Benutzer:Albrecht62/Hightech-Strategie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Hightech-Strategie der Bundesregierung wurde erstmals im Jahr 2006 erstellt. Mit ihr werden die Schwerpunkte der Forschungspolitik definiert. In den Jahren 2010 und 2014 wurde sie jeweils weiterentwickelt.

Mit der Hightech-Strategie soll ein Beitrag zur Attraktivität der europäischen Forschungs-Standorte geleistet werden.[1]

Im Rahmen der Hightech-Strategie hat die Bundesregierung ihre F&E-Ausgaben im Zeitraum 2000 bis 2013 von 8,5 Mrd. Euro auf 14 Mrd. Euro gesteigert.[2]

Zuvor war im Jahr 2010 von den europäischen Staats- und Regierungschefs die Lissabon-Strategie verabschiedet worden. Mit dieser Initiative wurde das Ziel verfolgt, einen Europäischen Forschungsraum zu schaffen und die F&E-Ausgaben in der EU auf 3 % des Bruttoinlandsprodukts zu steigern.

Hightech-Strategie aus dem Jahre 2006

Die Hightech-Strategie aus dem Jahr 2006 sah erstmals eine umfassende Koordinierung des innovationspolitischen Handelns in Deutschland über Ressortgrenzen hinweg vor.[3]

Schwerpunkte:[4]

  • Innovationen für ein gesundes und sicheres Leben
  • Gesundheit und Medizintechnik
  • Sicherheitstechnologie
  • Pflanzen
  • ...
  • Innovationen für ein kommunikatives und mobiles Leben
  • Informations- und Kommunikationstechnologie
  • Fahrzeug- und Verkehrstechnologie
  • Luftfahrttechnologie
  • ...
  • Innovationen durch Querschnittstechnologien
  • Nanotechnologie
  • Biotechnologie
  • Mikrosystemtechnie
  • ...

Mit der Hightech-Strategie 2006 wurde außerdem erstmals eine Cluster-Strategie umgesetzt.[4]

Hightech-Strategie zum Klimaschutz aus dem Jahre 2007

Ergänzend wurde 2007 eine Hightech-Strategie zum Klimaschutz verabschiedet.[5]

Ziele:

  • verlässliche mittel- und längerfristige Klimaprognosen ermöglichen
  • Wechselwirkung zwischen Biogeosphäre und Klima kennenlernen
  • Forschung zur Anpassung an den Klimawandel
  • Steuerungsfaktoren für Klimaschutz und Klimaanpassung entwickeln

Hightech-Strategie „2020“ aus dem Jahre 2010

Anders als in der ersten Hightech-Strategie wurden im Jahr 2010 nicht Technologiefelder sondern Bedarfsfelder in den Mittelpunkt gestellt.[3]

In fünf Bedarfsfeldern sollten Lösungen für globale Herausforderungen gefunden werden:[6]

  • Klima/Energie
  • Gesundheit/Ernährung
  • Mobilität
  • Sicherheit
  • Kommunikation

(Von der Allianz der Wissenschaftsorganisationen sind zu jedem der 5 Bedarfsfelder Broschüren erschienen.[7])

Mit der Hightech-Strategie sollte Deutschland zum Vorreiter bei der Lösung dieser globalen Herausforderungen gemacht und Antworten auf die Fragen des 21. Jahrhunderts gegeben werden.[6]

Beispiele priorisierter Themenfelder:[8]

  • Die CO2-neutrale, energieeffiziente und klimaangepasste Stadt
  • Intelligenter Umbau der Energieversorgung
  • Nachwachsende Rohstoffe als Alternative zum Öl
  • Krankheiten besser therapieren mit individualisierter Medizin
  • Mehr Gesundheit durch gezielte Ernährung
  • Auch im hohen Alter ein selbstbestimmtes Leben führen
  • Eine Million Elektrofahrzeuge in Deutschland bis 2020
  • Effektiverer Schutz für Kommunikationsnetze
  • Mehr Internet bei weniger Energieverbrauch nutzen
  • Das Wissen der Welt digital zugänglich und erfahrbar machen
  • Arbeitswelt und -organisation von morgen

