Benutzer:Österreicher/Spielwiese/Regierungsbildung2006

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Die Regierungsbildung in Österreich 2006 gestaltet sich äußerst schwierig. Die Nationalratswahl vom 1. Oktober brachte die SPÖ trotz kleiner Stimmenverluste als stimmen- und mandatsstärkste Partei hervor, nur knapp vor der seit der letzten Wahl stärksten Partei, der ÖVP. Alfred Gusenbauer von der SPÖ wurde vom Bundespräsidenten Heinz Fischer mit der Regierungsbildung in Richtung einer Großen Koalition beauftragt. Die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP erweisen sich als sehr schwierig. Nachdem die SPÖ gemeinsam mit den Grünen und der FPÖ zwei Untersuchungsausschüsse eingeleitet hat, hat die ÖVP bis auf weiteres die Verhandlungen ausgesetzt. Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleibt die bisherige Regierung Schüssel II im Amt.

Wahlergebnis und Koalitionsspekulationen

Ergebnisse der Nationalratswahlen von 2006 (dunkel) und 2002 (hell)

In der Nationalratswahl am 1. Oktober 2006 errangen die SPÖ und ÖVP 68 bzw. 66 von 183 Mandaten im österreichischen Parlament (Nationalrat); die kleineren Parteien Grüne, FPÖ und BZÖ erhielten 21, 21 bzw. 7 Mandate.

Die bisherige Bundesregierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, eine Koalition aus ÖVP und (zuletzt) BZÖ, hatte damit ihre Parlamentsmehrheit verloren. Bundespräsident Heinz Fischer beauftragte daraufhin Bundeskanzler Schüssel mit der provisorischen Weiterführung der Regierungsgeschäfte und gab Alfred Gusenbauer als Parteichef und Kanzlerkandidaten der mandatsstärksten Partei SPÖ den Auftrag, eine neue Regierung zu bilden.

Eine SPÖ-ÖVP Koalition galt zunächst als die wahrscheinlichste Lösung, die auch vom Bundespräsidenten explizit und laut Umfragen[1] von einer Mehrheit der Bevölkerung bevorzugt gewünscht wird. Keine andere Koalition aus zwei Parteien verfügt im Parlament über eine Mehrheit. Lediglich eine Koalition aus drei Parteien würde im Parlament ebenfalls über eine Mandatsmehrheit verfügen. Aus inhaltlichen und auch aus persönlichen Gründen der Koalitionäre gelten diese jedoch bisher als unmöglich oder jedenfalls als äußerst instabil. (Eine Dreiparteienkoalition hat es in Österreich nur in den ersten Nachkriegsjahren 1945-1947 gegeben, als die Konzentrationsregierungen Figl I und Figl II amtierten, in denen Mitglieder aller drei Parlamentsparteien (ÖVP, SPÖ und KPÖ) vertreten waren.)

Verhandlungsteams von SPÖ und ÖVP trafen sich noch im Oktober, um die Ausarbeitung einer Koalitionsvereinbarung zu beginnen.

Eurofighter- und Bankenausschuss

Bereits in der ersten Sitzung des neu zusammengesetzten Nationalrats brachten SPÖ, Grüne und FPÖ einen gemeinsamen Antrag ein, in dem ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss gefordert wurde, der den Ankauf der 18 Eurofighter sowie die Möglichkeit eines Ausstiegs aus dem Eurofightervertrag untersuchen sollte. ÖVP und BZÖ stimmten gegen die Einrichtung eines Ausschusses; sie verwiesen darauf, dass die Typenentscheidung bereits viereinhalb Jahre alt sei, und dass es keinen Beschaffungsvorgang gäbe, der so gründlich diskutiert und geprüft worden wäre: 14 dringliche Anfragen, 19 Anträge auf einen Untersuchungsausschuss (die alle von der Regierungsmehrheit ÖVP-BZÖ zurückgewiesen worden waren), sowie drei Rechnungshofberichte und sechs Strafanzeigen, die mangels Verdacht von der Staatsanwaltschaft zurückgelegt worden waren.

