (Marxisten-Leninisten) der bis 1939 bestand. Während der Moskauer Prozesse 1936 bis 1938 wurde Maslow von der stalinistischen Presse erneut als Agent verleumdet. 1940, nach der Niederlage Frankreichs gelang es Maslow nach Kuba zu fliehen, anders als Ruth Fischer bekam er jedoch kein Einreisevisum für die USA. Am 20. November 1941 wurde Maslow in Havanna tot auf der Straße aufgefunden. Nach offiziellem Obduktionsbefund erlag Maslow einem Herzschlag, Ruth Fischer und Franz Pfemfert gingen hingegen von einem Mord seitens des NKWD aus.

Schriften (Auswahl)

  • Die zwei Revolutionen des Jahres 1917. Band 1[2]: Die allgemeinen Voraussetzungen der russischen Revolution. Vereinigung Internationaler Verlagsanstalten, Berlin 1924.
  • mit Ruth Fischer: Abtrünnig wider Willen. Aus Briefen und Manuskripten des Exils. Herausgegeben von Peter Lübbe. Mit einem Vorwort von Hermann Weber. Oldenbourg, München 1990, ISBN 3-486-55331-3.
  • Die Tochter des Generals. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Berit Balzer. be.bra Wissenschaft Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-937233-76-5.

Literatur

  • Marcel Bois: Kommunisten gegen Hitler und Stalin. Die linke Opposition der KPD in der Weimarer Republik. Eine Gesamtdarstellung. Klartext, Essen 2014, ISBN 978-3-8375-1282-3 (Zugleich: Berlin, Technische Universität, Dissertation, 2014).
  • Mario Keßler: A Political Biography of Arkadij Maslow, 1891–1941. Dissident Against His Will. Palgrave Macmillan, Cham 2020, ISBN 978-3-030-43256-0.
  • Mario Keßler: Sektierer, Lernender und Märtyrer. Arkadij Maslow (1891–1941) (= Pankower Vorträge. 176, ZDB-ID 2104606-2). Helle Panke, Berlin 2013.
  • Maslow, Arkadi. In: Hermann Weber, Andreas Herbst: Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. 2., überarbeitete und stark erweiterte Auflage. Karl Dietz, Berlin 2008, ISBN 978-3-320-02130-6.
  • Hermann Weber: Maslow, Arcadij. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 356 f. (Digitalisat).
  • Rüdiger Zimmermann: Der Leninbund. Linke Kommunisten in der Weimarer Republik (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien. 62). Droste, Düsseldorf 1978, ISBN 3-7700-5096-7 (Zugleich: Darmstadt, Technische Hochschule, Dissertation, 1978).

Weblinks

Einzelnachweise