Aufforderung zur Abgabe eines Angebots

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Die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots (lat. auch: invitatio ad offerendum; oft vereinfacht invitatio) ist im deutschen Zivilrecht eine rechtlich nicht verpflichtende Handlung zum Abschluss eines Vertrags.

Allgemeines

Nach allgemeiner Zivilrechtslehre kommen Verträge durch Angebot gemäß § 145 BGB und Annahme gemäß § 147 BGB zustande. Nur der Antrag und dessen Annahme auf der Gegenseite sind rechtlich bindende Willenserklärungen. Bei Kaufverträgen des täglichen Lebens geschieht die Willensäußerung regelmäßig dahingehend verkürzt, dass die Annahmeerklärung dem Antragenden gegenüber nicht ausdrücklich, sondern konkludent zum Ausdruck gebracht wird. Die Wirksamkeit folgt daraus, dass derartige Erklärungen nach der Verkehrssitte genügen.

Aber nicht jede Offerte, die ein Produkt oder eine Dienstleistung anträgt, ist ein bindendes Vertragsangebot. Vielmehr haben manche Erklärungen den Sinn, den anderen Teil seinerseits zur Abgabe eines Angebots aufzufordern (Verschieben der Angebotserklärung auf das Gegenüber).[1] Eine bloße Aufforderung oder Einladung zur Abgabe eines Angebots bindet rechtlich noch nicht. Aufgrund der Aufforderung oder Einladung gibt der Kaufinteressent dann ein (für ihn bindendes) Angebot ab, das durch den Auffordernden wiederum angenommen oder abgelehnt werden kann. Im ersten Fall dann ist der Vertrag geschlossen.

Rechtsfragen

Klassische Aufforderungen zur Angebotsabgabe sind beispielsweise Listenpreise, die auf Preislisten, Speisekarten oder Katalogen erscheinen.[2] Fehlerhafte Angaben können aufgrund der Unverbindlichkeit während der Bestellung oder Vertragsverhandlung daher noch korrigiert werden.[3] Werden die Fehler hingegen nicht bemerkt, kommt der Kaufvertrag auch unter den fehlerhaften Bedingungen (falscher Kaufpreis) zustande. Der Verkäufer hat allerdings ein Anfechtungsrecht wegen Inhaltsirrtums (§ 119 Abs. 1 1. Alternative BGB), der dann unwirksam wird (§ 142 Abs. 1 BGB).

Andere Beispiele sind Zeitungsanzeigen, Plakate, Schaufensterauslagen, Werbespots, Teleshopping[4] oder Bietergebote bei Versteigerungen. Verträge kommen bei Versteigerungen dann durch Zuschlag zustande (§ 156 Satz 1 BGB).[5] Dazu gehören auch Angebote auf Internetseiten, denn erst die Bestellung erzeugt Verbindlichkeit, zu den Bedingungen des im Internet ausgewiesenen Verkaufspreis.[6]

Nach h. M. stellt im Supermarkt ausgelegte Ware eine Invitatio dar, da es am Erklärungsbewusstsein und am Rechtsbindungswillen des Verkäufers zunächst fehle. An der Kasse gibt der Käufer sein Angebot ab, das durch Eingabe oder Scan des Kaufpreises durch den Supermarktbetreiber konkludent angenommen wird.[7] Aus nämlichen Gründen hat der Kunde keinen Anspruch auf Aushändigung eines bestimmten Ausstellungsstücks (etwa aus dem Schaufenster eines Geschäfts).

Anderes gilt zum Beispiel bei Verkaufsautomaten: Hier gibt der Automatenaufsteller ein verbindliches Angebot ab, eine so genannte offerta ad incertas personas. Ordnungsgemäßer Geldeinwurf und Warenentgegennahme führen damit direkt zum Abschluss eines Kaufvertrags.[8]

International

In der Schweiz wird wie in Deutschland zwischen dem verbindlichen Angebot (Art. 3 OR) und der unverbindlichen Aufforderung zur Angebotsabgabe unterschieden. Ist eine Schaufensterauslage mit Preisschildern versehen, kann jedoch der Kunde davon ausgehen, dass er die Ware auch zum angegebenen Preis bekommt – vorbehalten bleibt ein wesentlicher Irrtum. Werbebriefe, Prospekte oder Kataloge sind dagegen unverbindlich.

Einzelnachweise

  1. Dieter Leipold, BGB I: Einführung und allgemeiner Teil, 2008, S. 182
  2. Dr. Th. Gabler Verlag, Gablers Wirtschaftslexikon, Band 4, 1984, Sp. 806
  3. BGH, Urteil vom 4. Februar 2009, Az.: VII ZR 32/08
  4. Gerti Donhauser, Vertragsrecht / Schuldrecht / Sachenrecht, 2004, S. 29
  5. Benno Mugdan: Die gesamten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Band I, 1899, S. 450.
  6. BGH, Urteil vom 26. Januar 2005, Az.: VIII ZR 79/04
  7. Gerti Donhauser, Vertragsrecht / Schuldrecht / Sachenrecht, 2004, S. 29
  8. Gerti Donhauser, Vertragsrecht / Schuldrecht / Sachenrecht, 2004, S. 29