Arsen Awakow

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Arsen Awakow (2010)
Kyrillisch (Ukrainisch)
Арсен Борисович Аваков
Transl.: Arsen Borysovyč Avakov
Transkr.: Arsen Boryssowytsch Awakow
Kyrillisch (Russisch)
Арсен Борисович Аваков
Transl.: Arsen Borisovič Avakov
Transkr.: Arsen Borissowitsch Awakow

Arsen Boryssowytsch Awakow (ukrainisch Аваков Арсен Борисович; * 2. Januar 1964 in Baku) ist ein ukrainischer Politiker (parteilos; ehemals Allukrainische Vereinigung „Vaterland“). Von 2014 bis 2021 war er Innenminister der Ukraine.

Leben

Arsen Awakow wurde am 2. Januar 1964 in der mittlerweile eingemeindeten Siedlung Kirow bei Baku in der damaligen Sowjetrepublik Aserbaidschan geboren und ist armenischer Herkunft.[1] Sein Vater war Berufssoldat der Sowjetarmee. Als er zwei Jahre alt war, siedelte seine Familie in die Ukrainische Sowjetrepublik über. Von 1981 bis 1982 arbeitete er als Laborassistent am Lehrstuhl „Automatisierte Leitungssysteme“ des polytechnischen Instituts von Charkiw. Dort schloss er 1988 erfolgreich das Ingenieurstudium ab. Anschließend arbeitete er im Forschungsinstitut für Gewässerschutz. Von 1990 an nutzte er die neuen Bestimmungen zur Teilprivatisierung der bisherigen Planwirtschaft, er gründete mehrere Firmen, darunter die „Basis“-Bank, später gründete er auch regionale Fernsehkanäle.

2002 wurde er erstmals in den Stadtrat von Charkiw gewählt. 2004 war er einer der führenden Köpfe der „Orangen Revolution“ in der Stadt.[2] 2005 setzte ihn der neue Präsident der Ukraine Wiktor Juschtschenko als Chef der Oblastverwaltung der Oblast Charkiw ein. Im selben Jahr wurde zum Mitglied des Rats der Partei der Volksunion Unsere Ukraine gewählt und wurde Mitglied des Parteipräsidiums. 2006 wurde er Abgeordneter des Regionalrats von Charkiw und wurde Mitglied der Kommission für Budgetfragen.[3]

Im Februar 2010 trat er von diesem Amt aus Protest gegen den Kurs Juschtschenkos zurück; er warf diesem vor, in dem damaligen Wahlkampf um das Präsidentenamt Wiktor Janukowytsch zu unterstützen und somit den Kampf der „Orange Revolution“ um die Demokratisierung des Landes zu konterkarieren.[4] Im April 2010 wechselte er zur Partei „Batkiwschtschyna“ von Julija Tymoschenko und trat an die Spitze von deren Charkiwer Bezirksorganisation.

Im Oktober 2010 wurde er nach Meinung ausländischer Wahlbeobachter durch Wahlbetrug um den Sieg bei den Bürgermeisterwahlen von Charkiw gebracht; ihm fehlten rund 3000 Stimmen gegenüber dem Kandidaten der Partei der Regionen Janukowytschs.[5] Doch wurde er in den Bezirksrat von Charkiw gewählt. Im September 2011 schlossen die von Janukowytschs Partei kontrollierten Behörden drei seiner regionalen Fernsehkanäle.[6] Im März 2012 wurde er wegen angeblichen Amtsmissbrauchs (Awakow wurde unter anderem die illegale Weitergabe von Grundstücken vorgeworfen[7]) aufgrund eines von den ukrainischen Behörden bei Interpol beantragten internationalen Haftbefehls bei Rom verhaftet.[8] Doch das Appellationsgericht in Rom hob den Haftbefehl nach wenigen Tagen mit der Begründung auf, dass dieser offenkundig politisch motiviert sei.[9] Bei der Parlamentswahl 2012 wurde Awakow in die Werchowna Rada gewählt. Da er aber nach eigenem Bekunden weiterhin politische Verfolgung befürchtete, kehrte er erst im Dezember 2012 aus Italien in die Ukraine zurück.[10]

Am 22. Februar 2014 wurde er, in Nachfolge von Witalij Sachartschenko, zum geschäftsführenden Innenminister der Ukraine (Kabinett Asarow II) berufen.[11] Er behielt das Amt ab dem 27. Februar 2014 im Kabinett Jazenjuk I, im Dezember 2014 im Kabinett Jazenjuk II im April 2016 im Kabinett Hrojsman im August 2019 im Kabinett Hontscharuk und von März 2020 bis Juli 2021 im Kabinett Schmyhal.