Neue Hightech-Strategie aus dem Jahre 2014

Während zuvor die Forschungspolitik zwischen Wirtschaft und Wissenschaft koordiniert wurden, wurde jetzt mit der Zivilgesellschaft ein dritter Akteur definiert.[9][10]

Das Gremium, das die Hightech-Strategie begleitet und die Bundesregierung berät, wurde deshalb entsprechend erweitert. Von 2006 bis 2013 war diese Aufgabe in Händen der Forschungsunion, die aus Wirtschaft- und Wissenschaftsvertretern bestanden hat.[11] Im Jahr 2014 hat das Hightech-Forum[12] diese Aufgabe übernommen.[13][14]

Der Anteil der F&E-Ausgaben lag in Deutschland im Jahr 2013 bei 2,9 %.[15] Damit wurde das Lissabon-Kriterium annähernd erreicht.

Mit Hilfe der neuen Hightech-Strategie soll Deutschland zum weltweiten Innovationsführer werden.[16] Unverändert sollen die Prioritäten auf Feldern setzen, in denen Beiträge zur Lösung der globalen Herausforderungen geleistet werden können.[17]

Die sechs priorisierten Zukunftsaufgaben: Wesentliche Schwerpunkte
1. Digitale Wirtschaft und Gesellschaft[18]
2. Nachhaltiges Wirtschaften und Energie[19]
3. Innovative Arbeitswelt[20]
  • Arbeit in einer digitalisierten Welt
  • Innovative Dienstleistungen für Zukunftsmärkte
  • Kompetenzaufbau
4. Gesundes Leben[21]
5. Intelligente Mobilität[22]
6. Zivile Sicherheit[23]

Kritik

Oppositions-Politiker von SPD und Bündnis90/Die Grünen kritisieren im Jahr 2010, dass entgegen der Angaben der Bundesregierung der Großteil der Mittel für die Energieforschung in der Hightech-Strategie 2020 nicht für erneuerbare Energien vorgesehen sei, sondern für den Rückbau der Kernenergie und für die Kernfusion, die in den nächsten Jahrzehnten keinen Beitrag zur Energieversorgung leisten werde.[24]

Die Wochenzeitschrift Der Spiegel berichtet im Jahr 2013, dass die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) „keinen Grund für Selbstzufriedenheit“ sähe, da wichtige Projekte der Hightech-Strategie gescheitert seien.[25][26]

