Bahariya-Formation

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Der Gebel El-Dist mit dem Typusprofil der Bahariya-Formation

Die Bahariya-Formation (auch Baharija-, Bahariyya- oder Bahriya-Formation) ist ein siliziklastischer Schichtenverband, der während des Cenomaniums im nördlichen Ägypten abgelagert wurde. Sie wurde erstmals 1914 von Ernst Stromer von Reichenbach unter der Bezeichnung „Baharije-Stufe“ wissenschaftlich beschrieben.[1] Bekannt ist sie vor allem für ihre Wirbeltierfossilführung.

Typlokalität dieser Formation ist die Bahariyya-Senke, die in ein Plateau aus eozänen Kalksteinen eingetieft ist. Die Bahariya-Formation bildet dort die Sohle und den unteren Teil des relativ steilen Hanges, der die Senke säumt, sowie die unteren Hänge einiger größerer Erhebungen innerhalb der Senke. Das Typusprofil liegt am Gebel El-Dist im Norden der Senke. Die Bahariya-Formation ist sehr weit verbreitet und Faziell ähnliche stratigraphische Äquivalente finden sich noch auf der Sinai-Halbinsel und in Israel.

Im nordöstlichen Teil der Bahariyya-Senke wird Eisenerz abgebaut (Funde am Gebel Ghorabi, Gegend um El-Harra und El-Gedida). Neuerdings hat die Bahariya-Formation auch als Speichergestein fossiler Kohlenwasserstoffe an internationalem Interesse gewonnen.

Geologischer Hintergrund

Die Ablagerung der Bahariya-Formation begann vor ungefähr 97 Millionen Jahren und währte 3 bis 6 Millionen Jahre. Sie fiel in die Zeit der sogenannten Cenoman-Transgression, einem weltweit nachweisbaren Meeresspiegelanstieg, auf dessen Höhepunkt Pegel erreicht wurden, die lokal bis zu 200 Meter über dem heutigen Niveau lagen. Der Vorstoß des Tethysmeeres erfolgte in Ägypten von Norden nach Süden. Weite Teile des teilweise tektonisch unruhigen (mit Grabenbrüchen im Jura) passiven Kontinentalrandes des Arabisch-Nubischen Kratons wurden dabei allmählich überflutet.

Stratigraphie und Fazies

Die Mächtigkeit der Bahariya-Formation beträgt im tektonisch stabilen Teil des passiven Kontinentalrandes 100 bis 200 Meter – in der Typlokalität weist sie 90 bis 100 Meter auf. Im tektonisch unruhigen Schelfbereich weiter nördlich kann ihre Mächtigkeit jedoch bis auf 400 bis 500 Meter anwachsen.

Die Formation wird gewöhnlich in drei Schichtglieder unterteilt (Hangendes zuoberst):

  • El Heiz Memberlagunäre bis supratidale Abfolge mit dunklen eisenhaltigen Sandsteinen – Rückzug des Cenoman-Meeres
  • Gebel Dist Memberästuarine Abfolge mit schräggeschichteten Sandsteinen
  • Gebel Ghorabi Memberfluviatile Sand- und Siltsteine

Manche Autoren trennen jedoch das El Heiz Member von der Bahariya-Formation ab und betrachten es als eigene Formation.

Die Basis der Bahariya-Formation ist nirgendwo aufgeschlossen, dürfte aber diskordant auf dem Grundgebirge liegen. Überlagert wird die Formation diskordant von der El-Hefhuf-Formation der höheren Oberkreide oder direkt von den eozänen Kalksteinen der El-Naqb-Formation, die das Plateau um die Bahryia-Senke aufbauen.

Insgesamt betrachtet deuten die Faziesverhältnisse in der Bahariya-Formation auf küstennahe Ablagerungsbedingungen. Die damalige westliche Neotethys dürfte in Nordägypten ein tropisch-warmgemäßigtes Schelfmeer gewesen sein.

