Bas Böttcher

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Bas Böttcher (2006)
Bas Böttcher (links) mit Timo Brunke, Nora Gomringer und Dalibor Marković beim Poetry Slam Festival Zurich 2010

Bastian („Bas“) Böttcher (* 31. Dezember 1974 in Bremen) ist ein deutscher Schriftsteller und Slam-Poet.

Leben

Bastian Böttcher studierte in Weimar an der Bauhaus-Universität Mediengestaltung und zog im Jahr 2000 nach Berlin.[1]

Seit Anfang der 90er-Jahre bringt Böttcher Slam-Poesie als Form von rhythmisch-körperlich vorgetragener Lyrik bei literarischen Veranstaltungen auf die Bühne. Zusammen mit DJ Loris Negro gründete er 1991 die Band Zentrifugal, die sich im Juli 2001 auflöste.

Als Mitbegründer der deutschsprachigen Poetry-Slam-Szene gewann er Mitte der Neunzigerjahre mehrfach den Poetry-Slam-Preis der Literaturwerkstatt Berlin. Vom Goethe-Institut wurde er zu einem Gastspiel beim Deutsch-Nuyorican-Poetry-Festival in New York eingeladen. Es folgten Auftritte im Martin-Gropius-Bau (Berlin), im Hamburger Schauspielhaus, bei den Münchener Kammerspielen und in diversen Literaturhäusern von Kopenhagen[2] bis Wien.[1]

Böttcher gilt als der erste deutsche Slam-Poet.[3][4][5] Er gewann 1997 die ersten deutschen Poetry-Slam-Meisterschaften.[6] Durch seine Lyrik-Performances und durch seine digitale Poesie sorgt er seit den neunziger Jahren für Aufsehen.[5] Die Gedichte von Böttcher sind in Schulbüchern[7] und in Anthologien deutschsprachiger Lyrik zu finden (Der Neue Conrady, Jahrbuch der Lyrik, Lyrikstimmen.[8])

Neben Tourneen (zum Teil für das Goethe-Institut) durch Kanada, die USA, Großbritannien, Frankreich, die Schweiz, Italien und Südamerika programmierte und entwickelte er lyrische Ausdrucksformen für das Internet (Looppool).[9]

Nach Platten- und Anthologie-Veröffentlichungen erschien im September 2004 mit dem Roman Megaherz (Rotbuch Verlag) sein erstes größeres literarisches Werk.[10] Im Frühjahrsprogramm 2006 veröffentlichte er mit „Dies ist kein Konzert“ eine Sammlung seiner Bühnentexte. Der nachfolgende Gedichtband "Neonomade" (Voland & Quist, 2009) versammelt weitere Bühnentexte zum Hören und Lesen.

Seit 2000 arbeitet Bas Böttcher zusammen mit dem Berliner Filmemacher und Slam Master Wolf Hogekamp an der Entwicklung und Etablierung des Poetry Clip Formates. Er produzierte[11] diverse Poetry Clips, dozierte[12] zusammen mit Herbert Wentscher an der Bauhaus-Universität Weimar zum selben Thema, legte 2004 seine Diplomarbeit vor[13] über Poetry Clips und veröffentlichte 2005 zusammen mit Wolf Hogekamp die DVD Poetry Clips (Vol. 1).[11]

Für die Frankfurter Buchmesse 2006 entwickelte und baute Bas Böttcher die Textbox.[14] Die Textbox ist eine Sprecherkabine aus Plexiglas, in der Poeten auftreten. Über Kopfhörer kann das Publikum den Texten in Studioqualität lauschen. Die Textbox wurde seitdem auf den Buchmessen von Peking, Taipeh, Abu Dhabi, Guadalajara und Sao Paulo sowie im Centre Pompidou[15] (Paris) und in der Neuen Nationalgalerie (Berlin) ausgestellt.

Seit 2012 lehrt Bas Böttcher als Gastdozent für Sprache und Inszenierung am Deutschen Literaturinstitut Leipzig.[16]

Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland.

Textformen, Performance und Stilmittel

In Bas Böttchers Texten spiegelt sich die Jetztzeit mit ihren Abgründen und abstrusen Facetten.[17] Die Neue Zürcher Zeitung schreibt: „Seine Lieder [...] gehen ob ihrer sanft spielerischen Souveränität sofort ins Ohr, wozu einerseits der Hang zu Stab- und Binnenreimen, anderseits die Schilderung inniger Lebensmomente beiträgt. Etwa das ‚Sommersonnengefühl‘: ‚Jedes Jahr, so im Juni Juli / summen Unsummen von Hummeln in der Luft rum. / Ich seh, wie sie über Liegewiesen fliegen oder über Gras rasen.‘ [...] Seine mit real existierenden Markennamen jonglierende Konsumkritik und gewitzte Exposition diverser Jargons verzichtet auf jene Aggression, mit welcher sich der harte Rap profiliert. «Google mal Babylon! Babel mal Googylon, / Bubblegum, Goody, Booty, Party on, Babylon!» lautet der zungenbrecherische Kommentar zur medialen Sprachverwirrung, welcher eine reisserische Presse ‚mit Auflage und Headline / Aufhänger und Deadline‘ nicht minder zuarbeitet als die televisionären und ‚internetten‘ Produkte der Kulturindustrie.“[5] Für Bas Böttcher und die gesamte literarische Poetry-Slam-Bewegung gehören das Verfassen und das Präsentieren (Performance) von Texten eng zusammen.