In Zusammenhang mit dem gewaltsamen Tod von Oleksandr Musytschko warf Dmytro Jarosch, der Sprecher der radikal nationalistischen Gruppe Prawyj Sektor, Awakow am 25. März 2014 „aktive konterrevolutionäre Tätigkeit“ vor und forderte dessen Rücktritt.[12]

Bei einer Tagung des Nationalen Reformrats des ukrainischen Parlaments im Dezember 2015 ist es zwischen Awakow und dem damaligen Gouverneur der Region Odessa Micheil Saakaschwili zum verbalen Schlagabtausch gekommen. Nachdem Saakaschwili Awakow zusammen mit dem Ministerpräsidenten Arsenij Jazenjuk, der ebenso anwesend war, der Korruption bezichtigt hatte, verlor der Innenminister die Kontrolle über sich, warf ein Glas Wasser nach dem Gouverneur und forderte diesen auf, sein Land sofort zu verlassen. Saakaschwili wehrte sich, er sei auch ein Ukrainer und habe das Land anders als Awakow und Jazenjuk nicht ausgeplündert.[13]

Im Mai 2017 erhob Sergej Kaplin, ein Parlamentarier der Partei Block Petro Poroschenko, schwere Vorwürfe gegen Awakow, wonach unter ihm die Korruption in der Ukraine einen systematischen Charakter erlangt habe. Bei der Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität habe das ukrainische Innenministerium komplett versagt, da, so Kaplin, Awakow selber an der Spitze der einschlägigen Vorfälle stünde.[14]

Am 13. Juli 2021 reichte Awakow sein Rücktrittsgesuch ein.[15] Diesem gab das Parlament (Werchowna Rada) am 15. Juli 2021 statt[16] und wählte am 16. Juli 2021 Denys Monastyrskyj als seinen Nachfolger.[17]

Autor

Awakow ist Autor von wissenschaftlichen Artikeln, politischen Essays sowie Koautor einer Monographie über den Wechselverkehr im Bankwesen.[18]

Weblinks

Commons: Arsen Awakow – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. biografische Angaben lt. Webseite des TV-Kanals UBR (Ukrainian Business Report)
  2. mediaport.ua, 22. November 2005
  3. Аваков Арсен. 28. November 2018, abgerufen am 22. Dezember 2018 (russisch).
  4. Webseite des ukrainischen Innenministeriums
  5. Reinhard Veser, Alte Minister und neue Helden, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13. März 2014, S. 4.
  6. Freedom House, Ukraine Report 2012
  7. Ukraine: Auf der Flucht vor Viktor Janukowitsch, Die Presse vom 14. September 2013
  8. spiegel.de (englische Version), 9. April 2012
  9. La Repubblica, 12. April 2012
  10. Webseite des Innenministeriums
  11. Ukraine: Rada ernennt Protestführer zum neuen Innenminister. Regelung der Krise in der Ukraine. RIA Novosti, 22. Februar 2014, archiviert vom Original am 26. Februar 2014; abgerufen am 11. April 2022: „Die Oberste Rada (ukrainisches Parlament) hat am Samstag Arsen Awakow von der Oppositionspartei Batkiwschtschyna zum interimistischen Innenminister ernannt.“
  12. Unruhe im rechten Sektor, FAZ vom 26. März 2014
  13. Аваков опубликовал видео нецензурной перебранки с Саакашвили. Abgerufen am 9. November 2017.
  14. Аваков возглавляет коррупцию в Украине - Каплин | Новости - МИР. (iamir.info [abgerufen am 10. November 2017]).
  15. Natalia Zinets: Ukraine's interior minister submits resignation. In: reuters.com. Reuters, 13. Juli 2021, abgerufen am 11. April 2022 (englisch, Bearbeitet von Alison Williams): „KYIV, July 13 (Reuters) - Ukrainian Interior Minister Arsen Avakov has submitted a letter of resignation, his ministry said on Tuesday, without disclosing the reason for the move.“
  16. Rada supports Avakov's resignation. Interfax-Ukraine, 15. Juli 2021, abgerufen am 11. April 2022 (englisch): „The Verkhovna Rada at a session on Thursday supported the resignation of Interior Minister Arsen Avakov. Some 291 MPs voted for the corresponding decision.“
  17. Parliament appoints Monastyrsky as Ukraine's interior minister. Ukrinform, 16. Juli 2021, abgerufen am 11. April 2022 (englisch): „The Verkhovna Rada has supported the decision to appoint Denys Monastyrsky as Ukraine's interior minister. Some 271 MPs voted for the decision at a parliament meeting on Friday, July 16, according to an Ukrinform correspondent.“
  18. Publikationsliste