Bartenwale

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Bartenwale

Seiwale (Balaenoptera borealis)

Systematik
Klasse: Säugetiere (Mammalia)
Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria)
Überordnung: Laurasiatheria
ohne Rang: Cetartiodactyla
Ordnung: Wale (Cetacea)
Unterordnung: Bartenwale
Wissenschaftlicher Name
Mysticeti
Flower, 1864
Barte eines Wals

Die Bartenwale (Mysticeti) bilden eine der beiden Unterordnungen der Wale (Cetacea). Sie sind in allen Meeren verbreitet. Benannt sind sie nach den Barten, Hornplatten im Oberkiefer anstelle von Zähnen, mit deren Hilfe Krill und andere Nahrung aus dem Wasser herausgefiltert werden.[1] Zu dieser Gruppe ausnahmslos mariner Säuger zählen die größten bekannten Tiere der Erdgeschichte.

Anatomie

Die zwei Blaslöcher eines Bartenwales

Die meisten Kolosse unter den Walen zählen zu den Bartenwalen. Während die Zahnwale nur einen Großwal in ihren Reihen haben, den Pottwal, gehören zu den Bartenwalen alle anderen Großwale, unter ihnen der Blauwal, das größte lebende Tier der Erde. Alle Bartenwale werden größer als 6 Meter.

Kennzeichnend für die Gruppe sind die dreiseitigen Hornplatten im Oberkiefer, die sogenannten Barten. Beiderseits stehen bis zu 400 Barten, die sehr dicht federartig gefasert sind. Zähne besitzen Bartenwale nur als Embryos. Es sind aber fossile Bartenwale mit Zähnen statt Barten bekannt. Bartenwale haben im Gegensatz zu den Zahnwalen zwei Blaslöcher, welche häufig einen V-förmigen Blas erzeugen.

Ernährung

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Filtermechanismus der Bartenwale; Querschnitt durch den Kiefer senkrecht zur Körperlängsachse

Im Gegensatz zu den Zahnwalen ernähren sich Bartenwale in der Hauptsache von tierischem Plankton beziehungsweise kleineren Meerestieren wie zum Beispiel Krill. Manche Arten fressen aber auch Fische. Der Wal nimmt dazu eine große Menge Wasser auf, was bei den Furchenwalen durch einen extrem dehnbaren Kehlsack erleichtert wird. Danach schließt er seinen Kiefer und drückt das Wasser mit seiner Zunge durch die Barten nach außen. Die im Wasser enthaltenen Kleintiere werden von den Barten wie durch einen Filter zurückgehalten und können so vom Wal problemlos geschluckt werden.

Andere Möglichkeiten, die Barten einzusetzen, sind das Schwimmen mit offenem Maul (beispielsweise Glattwale) oder das Filtern des Meeresbodens (Grauwal).

Verhalten

Wanderungen

Bartenwale kommen in allen Ozeanen vor. Alle Arten unternehmen jahreszeitliche Wanderungen. Im Sommer halten sie sich zur Nahrungsaufnahme in kühlen Gewässern der hohen Breiten auf und wandern im Herbst in wärmere Gewässer, wo sie sich paaren und die Jungen gebären. Außerhalb der Nahrungsvorkommen fressen Bartenwale wenig oder fasten monatelang. Der Grauwal geht sogar auf die längste Wanderung aller Säugetiere.

Sprünge

Trotz ihres beträchtlichen Gewichts sind Bartenwale in der Lage, vollständig aus dem Wasser zu springen. Bekannt für ihr akrobatisches Verhalten sind die Buckelwale, aber auch andere Bartenwale durchbrechen mit dem Körper die Wasseroberfläche oder schlagen mit den Flossen lautstark darauf. Der Zweck dieser Äußerungen ist nicht eindeutig geklärt.

Töne

Im Gegensatz zu Zahnwalen ist für Bartenwale die Fähigkeit zur Echolokation nicht nachgewiesen. Dagegen sind sie in der Lage, Töne im Infraschallbereich mit hoher Lautstärke auszustoßen. Die Rufe der größten Wale sind über mehrere 100 Kilometer hörbar. Einzigartig sind die Gesänge der Buckelwale, deren komplexe Folgen von Strophen über die Jahre abgeändert werden und vermutlich der Balz dienen.

Systematik

Man unterteilt die Bartenwale für gewöhnlich in vier, manchmal auch drei Familien:

  • Glattwale (Balaenidae) haben keine Kehlfurchen, einen riesigen Kopf und sind bis 16 m lang.
  • Cetotheriidae, wahrscheinlich ausgestorben, aber nach Ansicht einiger Forscher gehört der Zwergglattwal (Caperea marginata/Neobalaenidae) zu den Cetotheriidae.[2]
  • Grauwale (Eschrichtiidae) vermitteln zwischen Glatt- und Furchenwalen; auch sie bestehen nur aus einer Art.
  • Furchenwale (Balaenopteridae) sind nach ihrer gefurchten Kehle und Brust benannt; sie haben im Verhältnis zum Körper einen kleineren Kopf als die Glattwale, kürzere Barten und immer eine Rückenflosse (die bei manchen Vertretern der vorgenannten Familien fehlt). Zu dieser Familie gehören die größten Wale.

