Bahnhof Calw
Calw | |
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Empfangsgebäude des Bahnhofs Calw,
in Betrieb bis 1989 | |
Daten | |
Lage im Netz | Trennungsbahnhof |
Bahnsteiggleise | 4 |
Abkürzung | TCWS |
Eröffnung | 20. Juni 1872 |
Auflassung | 1989 |
Lage | |
Stadt/Gemeinde | Calw |
Land | Baden-Württemberg |
Staat | Deutschland |
Koordinaten | 48° 42′ 26″ N, 8° 44′ 22″ O |
Höhe (SO) | 348 m ü. NN |
Eisenbahnstrecken | |
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Bahnhöfe in Baden-Württemberg |
Der Bahnhof Calw war ein Bahnhof in der baden-württembergischen Stadt Calw. Er befand sich an der Nagoldtalbahn Pforzheim Hbf–Hochdorf (b Horb) und der Württembergischen Schwarzwaldbahn Stuttgart-Zuffenhausen–Calw und wurde 1989 im Personenverkehr durch den zentraler gelegenen Haltepunkt Calw ersetzt.
Lage
Der ehemalige Bahnhof befindet sich rund ein Kilometer außerhalb des Stadtzentrums am südlichen Stadtrand im Tal der Nagold. Zwischen dem Bahnhof und dem Fluss verläuft die Bundesstraße 463, die dort als Bahnhofstraße bezeichnet wird. In nordöstlicher Richtung verzweigten sich bis 1989 die Strecken nach Pforzheim und nach Weil der Stadt beziehungsweise Stuttgart. Beide Strecken führen weiter in Richtung Norden zunächst parallel, aber in unterschiedlicher Höhenlage durch die Stadt, bevor sich die Schwarzwaldbahn bei Hirsau nach Osten von der Nagoldtalbahn entfernt.
Geschichte
Entstehung (1865–1874)
Am 20. Juni 1872 wurde der letzte und aufwändigste Teil der Württembergischen Schwarzwaldbahn zwischen Weil der Stadt und Calw eröffnet und damit auch der Bahnhof Calw. Der heute zur Nagoldtalbahn gehörende Streckenabschnitt Calw–Nagold wurde als Teil der von Stuttgart-Zuffenhausen kommenden Hauptbahn gebaut. Gleichzeitig wurde auf dem Bahnhofsgelände auch das Bahnbetriebswerk Calw in Betrieb genommen.[1] Es hatte einen 47 m langen zweigleisigen beidseitig angeschlossenen Lokschuppen mit vier Ständen. Es gab eine 16-Meter-Drehscheibe.[2]
Am 1. Juni 1874 folgte die Eröffnung des Streckenabschnitts Brötzingen–Calw in Richtung Norden auf der Nagoldtalbahn, wodurch der Bahnhof Calw zum Trennungsbahnhof wurde.
Entwicklung bis zum Zweiten Weltkrieg (1874–1945)
In den Anfangsjahren der Nagoldtalbahn verkehrten zwischen Calw und Horb – von Stuttgart kommend – Fernzüge über die Württembergische Schwarzwaldbahn nach Singen am Hohentwiel und weiter bis an den Bodensee oder nach Schaffhausen. Dies währte jedoch nur bis 1879, als die Gäubahn in Betrieb ging, mit der diese Verbindung verkürzt werden konnte.
1892 wurde im Bahnbetriebswerk eine eingleisige Werkstatt mit Achssenke errichtet. Der große Lokschuppen wurde 1942 um zehn Meter verlängert.[2]
Nach dem Zweiten Weltkrieg (1945–1989)
Im Jahr 1953 wurde das Bahnbetriebswerk Calw als selbständige Dienststelle aufgelöst, es war jedoch noch zwei Jahre lang Einsatzstelle für Dampflokomotiven. 1961 wurde eine Dieseltankstelle errichtet. 1973 wurden die Gebäude des Betriebswerks Calw abgebrochen. Dabei sind die Gleise des Betriebswerks, die Fundamente der Gebäude und die Reste der Drehscheibe erhalten geblieben.
Am 29. Mai 1983 wurde der Personenverkehr zwischen Weil der Stadt und Calw eingestellt. Dadurch verlor der Bahnhof Calw seine Funktion als Umstiegsbahnhof zwischen Nagoldtal- und Schwarzwaldbahn. Am 29. Februar 1988 folgte nach der Auflassung des Güterverkehrs auch die Gesamtstilllegung der Schwarzwaldbahn.[3]
Ersatz durch neuen Haltepunkt (seit 1989)
1989 wurde auf der Nagoldtalbahn der Signalisierte Zugleitbetrieb (SZB) eingeführt. Mittels dieses Systems erfolgt unter anderem die Stellung von Weichen, Signalen und Schranken von zentraler Stelle. In Calw erfolgte zeitgleich mit der Inbetriebnahme des SZB die Inbetriebnahme des neuen, zentrumsnahen Haltepunkt Calw neben dem neu geschaffenen Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). Mit Eröffnung des Haltepunkts wurde der Bahnhof zunächst im Personen- und später auch im Güterverkehr aufgegeben. Zuletzt war er nur eine Ausweichanschlussstelle mit der Bezeichnung Calw Süd. Nach dem Ausbau der Weichen etwa um die Jahrtausendwende gibt es auch diese Betriebsstelle nicht mehr.
