Bürgschaftsbank

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Bürgschaftsbanken sind privatwirtschaftlich organisierte und vom Staat unterstützte Förderbanken mit der Zielsetzung, gewerbliche Unternehmen und freie Berufe bei der Kredit- oder Beteiligungsfinanzierung zu unterstützen. Die von ihnen gewährten Bürgschaften sind vollwertige Sicherheiten für alle Kreditinstitute. Bürgschaftsbanken erhalten vom Bund und den Ländern Rückbürgschaften und vergeben somit öffentliche Bürgschaften.

Hintergrund

Bürgschaftsbanken sind Spezialbanken, die nicht als Universalbank alle Bankgeschäfte anbieten, aber dennoch Kreditinstitute nach § 1 des Kreditwesengesetzes sind, da die gewerbsmäßige Übernahme von Bürgschaften (Bankavalen) einen banküblichen Geschäftsbetrieb erfordert. Bürgschaftsbanken bezeichnen sich als private Selbsthilfeeinrichtungen des Mittelstandes, an denen Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, Kammern der Freien Berufe, Wirtschaftsverbände und Innungen, Banken und Sparkassen sowie Versicherungsunternehmen beteiligt sind. Sie sind nicht öffentlich und stehen auch nicht miteinander im Wettbewerb, sondern sind – jeweils rechtlich und wirtschaftlich selbständig – für die mittelständische Wirtschaft im jeweiligen Bundesland tätig. Die Bürgschaftsbanken sind somit keine landeseigenen, sondern private Förderinstitute – allerdings unterstützen der Bund und das jeweilige Land die Fördertätigkeit in vielfältiger Weise. Neben Bürgschaften von Bürgschaftsbanken gibt es weitere öffentliche Bürgschaften des Bundes und der Länder.

Geschichte

Bürgschaftsbanken wurden nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet, die erste 1949 in Schleswig-Holstein. Ursache war die nachkriegsbedingte Wirtschaftslage, in der Unternehmen und potenzielle Unternehmer aufgrund der Kriegsfolgen häufig weder über Barmittel noch über Vermögenswerte, die als Kreditsicherheit herangezogen werden konnten, verfügten. Um betriebswirtschaftlich sinnvolle Vorhaben trotzdem zu ermöglichen, wurden in den Bundesländern die Bürgschaftsbanken – häufig noch unter der Bezeichnung Landesgarantiekasse oder Kreditgarantiegemeinschaft – gegründet, die mit Unterstützung der Kreditinstitute, Wirtschaftsverbände, Kammern, Innungen und nicht zuletzt des Staates Kreditsicherheiten stellen konnten und somit den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland unterstützten. Nach der Wiedervereinigung wurden in den neuen Bundesländern ebenfalls Bürgschaftsbanken gegründet. Darüber hinaus haben viele osteuropäische Länder das Bürgschaftsbankensystem im Rahmen der EU-Osterweiterung übernommen. Der Einsatz von Bürgschaftsbanken, um Unternehmenswachstum oder Existenzgründungen zu ermöglichen, wurde in der Vergangenheit vor dem Hintergrund der Suche nach effektiven Wirtschaftsförderinstrumenten (hier in Form von haushaltsschonenden Eventualverbindlichkeiten) immer wieder gestärkt.

Funktionsweise

Das Kreditgeschäft wird seitens der Kreditinstitute grundsätzlich aufgeteilt in "Refinanzierung" und "Kreditrisiko". Beide Funktionen befassen sich entweder mit der Beschaffung der zu verleihenden Geldmittel (Refinanzierung) oder mit der Risikoübernahme, falls der Kreditnehmer den Kredit nicht zurückbezahlen kann. Aufgabe der Bürgschaftsbanken ist ausschließlich die Übernahme von Kreditrisiken bis zu 80 % durch Ausfallbürgschaften, die so in der Regel Kredite bis zu einer Höhe von 1,56 Mio. Euro absichern. Dies verringert das Risiko des finanzierenden Kreditinstituts erheblich. Die Bürgschaftsbank zahlt erst dann an das Kreditinstitut, wenn der Kunde seinen Kreditverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann und andere Sicherheiten verwertet worden sind. Durch eine Ausfallzahlung der Bürgschaftsbank an das Kreditinstitut ist der Kreditnehmer jedoch nicht von seinen Zahlungsverpflichtungen entbunden, vielmehr ist das Schuldverhältnis auf die Bürgschaftsbank automatisch übergegangen (siehe auch § 774 Abs. 1 Satz 1 BGB). Bürgschaftsbanken wiederum erhalten für die zu leistenden Zahlungen anteilige Unterstützung durch Bund und Länder: Die Bürgschaften werden zu 65 % in den alten Bundesländern und in den neuen Bundesländern seit dem Jahr 2013 mit 75 % (vorher 80 %) vom Bund und dem jeweiligen Land rückverbürgt.

