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Audacity

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Audacity

Logo von Audacity
Hauptfenster von Audacity 3.0.2
Audacity 3.0.2 unter Ubuntu 20.04 Xfce
Basisdaten

Entwickler Dominic Mazzoni, u. a.
Erscheinungsjahr 2000
Betriebssystem Windows, Linux, macOS, Unix
Programmiersprache C++
Kategorie Audioeditor
Lizenz GNU GPLv2+
deutschsprachig ja
audacityteam.org

Audacity [ɔːˈdæsəti] (Audio-Datei/Hörbeispiel anhören?/i) ist ein freier Audioeditor und -rekorder.[1] Auf beliebig vielen Spuren können Audiodateien gemischt und bearbeitet werden. Das Programm ist in C++ geschrieben und nutzt das GUI-Toolkit wxWidgets, um auf verschiedenen Betriebssystemen die gleiche grafische Benutzeroberfläche zur Verfügung zu stellen.

Das englische Wort

audacity

bedeutet „Verwegenheit, Beherztheit“, wobei durch die identischen Anfangsbuchstaben zugleich auf Audio, lateinisch für „ich höre“, angespielt wird. Mit dem englischen Begriff

city

für „Stadt“ hat der Name nichts zu tun. Die Endung ging aus dem lateinischen Nominalsuffix -itas hervor und entspricht dem deutschen -ität (wie in Univers-ität).

Eigenschaften

Wichtige Features:[2]

  • Import und Export aller unkomprimierten Audioformate sowie aller Formate, die von libsndfile oder libmad unterstützt werden, u. a. AIFF, Sound Blaster VOC, Matlab MAT, FLAC sowie mit LAME bzw. libavcodec aller MPEG-Formate inklusive Tagging mittels libid3tag.
    • Obwohl Audacity kein Sequenzer sein will, können MIDI-Dateien (vornehmlich für messtechnische Zwecke) importiert und grafisch dargestellt werden. Es gibt keine direkte Konvertierungsfunktion für MIDI-Dateien in andere Dateiformate, MIDI-Dateien können jedoch (wie alle anderen Anwendungen mit Musikausgabe) während des Abspielens mitgeschnitten werden und dann in anderen Dateiformaten abgespeichert werden. Dazu sind die Sound-Systemeinstellungen des verwendeten Betriebssystems so zu konfigurieren, dass Aufnahmen nicht nur über angeschlossene externe Quellen wie Mikrofon, E-Gitarre, E-Piano erfolgen können, sondern auch die für die Musikausgabe zuständige Soundkarte des Gerätes erfolgen kann, die dafür als Aufnahmequelle aktiviert und ausgewählt werden muss.
  • Tongeneratoren für weißes, rosa und braunes Rauschen, gewobbelte Sinus-, Rechteck-, Sägezahn-Signale, DTMF-Töne, Metronom-Clicks etc.
  • Audio-Aufnahme (z. B. von Plattenspieler oder Podcasts) so vieler Kanäle, wie die Hardware unterstützt:
    • Aufnahme direkt auf die Festplatte
    • Gleichzeitige Wiedergabe
    • Leveltriggerung für automatischen Aufnahmebeginn
  • Textspur zur Kennzeichnung und Auswahl von Spur-Abschnitten
  • Zeitspur zur tonhöhenerhaltenden Justierung der Abspielgeschwindigkeit über die Laufzeit
  • Anzeige der Digital-Audio-Spuren in Stereo oder Mono als
  • Grundlegende Editierfunktionen wie Selektieren, selektierte Region auf Nulldurchgänge versetzen, Ausschneiden, Kopieren, Trimmen, in zwei Spuren splitten, Lautstärke über die Laufzeit verändern
  • Analysefunktionen, z. B. für die (statistische) Frequenzanalyse, Tempo (BPM) sowie zur Bewertung, wie weit sich ein Sprachsignal von der Hintergrundvertonung abhebt
  • Mehrere hundert Filter und Sound-Effekte bzw. Effekt-Plug-ins:
    • Die üblichen digitalen Nachbildungen analoger Effektgeräte wie WahWah oder Chorus und Kompressoren
    • Filter zur adaptiven Reduktion von Störgeräuschen (z. B. Rauschentfernung) und zur Reparatur von Audiodateien
    • Zusätzliche Effekte, Analysatoren und Generatoren können mit Nyquist gescriptet oder als Plugin eingebunden werden
    • Schnittstelle für externe Plugins: LADSPA, VST-Plug-in, Vamp
  • Portabilität: Ab Version 1.3.1 verhält sich Audacity portabel, wenn die Programmdatei in ihrem Verzeichnis ein Unterverzeichnis „Portable Settings“ findet.