Neben dem Haltepunkt Calw verläuft parallel zur Nagoldtalbahn einige Meter höher die stillgelegte Schwarzwaldbahn Stuttgart-Zuffenhausen–Calw. Im Zuge der geplanten Reaktivierung der Strecke soll dort bis 2023 ein Bahnhof mit einem Bahnsteiggleis sowie einem weiteren Abstellgleis gebaut werden. Über einen Fußgängersteg und einen Aufzugsturm wird die Verbindung zum bestehenden Haltepunkt und dem ZOB hergestellt.[4][5][veraltet]
Gebäude
Vom Bahnhof Calw zeugt heute noch ein relativ großes und repräsentatives, unter Denkmalschutz stehendes Empfangsgebäude. Zwischen zwei dreigeschossigen Eckbauten mit Walmdach liegt ein eingeschossiger Mittelbau, dessen Mittelteil ein zweites Geschoss mit Giebeln zur Straßen- und Gleisseite hat. Das 66 Meter lange Gebäude besteht komplett aus rotem Sandstein. Das Vordach auf der Gleisseite wird durch gusseiserne Pfeiler getragen. Die Lage deutlich entfernt vom Stadtzentrum war für den ursprünglichen Betrieb mit Dampfloks und Güterzügen und der damit verbundenen Lärm-, Staub- und Rauchbelästigung in dem engen Tal der Nagold eine verständliche Entscheidung. Für den Personenverkehr war aber diese Distanz umständlich. Heute beherbergt das Gebäude verschiedene Geschäfte. Der Bahnhof besitzt heute keine betriebliche Bedeutung mehr. Die beiden ebenfalls unter Denkmalschutz stehenden, mechanischen Stellwerke sind erhalten geblieben.
Bahnsteige und Gleise
Der Bahnhof Calw besaß zu Zeiten des Personenverkehrs vier Bahnsteiggleise und ein weiteres Gleis zur Umfahrung der Bahnsteige für durchfahrende Züge. Gleis 1 lag am Hausbahnsteig, die Gleise 2, 3 und 4 an einem Mittelbahnsteig. Gleis 2 und 4 waren Durchgangsgleise zu beiden Seiten des Bahnsteiges. Gleis 3 war ein Stumpfgleis, das im nördlichen Ende des Mittelbahnsteigs endete, indem es den Bahnsteig für einige Meter mittig durchfuhr und ihn so in zwei schmale Teile aufspaltete. Heute wird nur noch das Gleis 1 von den Zügen der Nagoldtalbahn befahren. Alle Weichenverbindungen zwischen Gleis 1 und anderen Gleisen wurden entfernt. Jedoch sind mit Ausnahme von Gleis 2, das teilweise abgebaut wurde, alle Bahnhofsgleise, die beiden Bahnsteige und die Gleisanlagen des ehemaligen Bahnbetriebswerks noch vorhanden (Stand 2014). Die Bahnsteige sind durch einen Zaun nicht mehr zugänglich. Auf Gleis 3 und auf mehreren Gleisen des Bahnbetriebswerks sind Fahrzeuge des Vereins Württembergische Schwarzwaldbahn Calw–Weil der Stadt (WSB) abgestellt (Stand 2014).
Literatur
- Eberhard Rieber (Hrsg.): Die Württembergische Schwarzwaldbahn (Stuttgart–Calw): Ein historischer, geologischer, literarischer und aktueller EisenbahnStreckenFührer. E. Rieber, 1992, ISBN 3-928980-11-4.
- Hans-Wolfgang Scharf, Burkhard Wollny: Die Eisenbahn im Nordschwarzwald. Band 1: Historische Entwicklung und Bahnbau. Eisenbahn-Kurier, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-88255-763-X.
- Hans-Wolfgang Scharf, Burkhard Wollny: Die Eisenbahn im Nordschwarzwald. Band 2: Ausgestaltung, Betrieb und Maschinendienst. Eisenbahn-Kurier, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-88255-764-8.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Günter Dutt: Ein Streifzug durch 150 Jahre Tunnelbauwerke in Württemberg. In: Jahrbuch für Eisenbahngeschichte. Nr. 28. Uhle & Kleimann, 1996, ISSN 0340-4250, S. 47–63.
- ↑ a b Zwischen Fluss und Felswänden. In: eisenbahn-magazin. Nr. 7, 2016, ISSN 0342-1902, S. 110.
- ↑ Urs Kramer, Matthias Brodkorb: Abschied von der Schiene – Güterstrecken 1980 bis 1993. Transpress, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-613-71346-8, S. 101.
- ↑ Das Zukunftsprojekt im Landkreis Calw. Abgerufen am 14. Mai 2021.
- ↑ "Grüne Alternative zum Autofahren": Hermann-Hesse-Bahn setzt ab 2023 auf Batteriezüge. In: Pforzheimer Zeitung. Abgerufen am 14. Oktober 2021.