Der Antrag wurde aber erwartungsgemäß mit den Stimmen der drei (bisherigen) Oppositionsparteien angenommen.

Ein weiterer Antrag für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der die im Finanzministerium angesiedelte Bankenaufsicht in Bezug ihrer Aufsichtspflicht im Bereich der BAWAG P.S.K. (BAWAG-Affäre), Hypo Alpe-Adria-Bank, aber auch der Raiffeisen International und deren Geschäfte in Osteuropa, untersuchen sollte, wurde ebenfalls gegen die Stimmen der beiden Noch-Regierungsparteien beschlossen.

Verhandlungsunterbrechung

Die ÖVP fühlte sich durch diese Abstimmungsniederlagen brüskiert und brach die Regierungsverhandlungen mit der SPÖ ab - zunächst auf unbestimmte Zeit, dann für die Dauer des Untersuchungsausschusses, da während der Arbeit des Untersuchungsausschusses keine Vertrauensbasis für Koalitionsverhandlungen gegeben sei. Nach Vorstellung der ÖVP könnte der Eurofighter-Ausschuss bei entsprechendem Tempo bis Dezember seine Arbeit abschließen, in drei weiteren Wochen könnte eine Koalitionsvereinbarung ausgehandelt sein.

Frühere Untersuchungsausschüsse hatten allerdings weitaus länger gedauert (oft über ein Jahr); die Grünen weisen darauf hin, dass zehntausende Seiten an Akten gelesen werden müssten, bevor die Zeugen sinnvoll befragt werden können, sodass erste Zeugenaussagen frühestens im Dezember 2006 gehört werden können.

Im Gegensatz dazu sieht die SPÖ keinen Konflikt zwischen der Arbeit an einer Regierungsvereinbarung und der Arbeit im Untersuchungsausschuss und möchte die Koalitionsverhandlungen - eventuell unter zwischenzeitlicher Ausklammerung der Themen Landesverteidigung und Banken - so bald wie möglich fortsetzen und zieht ebenfalls Vergleiche zur Zeit früherer Koalitionen beider Parteien, in denen ebenso Untersuchungsausschüsse Vorwürfe gegen prominente SPÖ-Mitglieder untersuchten (z.B. Nationalratspräsident Leopold Gratz im Zusammenhang mit dem Lucona-Untersuchungsausschuss). Im Verhalten der ÖVP sieht die SPÖ eine Taktik, die zu baldigen Neuwahlen führen soll. Josef Cap, der Klubobmann der SPÖ, schlug der ÖVP vor, die Regierungsverhandlungen bereits vor dem Beginn der Befragungen im Ausschuss abzuschließen, was aber von Wilhelm Molterer, dem geschäftsführenden Klubobmann der ÖVP, abgelehnt wurde.

In den Wochen des Verhandlungsstopps wurden sowohl von Politikern als auch von Journalisten immer wieder über die Möglichkeit einer SPÖ-Minderheitsregierung spekuliert. Am 16. November beschloss dann der ÖVP-Vorstand, die Koalitionsverhandlungen wieder aufzunehmen.

Mögliche Neuwahlen

Falls die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP für beendet erklärt werden, wäre eine der vielen Möglichkeiten, Neuwahlen auszurufen. Bundespräsident Heinz Fischer hat angekündigt, erst nach dem Wochenende über weitere Schritte zu entscheiden.

In so einem Fall käme die SPÖ neuesten Umfragen zufolge auf 38 - 40 % der Stimmen. Die ÖVP würde weiter verlieren auf 32 %. Die Grünen dürften sich über 14 % freuen und die FPÖ würde sich leicht auf 13 % steigern. Das BZÖ wäre demnach nicht im Parlament vertreten. [2]

Quellen

Weblinks