An Bedarfsfeldern ausgerichtete Forschungspolitik

  • 2008 kam der Begriff Grand Challenges erstmals im Rahmen einer Gesamtstrategie für eine Wissenschaftspolitik auf.[27] Eine Expertengruppe sollte eine nachvollziehbare Rechtfertigung für die EU-Forschungsförderung erarbeiten.[28]
  • 2009 wird der European Research Area Board (ERAB)[29] ins Leben gerufen, ein Beirat, der die Europäische Union längerfristig begleiten sollte. Dort wird ein Europäischen Forschungsraum skizziert, der von gesellschaftlichen Bedürfnissen getrieben ist (engl.: „driven by societal needs“).[28][30]
  • Ungefähr zeitgleich wurde die „Erklärung von Lund“ verabschiedet, in dem sich verschiedene Interessenvertreter aus Wissenschaft, Politik und Industrie auf den Aufruf „Europe must focus on the Grand Challenges of Our Time“ verständigten.[28][31]
  • Im Rahmen der Lissabon-Verträge erhob die EU die Schaffung eines Europäischen Forschungsraums zu einem eigenständigen Ziel der Union.[28]
  • Mit dem Rahmenprogramm Horizon 2020 gliederte die EU die Forschungs-Förderung unter den drei Zielen „Wissenschaftsexzellenz“, „Führende Rolle der Industrie“ und „Große gesellschaftliche Herausforderungen“:[28][32]
    Bei einer Laufzeit von 2014 bis 2020 ist das Programm mit 77 Mrd. € dotiert, davon entfallen fast 40 % und damit der größte Teil auf die Großen gesellschaftlichen Herausforderungen.[33][28]
  • 2010 wurde von der Deutschen Bundesregierung die Hightech-Strategie neu aufgesetzt. Deutschland sollte damit zum Vorreiter bei der Lösung globaler Herausforderungen gemacht werden.[28]
  • NRW griff mit seiner Forschungsstrategie Fortschritt NRW die Diskussion auf und beschloss, dass neben der Grundlagenforschung die Forschungsförderung entlang der Großen gesellschaftlichen Herausforderungen konzentriert werden sollte.[28][34]
  • Seit 2012 ist die Bewältigung der Großen gesellschaftlichen Herausforderungen das Ziel der Forschungsförderung in Europa[35][36] und den USA.[37]
  • Die Richtung dieser Debatte wurde im Jahr 2015 beeinflusst vom Gutachten Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation des Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und von der Buchveröffentlichung „Transformative Wissenschaft: Klimawandel im deutschen Wissenschafts- und Hochschulsystem“ von Uwe Schneidewind und Mandy Singer-Brodowski,[38] in dem wesentliche Veränderungen im Wissenschaftssystem gefordert werden.
ERAB

(European Research Area Board 2009)
Horizon 2020

(EU-Forschungsprogramm 2010)
„Fortschritt NRW“

(Wissenschaftsstrategie NRW 2013)
Hightech-Strategie „2020“ → Neue Hightech-Strategie
(Bundesregierung 2010 → 2014)
climate change Klimaschutz, Umwelt, Ressourceneffizienz und Rohstoffe Klimaschutz, Ressourceneffizienz und Rohstoffe Klima/Energie → Nachhaltiges Wirtschaften und Energie
energy supply Sichere, saubere und effiziente Energiey Sichere, saubere und effiziente Energieversorgung s. o.
healthcare Gesundheit, demografischer Wandel und Wohlergehen Gesundheit und Wohlergehen im demographischen Wandel Gesundheit/Ernährung → Gesundes Lebensmittelsicherheit
ageing s. o. s. o. -
water resources Ernährungs- und Lebensmittelsicherheit, nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, marine, maritime und limnologische Forschung und Biowirtschaft Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln aus nachhaltiger Produktion s. o.
- Intelligenter, umweltfreundlicher und integrierter Verkehr Intelligente, umweltfreundliche und integrierte Mobilität Mobilität → Intelligente Mobilität
- Sichere Gesellschaften – Schutz der Freiheit und Sicherheit Europas und seiner Bürger Sicherheit, Teilhabe und sozialer Zusammenhalt im gesellschaftlichen Wandel Sicherheit → Zivile Sicherheit
- Europa in einer sich verändernden Welt: integrative, innovative und reflektierende Gesellschaften - -
sustainable prosperity - - -
- - - Kommunikation → Digitale Wirtschaft und Gesellschaft
- - - -                     → Innovative Arbeitswelt

Quellen:[28][39][40]