Werke

  • Böttcher/Hogekamp (Hrsg.), Die Poetry-Slam-Fibel, Anthologie, SATYR Verlag, ISBN 978-3-944035-38-3
  • Vorübergehende Schönheit, Voland & Quist, 2012, ISBN 978-3-86391-017-4
  • Neonomade, Voland & Quist, 2009, ISBN 978-3-938424-35-3
  • Die Poetry-Slam-Expedition: Bas Böttcher, Schroedel Verlag, 2009, ISBN 978-3-507-47061-3
  • Dies ist kein Konzert, Voland & Quist, 2006, ISBN 3-938424-11-7
  • Greinus/Wolter (Hrsg.), Live und Direkt – Clubgeschichten, Anthologie, Voland & Quist, ISBN 978-3-938424-00-1
  • Greinus/Wolter (Hrsg.), Slam 2005 – Die Anthologie zu den Poetry Slam Meisterschaften, Anthologie, Voland & Quist, 2005, ISBN 3-938424-08-7
  • Poetry Clips (Vol. 1), Lieblingslied-Records, 2005, ISBN 3-938424-02-8
  • Megaherz, Roman, Rotbuch Verlag, 2004, ISBN 3-434-53132-7
  • Das Gedicht, Anton G. Leitner Verlag
  • Der neue Conrady, Artemis & Winkler (mit dem Spoken Word-Text „Kleine Einladung“)
  • Social Beat / Slam Poetry – Texte für die 90er, Ithaka Verlag
  • Boris Kerenski, Sergiu Ştefănescu (Hrsg.), Kaltland Beat. Neue Deutsche Szene. Texte aus dem Substanz, SubVers-Verlag 1999, ISBN 3-933545-07-2

Auszeichnungen

Literatur

  • Maike Lipczinsky: Der Blick aufs Alltägliche, aber aus einer etwas anderen Perspektive: ein Gespräch mit Bastian Böttcher. In: Andrea Bartl (Hrsg.) Verbalträume Beiträge zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur, S. 285–303 Wißner, Augsburg 2005. 351 S. ISBN 3-89639-477-0
  • Stefanie Westermayr: Poetry Slam in Deutschland. Theorie und Praxis einer multimedialen Kunstform. Tectum, Marburg 2004. 137 S. ISBN 3-8288-8764-3
  • Billy Badger: „Gutes Wetter für Rap Poetry: Bastian Böttchers ‚Drei-Jahreszeiten-Trilogie‘“. In: Gert Reifarth (Hrsg.) Das Innerste von Außen: Zur deutschsprachigen Lyrik des 21. Jahrhunderts S. 231–253 Würzburg: Königshausen & Neumann, 2008. 293 S. ISBN 978-3-8260-3778-8.

Weblinks

Commons: Bas Böttcher – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelbelege

  1. a b Informationen des Literaturhauses in Wien (Memento vom 21. Oktober 2009 im Internet Archive)
  2. Chronik des Literaturhauses Kopenhagen (Memento vom 28. Juli 2009 im Internet Archive)
  3. Die unvollendete Geschichte des Poetry Slam in Zahlen und Fakten (Memento vom 30. August 2010 im Internet Archive)
  4. Bas Böttcher: Literatur wie ein Rockkonzert
  5. a b c "Bas Böttcher, Pop-Poetry-Pionier", Neue Zürcher Zeitung vom 4. Dezember 2009
  6. a b Geschichte der deutschsprachigen Poetry Slam Meisterschaften (Memento vom 16. Juni 2009 im Internet Archive)
  7. Die Poetry-Slam-Expedition: Bas Böttcher
  8. Bas Böttcher (Memento vom 5. Oktober 2013 im Internet Archive) auf slamthewm.de. Abgerufen am 27. Februar 2013
  9. Looppool - Bas als Web-Designer in eigener Sache
  10. Materialien zum Roman „Megaherz“: Hörbeispiele (MP3), Rezensionen, Informationen (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  11. a b Poetry Clips (Vol. 1), Lingua Video Medien GmbH (2005)
  12. Poetry Clip Projekt an der Bauhaus-Universität Weimar (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive)
  13. Abschlüsse an der Bauhaus-Universität Weimar
  14. Dokumentation des Textbox-Projektes
  15. Die Textbox im Centre Pompidou
  16. Bas Böttcher als Gastprofessor am Deutschen Literaturinstitut Leipzig
  17. Kurzinformation auf basboettcher.de. Abgerufen am 27. Februar 2013
  18. Laudatio des Pegasus-Wettbewerbs 1998
  19. Stipendiaten des Literarischen Colloquiums
  20. Informationen über Bas Böttcher bei Literaturport
  21. Martin Zährunger: Bas Böttcher: „Ich schreibe Gedichte für die Bühne. Ich bin ein Sprechdichter.“ Auf: goethe.de. Abgerufen am 27. Februar 2013
  22. Bremer Netzresidenz für Bas Böttcher