Bürgschaftsbanken in den Bundesländern

In jedem Bundesland gibt es rechtlich eigenständige Bürgschaftsbanken (z. B. die Bürgschaftsbank Hessen, Bürgschaftsbank Schleswig-Holstein, Bürgschaftsbank Sachsen-Anhalt, Bürgschaftsbank Thüringen oder die Bürgschaftsbank NRW), deren Förderaktivitäten sich kaum unterscheiden. So bieten alle Bürgschaftsbanken Ausfallbürgschaften an, mit denen sie den Hausbanken bis zu 80 % des Kreditrisikos abnehmen. Der Großteil bietet außerdem „Bürgschaften ohne Bank“ an. Bei dem Sonderprogramm können sich Unternehmer sich mit ihrem Vorhaben zuerst direkt an die Bürgschaftsbank wenden. Mit der grundsätzlichen Bürgschaftszusage sucht der Unternehmer sich eine Hausbank, die den Kredit finanziert. So wird die Suche nach einer Hausbank leichter. Seit Oktober 2015 bieten die Bürgschaftsbanken Agrar-Bürgschaften[1] an. Mit dem bundesweiten Programm werden landwirtschaftliche Betriebe, Aquakulturbetriebe und nicht gewerbliche Gartenbaubetriebe gefördert. Seit 2016 finanzieren die Bürgschaftsbanken mit Contracting-Bürgschaften[2] Energiespar-Contracting-Vorhaben. Dafür wurde mit Experten aus Energieagenturen und Handwerk ein neuer Mustervertrag[3] entwickelt.

Die Bürgschaftsbanken sind im Verband Deutscher Bürgschaftsbanken zusammengeschlossen.

Literatur

Bücher

  • Dirk Kramer: Bürgschaftsbanken als Instrument zur Überwindung von Kreditrationierung in Deutschland? Eine empirische Untersuchung in den Ländern Brandenburg und Berlin. Ibidem-Verlag, Stuttgart 2008.
  • Axel G. Schmidt, Marco van Elkan: Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der deutschen Bürgschaftsbanken. Lit Verlag, Berlin 2006.
  • R. Flessa: Bürgschaften des Staates und der Kreditgarantiegemeinschaften. Rechtsgrundlagen, erläutert für Kreditinstitute, Bewilligungsbehörden, Kreditnehmer und ihre Berater. Fritz Knapp Verlag, Frankfurt am Main 1999.

Aufsätze

  • Association Européenne du Cautionnement Mutuel: Guaranteeing loans for small and medium-sized enterprises. Sharing credit risk, an incentive for investment and growth... The guarantee schemes members of the European Mutual Guarantee Association. Presentation and comparison. 2006
  • J. Bigus, T. Langer, D. Schiereck: Warum gibt es Sicherheiten? In: Kredit und Kapital. 4, 2005.
  • H.-G. Geis: Kreditgarantiegemeinschaften in der Entwicklungszusammenarbeit. Kurzgutachten im Auftrag des Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Freie Universität Berlin. Institut für Bank- und Finanzwirtschaft, Berlin 1993. (Berichte und Materialien Nr. 15)
  • L. Kokalj, G. Paffenholz, P. Moog: Neue Tendenzen in der Mittelstandsfinanzierung. (Bd. 99). (I. f. Mittelstandsforschung, Hrsg.) Deutscher Universitäts-Verlag, Wiesbaden 2003.
  • M. Stefanović: Wirkungsweise und Bedeutung des Bürgschaftsbankensystems für die Mittelstandsfinanzierung in Deutschland. Banken, Performance und Finanzmärkte. Fritz Knapp Verlag, Frankfurt am Main 2009.
  • Alex G. Schmidt, Marco van Elkan: Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der deutschen Bürgschaftsbanken. Institut für Mittelstandsökonomie an der Universität Trier, 2010.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Inexweb GmbH: Agrar-Bürgschaft | Home. In: www.agrar-buergschaft.de. Abgerufen am 27. Oktober 2016.
  2. Contracting-Bürgschaften - Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e.V. In: www.contracting-buergschaft.de. Abgerufen am 27. Oktober 2016.
  3. Pressemitteilungen - Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e.V. In: www.vdb-info.de. Abgerufen am 27. Oktober 2016.