Einzelnachweise

  1. Die Hightech-Strategie 2020 für Deutschland, von Helge Braun (Parlamentarischer Staatssekretär), Bundesministerium für Bildung und Forschung, S. 10
  2. Stellungnahme der Bundesregierung zum Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands 2013, Deutscher Bundestag, 12. April 2013, S. 5
  3. a b Begleitforschung der Hightech-Strategie - Analyse zu ausgewählten Aspekten - Los 1: Ökonomische Analyse der Bedarfsfelder der Hightech-Strategie, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI,
  4. a b Die Hightech-Strategie für Deutschland, Hrsg.: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 2006, 112 Seiten
  5. Die Hightech-Strategie zum Klimaschutz, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 2007, 52 Seiten
  6. a b Ideen. Innovation. Wachstum, Hightech-Strategie 2020 für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 2010, S. 5
  7. Broschüren der Allianz der Wissenschaftsorganisationen / Alliance of Scientific Organisations, Deutsche Forschungsgemeinschaft, 2011 bzw. 2012
  8. Ideen. Innovation. Wachstum, Hightech-Strategie 2020 für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), 2010, S. 6ff.
  9. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 4
  10. Kabinett verabschiedet Hightech-Strategie, Die Bundesregierung, 3. September 2014
  11. Die Forschungsunion Wirtschaft – Wissenschaft
  12. Gemeinsam für Innovationen, Hightech-Forum
  13. Die Mitglieder, Hightech-Forum
  14. Die neue Hightech-Strategie — Innovationen für Deutschland, Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) Gutachten, 2015
  15. Hightech-Strategie 2020 für Deutschland – Bilanz und Perspektiven, Deutscher Bundestag, 12. April 2013
  16. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 3
  17. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 5
  18. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 16f.
  19. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 18ff.
  20. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 22f.
  21. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 24f.
  22. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 26f.
  23. Die neue Hightech-Strategie, Innovationen für Deutschland, Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), August 2014, S. 28f.
  24. Die Hightech-Strategie der Bundesregierung stößt auf Kritik , Ingenieur.de, 22. Oktober 2010
  25. Hightech-Strategie: Firmen werfen Merkel falsche Zukunftspolitik vor, von Gerald Traufetter, Der Spiegel, 23. April 2013
  26. Gutachen, Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) Gutachten, 2008 – 2016
  27. Zum wissenschaftspolitischen Diskurs über Große gesellschaftliche Herausforderungen, Wissenschaftsrat, April 2015, S. 8
  28. a b c d e f g h i Der Beitrag der Wissenschaft zum Umgang mit großen Gesellschaftlichen Herausforderungen, Rainer Lange, Geschäftsstelle des Wissenschaftsrats, Köln, 18. Juni 2014
  29. European Research Area Board in der englischsprachigen Wikipedia
  30. Socio-Economic Benefits of ERA, European Research Area (ERA), o. J.
  31. Lund-Erklärung 2015: Europa soll sich den großen gesellschaftlichen Herausforderungen annehmen, Bundesministerium für Bildung und Forschung, 2015
  32. Teil III: Gesellschaftliche Herausforderungen, Horizon 2020
  33. Große gesellschaftliche Herausforderungen, Prof. Dr. Joachim Funke, Psychologisches Institut Heidelberg, 15. Mai 2015
  34. Forschungspolitik soll helfen, Große gesellschaftliche Herausforderungen der Zukunft zu meistern, Ministerin Schulze: Neue Forschungsstrategie soll zur Blaupause werden, 10. Dezember 2012
  35. Wohlstand durch Forschung, Bundesministerium für Bildung und Forschung: „Die Hightech-Strategie formuliert konkrete forschungspolitische Leitbilder und Missionen für diese Großen gesellschaftlichen Herausforderungen“, April 2013
  36. Council Decision of 3 December 2013 establishing the specific programme implementing Horizon 2020, 20. Dezember 2013
  37. 21st Century Grand Challenges, Präsident Obama: „Grand Challenges are ambitious but achievable goals“, 2. Februar 2016
  38. Transformative Wissenschaft: Klimawandel im deutschen Wissenschafts- und Hochschulsystem, Buch-Besprechung, rootAbility, 7. Mai 2013
  39. Gesellschaftliche Herausforderungen, Programmstruktur von Horizont 2020, Teil III
  40. Forschungsstrategie Fortschritt NRW, Forschung und Innovation für nachhaltige Entwicklung 2013-2020, 5. Juli 2013, 60 Seiten