Bósa saga ok Herrauðs
Die Bósa saga ok Herrauds oder Saga von Bósi und Herraud ist eine Vorzeitsaga, die um 1300 geschrieben wurde und in drei Handschriften aus dem 15. Jahrhundert erhalten blieb. Sie berichtet von den Abenteuern der Gefährten Herrauðr (Herraud) und Bósi.
Protagonisten
Die Geschichte beginnt mit Hring, dem König von Östergötland, von dem gesagt wird, er sei der Sohn des Königs Gauti, Sohn des Königs Odin von Schweden, und Halbbruder des Königs Gautrek des Großzügigen, der in der Gautreks saga[1] König von Västergotland ist. Hrings Frau war Sylgja, Tochter des Jarls Sæfara ('Seefahrer') von Småland. Sæfara hatte auch zwei Söhne mit den Namen Dagfari („Tagfahrer“) und Náttfari („Nachtfahrer“), die in Diensten von König Harald standen. In zeitlicher Hinsicht wird die Geschichte so angesiedelt, dass Hring als Zeitgenosse Harald Kriegszahns, König von Dänemark und Schweden erscheint.
Herraud, die Hauptfigur der Saga, war der Sohn von Hring und dessen Frau Sylgja. Aber Hring hatte auch einen Sohn mit einer Kebse, den Sjód (Sjóðr), der dem Hring als Schatzmeister und Steuereintreiber diente; und von dessen Namen, so die Saga, sich das Wort sjödr („Geldbörse“) ableitet. Hring bevorzugte den Sjód gegenüber dem Herraud.
Herrauds bester Freund war Bósi, der jüngere Sohn eines früheren Wikingers namens Thvari, auch Bryn-Thvari (Brünnen-Thvari), und seiner Frau, einer früheren Schildmaid sowie Tochter des Königs Agnar von Nóatún. Thvari hatte Brynhild in einem vorherigen Duell teilweise verkrüppelt, weswegen diese unter dem Namen Bögu-Brynhild („Stunt-Brynhild“) bekannt war; von dieser Verletzung erholte sie sich nie wieder vollständig. Nachdem Thvari Brynhild geheiratet hatte, gebar sie ihm zwei Söhne, den Smid (Smiðr) und Bósi. Smid erlernte von ihrer Pflegemutter Busla, die eine mächtige Zauberin war, einige magische Künste. Bósi wurde manchmal nach seiner Mutter „Bögu-Bósi“ genannt.
Bósi war ein Raufbold, der womöglich geächtet wurde, weil er einige andere in einem Ball-Spiel verletzt und ihnen dauerhafte körperliche Behinderungen beigebracht hatte. Der unzufriedene Herraud erhielt – entgegen dem Rat des Sjód – von seinem Vater Hring die Erlaubnis mit fünf Schiffen auf Wiking zu gehen. Hierbei wurde er vermutlich von dem geächteten Bósi begleitet und sie heerten fünf Jahre erfolgreich. Währenddessen erzwang Herrauds Halbbruder Sjód in Östergötland von Bosis Vater Thvari die Zahlung einer Kompensation für die Männer, die Bosi in dem Ballspiel verletzt hatte. Daraufhin begab es sich, dass Bosis ins Wendland abgetrieben wurde, wo sich Sjód auf einer Strafexpedition für König Hring befand. Die beiden zerstritten sich über das Geschehene und Bosi tötete den Sjód.
Daraufhin kehrte Herraud zu dem Hof seines Vaters zurück und bot Kompensation für den Tod des Sjód an. König Hring jedoch, wies alle Angebote zurück. Es brach ein Bürgerkrieg zwischen Vater und Sohn aus. Hring gelang es Herraud und Bósi gefangen zu nehmen und bereitete deren Hinrichtung vor. Aber in dieser Nacht erschien die Busla, Bosis Pflegemutter, mittels ihrer magischen Künste im Schlafgemach des Hring und bedrohte ihn mit Verwünschungen und bearbeitete ihn mit weiblichem Charme, woraufhin der hilflose König darin einwilligte, seinen Frieden mit Herraud und Bösi zu machen und sie an Stelle der Hinrichtung auf eine gefährliche Fahrt zu schicken.
Die Bjarmaland-Fahrt
Am folgenden Tag verbannte Hring den Herraud als auch den Bósi; den ersteren lebenslang; den zweiten, bis es ihm gelänge, ein Geier-Ei mit goldener Inschrift zurückzubringen.
Die beiden verließen Östergötland mit dem Ziel Bjarmaland und erlebten viele Abenteuer. So kommt es etwa zu einem erotischen Aufeinandertreffen Bósis mit einer Bauerntochter, in Form eines expliziten Rätseldialoges.