Wie das folgende Kladogramm zeigt gehört der Grauwal zu den Furchenwalen, so dass die Stellung in einer eigenständigen Familie nicht aufrechtzuerhalten ist.

Kladogramm der Bartenwale nach McGowen et al. (2020):[3]

 Bartenwale 

 Furchenwale 






Seiwal (Balaenoptera borealis)


   

Brydewal (Balaenoptera edeni)



   

Omurawal (Balaenoptera omurai)



   

Blauwal (Balaenoptera musculus)



   

Finnwal (Balaenoptera physalus)


   

Buckelwal (Megaptera novaeangliae)




   

Grauwal (Eschrichtius robustus)



   

Nördlicher Zwergwal (Balaenoptera acutorostrata)


   

Südlicher Zwergwal (Balaenoptera bonaerensis)




 Neobalaenidae 

Zwergglattwal (Caperea marginata)



 Glattwale 



Atlantischer Nordkaper (Eubalaena glacialis)


   

Pazifischer Nordkaper (Eubalaena japonica)



   

Südkaper (Eubalaena australis)



   

Grönlandwal (Balaena mysticetus)




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Gefährdung

Die folgende Tabelle zeigt den Gefährdungsstatus und geschätzte Populationsgrößen und -trends der Bartenwalarten gemäß der roten Liste gefährdeter Arten der IUCN. Da die Abschätzungen oft sehr schwierig sind, können sich die Zahlen je nach Studie unterscheiden, und sind als grobe Orientierung zu verstehen. Die geschätzte Populationsgröße bezieht sich auf die globale Population, die allerdings in mehrere kleinere, verschieden stark gefährdete Populationen aufgeteilt sein kann.

Art IUCN-Gefährdungsstatus[4] geschätzte Populationsgröße[4] geschätzter

Populationstrend[4]

Grönlandwal (Balaena mysticetus) Least Concern (nicht gefährdet) 10.000 (Stand: 2018) zunehmend
Atlantischer Nordkaper (Eubalaena glacialis) Critically Endangered

(vom Aussterben bedroht)

200–250 (Stand: 2020) abnehmend
Pazifischer Nordkaper (Eubalaena japonica) Endangered (stark gefährdet) 922 (Stand: 1998) unbekannt
Südkaper (Eubalaena australis) Least Concern (nicht gefährdet) 13.600 (Stand:2009) unbekannt
Zwergglattwal (Caperea marginata) Least Concern (nicht gefährdet) unbekannt unbekannt
Grauwal (Eschrichtius robustus) Least Concern (nicht gefährdet) 24.420–29.830 (Stand: 2015/16) stabil
Blauwal (Balaenoptera musculus) Endangered (stark gefährdet) 5.000–15.000 (Stand: 2018) zunehmend
Finnwal (Balaenoptera physalus) Vulnerable (gefährdet) 100.000 (Stand: 2018) zunehmend
Seiwal (Balaenoptera borealis) Endangered (stark gefährdet) 50.000 (Stand: 2018) zunehmend
Omurawal (Balaenoptera omurai) Data Deficient (ungenügende Datengrundlage) unbekannt unbekannt
Brydewal (Balaenoptera edeni;

Synonym: Balaenoptera brydei)

Least Concern (nicht gefährdet) unbekannt unbekannt
Zwergwal (Balaenoptera acutorostrata) Least Concern (nicht gefährdet) 200.000 (Stand: 2018) unbekannt
Südlicher Zwergwal (Balaenoptera bonaerensis) Near Threatened (potenziell gefährdet) unbekannt unbekannt
Buckelwal (Megaptera novaeangliae) Least Concern (nicht gefährdet) 84.000 (Stand: 2018) zunehmend

Fossile Bartenwale

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Schädel des fossilen Wals Janjucetus

Ausgestorben ist die Art Eobalaenoptera harrisoni. Das vollständige Skelett eines fossilen Bartenwals aus dem Tertiär befindet sich im Museum für Natur und Umwelt Lübeck. Die Janjucetidae stellen eine Zwischenform der beiden Unterordnungen dar.

Weblinks

Commons: Bartenwale – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Richard Sale: A Complete Guide to Arctic Wildlife. Verlag Christopher Helm, London 2006, ISBN 0-7136-7039-8, S. 443.
  2. R. Ewan Fordyce, Felix G. Marx: The pygmy right whale Caperea marginata: the last of the cetotheres. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences. 280, 2012, S. 20122645, doi:10.1098/rspb.2012.2645.
  3. Michael R McGowen, Georgia Tsagkogeorga, Sandra Álvarez-Carretero, Mario dos Reis, Monika Struebig, Robert Deaville, Paul D Jepson, Simon Jarman, Andrea Polanowski, Phillip A Morin u. Stephen J Rossiter: Phylogenomic Resolution of the Cetacean Tree of Life Using Target Sequence Capture. Systematic Biology, Volume 69, Issue 3, Mai 2020, S. 479–501, doi: 10.1093/sysbio/syz068
  4. a b c The IUCN Red List of Threatened Species. Abgerufen am 12. November 2020.