Becker Fabrics

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Becker Tuche GmbH & Co. KG – Berufsbekleidung in Aachen, kurz: Becker Fabrics ist ein deutscher Textilhersteller mit Hauptsitz in Aachen-Brand im Gewerbegebiet Im Erdbeerfeld. Er ging 2012 aus der 1927 gegründeten Becker & Führen Tuche GmbH & Co. KG hervor und ist einer der letzten großen Hersteller hochwertiger Tuche in Deutschland.

Struktur

In Aachen waren eine Garnfärberei, die Entwicklungsabteilung und die Musterherstellung des Unternehmens angesiedelt. Die eigentliche Produktion geschah bei der Tochtergesellschaft Palla Creativ Textiltechnik GmbH & Co. (nach dem griechischen Wort palla für Gewand) in St. Egidien in Sachsen. Die Rohware wurde aus einem weiteren, rechtlich selbständigen Werk in Vilnius (Litauen) bezogen. In Verona (Italien) bestand ein Designbüro.

Nach mehrfachen Insolvenzen mit daraus resultierenden Schließungen und Übernahmen sowie Umfirmierungen und Neugründungen verblieben in Aachen das Unternehmen Becker Tuche GmbH & Co. KG – Berufsbekleidung in Aachen, kurz: Becker Fabrics,[1] sowie in Rastede die Firma Führen Tuche GmbH. Die ehemalige Tochterfirma Palla kämpfte ebenfalls mehrfach ums Überleben und wurde 2009 aufgelöst.[2]

Geschichte

Becker Fabrics entstand aus einer von Wilhelm Becker in Aachen gegründeten Lohnweberei. 1952 entwickelte Becker erstmals eine eigene, unter seinem Namen selbst vermarktete Kollektion und erwarb 1965 eine moderne Webmaschine der Sulzer AG. In der Folgezeit wurden internationale Absatzmärkte erschlossen und der Produktionsbetrieb ausgebaut. 1998 übernahm Becker die insolvente Tuchfabrik von Leo Führen, dem Regionalvorsitzenden der Tuchmacher in Aachen, was die Umfirmierung in Becker & Führen zur Folge hatte. Zuvor hatte er bereits die Palla Creativ Textiltechnik GmbH & Co. als Tochterfirma übernommen und ließ für diese in St. Egidien ein neues großes Werk nach modernstem Standard errichten, das mit rund 100 Millionen Deutsche Mark vom Freistaat Sachsen subventioniert wurde und 1998 den Betrieb aufnahm.

Das Unternehmen Palla war nach dem Zweiten Weltkrieg und zu Beginn der Entstehung der DDR als verstaatlichter Zusammenschluss mehrerer bestehender Textilbetriebe der Region um Meerane gegründet worden. 1970 erfolgte ein weiterer Zusammenschluss aller Textilbetriebe der Region um Meerane und Glauchau zur Textilwerke Palla mit damals bis zu 4400 Beschäftigten. Mit dem Ende der DDR wurde das Unternehmen 1995 privatisiert.

Mit der Aufhebung der weltweiten Exportbeschränkungen für Textilien aus Asien im Jahr 2005 verschärften sich jedoch die wirtschaftlichen Probleme der deutschen Textilindustrie massiv, und in diesem Zusammenhang sank auch die Tuchproduktion der Unternehmensgruppe von über 15 auf 8 Millionen laufende Meter pro Jahr und die Becker-Gruppe musste eine erste Insolvenz anmelden. Bereits seit 2004 war die Daun-Gruppe als zusätzlicher Finanzinvestor eingestiegen.[3]

Becker/Palla konnte innerhalb eines Jahres saniert werden, was jedoch einen Verlust von mehr als der Hälfte aller Arbeitsplätze mit sich brachte. Die Produktion wurde umgestellt von Masse auf geringere Mengen an höherwertiger Ware. Ein unternehmenseigenes Designbüro in Verona wurde eingerichtet und die Stoffe nach Ökokriterien zertifiziert. Das Unternehmen Hecking Deotexis, Hersteller von Jeansstoffen in Neuenkirchen im Kreis Steinfurt, wurde 2007 übernommen. Noch zu Beginn des 21. Jahrhunderts hatte die Becker/Palla-Gruppe rund 1000 Mitarbeiter, davon gut die Hälfte in St. Egidien. 2006 arbeiteten im Betrieb Aachen noch 185 Menschen, bei Palla 450, in Litauen 200. Im Jahr 2007 lag der Umsatz der Becker & Fühnen/Palla Gruppe (inkl. Hecking Deotexis) bei annähernd 100 Millionen Euro.

Im Herbst 2008 musste aufgrund der Weltwirtschaftskrise mit sinkender Nachfrage nach Luxusgütern erneut Insolvenz angemeldet werden und im März 2009 wurde die endgültige Schließung des Werkes in St. Egidien zum Juni des Jahres beschlossen.[4][5] Mehrfach wurden bei diesen Insolvenzen die Firmierungen geändert und die Geschäftsführer ausgetauscht. Letztendlich wurde auch im Frühjahr 2012 das Kernunternehmen Becker & Führen zerschlagen[6] und die Besitztümer veräußert. Unter anderem erwarb das Tuchwerk Aachen e. V. die Stockheider Mühle sowie mehrere Maschinen für ihre Pläne eines neuen Textilmuseums. In der Nachfolge von Becker & Führen entstanden die beiden Unternehmen Führen Tuche GmbH in Rastede[7] sowie seit dem 5. April 2012 als Neugründung Becker Fabrics in Aachen.[8][9] Der Aachener Firmensitz wurde zugleich von der aufgegebenen und maroden Fabrik in der Niederforstbacher Straße in das neue Gewerbegebiet Im Erdbeerfeld verlagert.

Weblinks

Einzelnachweise