Nachteile:

  • Audio-Wiedergabe im Downmix aller Spuren auf ausschließlich zwei Kanälen (Stereo), wobei die Lautstärkeverteilung (Pan) nur für die gesamte Laufzeit eines Kanals festgelegt werden kann.
  • Audacity kann seine Effekte und Analysefunktionen nicht in Echtzeit umsetzen, auch eine Navigation in den Tracks bei gleichzeitigem dynamischen Abhören (Scrubbing) ist nicht implementiert. Die Funktion muss händisch durchgeführt werden.[3] Im Vergleich zu kommerziellen Produkten wie Adobe Audition oder Logic Pro X fehlen noch weitere Mechanismen zum auditiv gestützten Navigieren und Selektieren.[4]

Systemvoraussetzungen

Version 2.0.0 von Audacity ist die letzte für Windows 98/Me empfohlene, Windows 2000 wird nach v2.0.6 nicht mehr unterstützt. Versionen nach 2.3.3 werden für Windows 7 nicht mehr getestet, können aber noch lauffähig sein.[5]

Kontroversen in den 2020er Jahren

Verkauf des Warenzeichens

Am 16. Januar 2004 ließ der Projektgründer Dominic Mazzoni das Warenzeichen Audacity beim United States Patent and Trademark Office unter der Nummer 78352743 auf seinen Namen eintragen. Am 1. Dezember 2020 verkaufte er das Warenzeichen weitgehend unbeachtet an die MuseCY SM Ltd. für offiziell einen Dollar plus unbekannter weiterer Vergünstigungen.[6] Im deutschsprachigen Raum wurde der Verkauf am 3. Mai 2021 bekannt.

Kontroverse innerhalb der Entwickler-Community

Der neue Besitzer betonte, dass die unter der Open-Source-Lizenz GPLv2 stehende Software auch zukünftig kostenlos und quelloffen bleiben würde,[7][8] jedoch räumten sich die neuen Eigner wenig später durch veränderte Nutzungsbedingungen das Sammeln und die Weitergabe umfassender Nutzungs- und Nutzerdaten ein. Diese geplante Funktionserweiterung durch den technischen Leiter des Projekts, Dmitry Vedenko, Telemetriedaten konkret an Google und Yandex weiterzuleiten, ist bei der Community auf wenig Gegenliebe gestoßen.[9] Die Entwickler reagierten, indem sie die vorgeschlagene Erweiterung in dieser Form zurückzogen und stattdessen eine selbstgehostete Lösung für Fehlerberichte und Updateprüfungen ankündigten.[10] Die neue Datenschutzrichtlinie von Audacity bestimmte zudem, dass das Programm nicht für die Nutzung durch Minderjährige unter 13 Jahren zugelassen sei, was im Widerspruch zu den Bestimmungen der GPL-Lizenz steht. Die Entwickler überarbeiteten daraufhin die Datenschutzrichtlinie und entfernten die „Unter 13 Jahren“-Klausel.[11][12]

Am 22. Juli 2021 meldeten sich die Entwickler mit einer ausführlichen Stellungnahme zu Wort.[13] Sie betonten: Die Fehlerübermittlung an die Entwickler sowie die Aktualisierungsprüfung bleiben erhalten, weitere Daten würden nicht übermittelt. Die Bestimmung, die Kinder unter 13 Jahren davon abhält, Audacity zu verwenden, wurde entfernt. Im oben genannten Rahmen werden IP-Adressen, das verwendete Betriebssystem sowie die Audacity-Version übermittelt. Dieses Verhalten kann in den Einstellungen deaktiviert werden. Die IP-Adressen werden vollständig übermittelt, aber nur verkürzt auf drei Bytes gespeichert. Genau dieses Vorgehen erfordert allerdings, dass unter den Nutzungsbedingungen 1. das „Speichern personenbezogener Daten“ erwähnt wird sowie 2. die mögliche Weitergabe an Strafverfolgungseinrichtungen: Jede US-Organisation muss, nach entsprechendem gerichtlichem Beschluss, bei einer Untersuchung kooperieren, alles andere gilt als Behinderung der Justiz.