Den beiden Gefährten gelingt es, einen Geier zu töten, der den Tempel des Jomali in Bjarmaland bewacht, dessen Ei zu erlangen. Sie erschlagen die Priesterin Kolfrosta, die Mutter des Königs Harek von Bjarmaland und befreien Hleid (Hleið), die Schwester des Königs Godmund (Godmundr) von Glæsisvellir, die dorthin durch Magie verbracht worden war, um sie in die neue Priesterin zu verwandeln. Herraud nahm Hleid zu seinem Weib und kehrte mit ihr und Bosi zurück nach Östergötland, wo sich Hring, nachdem er die Schale des Eis erhalten hatte, wieder mit ihnen versöhnte.
Weitere Abenteuer
Hiernach reisen Herraud und Bósi ab, um König Harald in der Schlacht von Bråvalla beizustehen und gehören später zu den wenigen Überlebenden.
Währenddessen verspricht König Godmund von Glæsisvellir, der nicht weiß, was mit seiner Schwester Hleid passiert ist, dem Siggeir, Sohn des Königs Harek von Bjarmaland, dass Siggeir die Hleid zum Weibe nehmen könne, sofern er sie finde. Siggeir und dessen Bruder Hrærek erfahren von Hleids Entführung aus Bjarmaland und der Zerstörung des Tempels des Jomali und ziehen gen Götaland. Dort attackieren sie König Hring, der ihnen wenig entgegensetzen kann, da er den Großteil seiner Männer nach Bråvalla entsendet hatte. Hring stirbt im Kampf und Hleid wird entführt.
Nach ihrer Rückkehr von Bråvalla ziehen Herraud und Bósi, begleitet von Bósis Bruder Smid and Bósis Pflegemutter Busla, aus um Hleid zurückzuholen. Sie erreichen ihr Ziel nach vielen weiteren Abenteuern (einschließlich solcher zwischen Bosi und zweier Maiden erotischen Inhalts). Herraud erhält Heid zurück und Bosi erhält König Hareks Tochter Edda. Smid und Busla zeigen ihre magischen Fertigkeiten. Als König Harek in Gestalt eines riesigen Ebers angreift, tritt ihm Busla entgegen; beide fallen ins Meer und wurden nie mehr gesehen.
Ausblick
Herraud wird als Nachfolger seines Vaters König von Östergötland, während Bósi, aufgrund seiner Heirat mit Edda, König von Bjarmaland wird. Aufgrund eines seiner anderen erotischen Abenteuer wird Bosi der Vater von Svidi dem Kühnen, dem Vater von Vilmund dem Zerstreuten.
Herraud und Hleid werden Eltern einer Tochter, der Þóra Borgarhjörtr, die eine Schlange in ihrem Gemach hielt und die nur von dem gefreit werden konnte, der die Schlange töten konnte. Der Schlangentöter und Ehemann war wohl Ragnar Lódbrok. Die Saga erklärt die Herkunft der Schlange am Ende damit, dass sie aus dem Ei geschlüpft sei, das Herraud und Bosi mitgebracht hatten.
Andere Erwähnungen
Die Geschichte von Ragnar und der Schlange taucht auch in der Ragnars saga loðbrókar und im Þáttr af Ragnars sonum auf. Dort erscheint Herraud als Jarl Herrud (Herruðr) von Götaland. Eine Variante mit zwei Schlangen, an Stelle einer, findet sich in Saxo Grammaticus' Gesta Danorum[2], wo Herraud als Herathus, König von Schweden auftaucht.
Alternative Namensformen
- Herraud: Herrauðr; Herrud (Herruðr); Herothus, anglizisiert in Heroth, Herodd.
- Bósi: anglizisiert in Bosi.
Literatur und Weblinks
- Englische Übersetzungen:
- The Saga Of Bosi and Herraud in englischer Übersetzung von George L. Hardman, zusammen mit dem altnordischen Text
- "Bosi and Herraud" in Two Viking Romances. Übers. Pálsson, Hermann und Edwards, Paul (1995). Harmondsworth, England: Penguin. ISBN 0-14-600156-7.
- "Bosi and Herraud" in Seven Viking Romances. Übers. Pálsson, Hermann und Edwards, Paul (1985). Harmondsworth, England: Penguin. ISBN 0-14-044474-2. Kapitel 12, "A Wedding Feast", ist enthalten in Shire of Vanished Wood: Mac Taggart, Talbot. "Weddings in the Viking Age".
- "Bosi and Herraud" in Gautrek's Saga and other medieval tales. Übers. Pálsson, Hermann und Edwards, Paul (1968). London: University of London Press. ISBN 0-340-09396-X.
- Originaltext:
- Bósa saga ok Herrauðs bei heimskringla.no
- Snerpa: Netúgáfan: Fornrit: Bósa saga ok Herrauðs bei snerpa.is
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Robert Nedoma: Gautreks Saga Konungs / Die Sage von König Gautrek. Aus dem Altisländischen übersetzt. Kümmerle Verlag, Göppingen 1991 (= Göppinger Arbeiten zur Germanistik. Band 529), ISBN 3-87452-769-7.
- ↑ Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus, Erster Teil, Buch 9, S. 407 f Übersetzung von Paul Herrmann, Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901; Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_417.jpg&oldid=1030492