Fauna der Bahariya-Formation

Lebendrekonstruktionen verschiedener fossiler Tierarten aus der Bahariya-Formation im korrekten Größenverhältnis (menschlicher Taucher zum Vergleich). In der Mitte Spinosaurus.
Paralititan
Carcharodontosaurus
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Stomatosuchus

Der Fossilinhalt der Bahariya-Formation ist recht vielseitig. Neben einer artenreichen Fischfauna finden sich Überreste von Krabben, urtümlichen Krokodilen, Schildkröten, urtümlichen Schlangen, Dinosauriern und Plesiosauriern. Auch pflanzliche Reste von Baumfarnen (mit der Mangrovenart Weichselia reticulata) und Bedecktsamern (Angiospermae) sind erhalten geblieben.

Bekannt geworden war die Bahariya-Formation durch Stromers Dinosaurierfunde. Leider fielen diese im Zweiten Weltkrieg der Zerstörung anheim. Im Jahr 2001 veröffentlichte Joshua Smith von der University of Pennsylvania die wissenschaftliche Erstbeschreibung des im Jahr 2000, im Rahmen neuer Grabungen in der Bahariya-Formation entdeckten sauropoden Dinosauriers Paralititan stromeri. Die folgende Auflistung enthält eine Auswahl systematischer Tiergruppen und einiger ihrer Vertreter, die bislang in der Formation entdeckt wurden:

Knorpelfische (Chondrichthyes)

Knochenfische (Osteichthyes)

Schuppenkriechtiere (Squamata)

  • Simoliophis – ein Vorläufer der modernen Schlangen; besaß wahrscheinlich noch Überreste der hinteren Gliedmaßen

Crocodylomorpha

Sauropoda

Theropoda

Literatur

  • O. Catuneanu, M. A. Khalifa, H. A. Wanas: Sequence stratigraphy of the Lower Cenomanian Bahariya Formation, Bahariya Oasis, Western Desert, Egypt. In: Sedimentary Geology. Bd. 90, Nr. 1–4, 2006, S. 121–137, doi:10.1016/j.sedgeo.2006.05.010 (alternativer Volltextzugriff: ResearchGate).
  • Jean-Claude Rage, François Escuillié: Le Cénomanien : étage des serpents bipèdes. In: Carnets de Géologie. Bd. 3, Art.-Nr. 1, 2003 (online).
  • Rushdi Said (Hrsg.): Geology of Egypt. Egyptian General Petroleum Corporation, Conoco Hurghada u. a. – Balkema in Kommission, Rotterdam u. a. 1990, ISBN 90-6191-856-1.
  • Barbara Smith Grandstaff: Giant fishes from the Bahariya Formation, Bahariya Oasis, Western Desert, Egypt. PhD-Dissertation/Thesis, University of Pennsylvania, Philadelphia PA 2006 (Abstract).
  • Christa Werner: Die Elasmobranchier-Fauna des Gebel Dist Member der Bahariya Formation (Obercenoman) der Bahariya Oase, Ägypten. Pfeil, München 1989, ISBN 3-923871-45-7 (Palaeo Ichthyologica, Bd. 5; zugleich: Dissertation, TU Berlin, 1989).

Einzelnachweise

  1. Ernst Stromer: Ergebnisse der Forschungsreisen Prof. E. Stromers in den Wüsten Ägyptens. I. Topographie und Geologie der Strecke Gharaq-Baharije nebst Ausführungen über die geologische Geschichte Ägyptens. In: Abhandlungen der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften, mathematisch-physikalische Klasse. Bd. 23, Abh.-Nr. 11, 1914 (archive.org), S. 45.
  2. D. B. Dutheil & P. M. Brito: Articulated cranium of Onchopristis numidus (Sclerorhynchidae, Elasmobranchii) from the Kem Kem beds, Morocco. In: First North African Vertebrate Palaeontology Meeting, Marrakech, Morocco, May 25–27, 2009, 2009, 1 S., (Abstract).
  3. Barbara S. Grandstaff, Joshua B. Smith, Matthew C. Lamanna, Kenneth J. Lacovara, Medhat Said Abdel-Ghani: Bawitius, gen. nov., A Giant polypterid (Osteichthyes, Actinopterygii) from the Upper Cretaceous Bahariya Formation of Egypt. In: Journal of Vertebrate Paleontology. Bd. 32, Nr. 1, 2012, S. 17–26, DOI:10.1080/02724634.2012.626823.

Siehe auch