Die Speicherung der (verkürzten) IP-Adressen soll helfen, mögliche DoS-Angriffe auf die Audacity-Update-Server zu erkennen und abzuwehren. Darüber hinaus ermöglichen die gespeicherten Daten grundlegende Statistiken über die tägliche Anzahl der Benutzer pro Land, Betriebssystem und Audacity-Version. Diese Statistiken sollen bei Planung und Entwicklung hilfreich sein. Audacity-Versionen, die Nutzer eigenständig aus dem Quellcode kompilieren, laufen standardmäßig ohne die o. g. Netzwerkfunktionen. Audacity-Builds, die über Linux-Distributionen verfügbar sind, sollten ebenfalls ohne Netzwerkfunktionen laufen, da die Updates von der jeweiligen Paketverwaltung angestoßen werden.

Folgeprojekte und Abwandlungen

Im Juli 2021 spitzte sich der Konflikt zu. Mehrere Abspaltungen (Forks) entstanden, darunter "Tenacity" und "Sneedacity".[14]

Literatur

  • Markus Priemer: Audacity kompakt – Professionelle Soundbearbeitung mit dem besten freien Audioeditor. bomots, Saarbrücken 2008, ISBN 978-3-939316-23-7
  • Holger Reibold: Audacity 2.0 kompakt – Professionelle Soundbearbeitung mit dem besten freien Audioeditor. Brain Media, Saarbrücken 2013, ISBN 978-3-95444-027-6
  • Andreas Klug und Heike Demmel: Audiobearbeitung mit Audacity 2.0. PDF-Datei zum freien Download auf Deutsch, auch in Englisch, Spanisch und Portugiesisch erhältlich
  • Brigitte Hagedorn: Audiobearbeitung mit Audacity für Kids, mitp, 2014, ISBN 978-3-826683299

Weblinks

Commons: Audacity – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Audacity 3.1.3, auf heise.de, abgerufen am 6. Februar 2022
  2. Audacity Project: Audacity Current Features. April 2009. Archiviert vom Original am 18. Dezember 2008. Abgerufen am 23. April 2009.
  3. Scrubbing and Seeking - Audacity Manual. Abgerufen am 17. Juli 2021.
  4. Audacity Project: Audacity Feature Requests. April 2009. Archiviert vom Original am 18. Dezember 2008. Abgerufen am 23. April 2009.
  5. Audacity legacy windows page
  6. Verkauf der Marke: Trademark Assignment. Abgerufen am 9. Juli 2021.
  7. heise online: Muse übernimmt Audio-Software Audacity. Abgerufen am 3. Mai 2021.
  8. Daniel Seah: "Audacity has been acquired by Muse Group, which also owns MuseScore and Ultimate Guitar" Music Tech vom 4. Mai 2021
  9. heise online: Audacity-Entwickler erzürnen Anwender mit Telemetriedatenversand. Abgerufen am 24. Mai 2021.
  10. golem.de: Open Source: Audacity verzichtet auf Google-Telemetrie. Abgerufen am 24. Mai 2021.
  11. Update to Our Privacy Policy & Apology · Discussion #1353 · audacity/audacity. Abgerufen am 13. August 2021 (englisch).
  12. Desktop Privacy Notice. In: Audacity ®. Abgerufen am 13. August 2021 (englisch).
  13. Audacity Team Maintainer: Update to Our Privacy Policy & Apology #1353. 22. Juli 2021, abgerufen am 29. August 2021 (englisch).
  14. Gareth Halfacree: Audacity fork maintainer quits after alleged harassment by 4chan losers who took issue with 'Tenacity' name. In: The Register. Abgerufen am 12. April 2022 (englisch).