Benutzer:Amrei-Marie/Der Weg zur Grenze
Der Weg zur Grenze ist der erste Roman der Schriftstellerin Grete Weil. Er entstand 1944/45 in einem Versteck während Weils Exilzeit in Amsterdam und wurde erst 2022, 23 Jahre nach dem Tod der Autorin und 77 Jahre nach dessen Vollendung, veröffentlicht[1]. Weil verarbeitet in ihm in fiktionalisierter Form ihre traumatischen Erfahrungen als Jüdin im sich zur NS-Diktatur hin wandelnden Deutschland, sowie die Ermordung ihres Ehemanns Edgar Weil im Konzentrationslager.
Publikationsgeschichte
Der Roman wurde 2020 von der Literaturwissenschaftlerin Ingvild Richardsen beim Sichten von Gretes Weils Nachlass im Archiv der Monacensia als halb verblichenes, nur noch schwer lesbares Typoskript[2] wiederentdeckt. Zwar war die Existenz des Romans bekannt, aber offenbar hatte ihn niemand wirklich gelesen, geschweige denn seine Publikation betrieben. Angeblich habe Weil die Veröffentlichung nicht gewünscht. Denkbar ist jedoch, dass Weil nach dem Krieg keinen Verleger für den Roman fand, da sich im Nachkriegsdeutschland niemand mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus und dem Leid der Juden konfrontieren wollte. Nach Ingvild Richardsen hatte Grete Weil 1945 versucht ihren Roman zu veröffentlichen und dabei den Schriftsteller Bruno Frank um Hilfe gebeten[3]. Ohne dies zu belegen behauptet allerdings Roman Bucheli in seiner Rezension zu Der Weg zur Grenze, Grete Weil habe den Roman nie veröffentlichen wollen, "damals und auch später nicht"[4] - Tatsächlich gab es keine Hindernisse den Roman postum zu veröffentlichen. Weils Stieftochter und Rechtsnachfolgerin Michaela Schenkirz erteilte umgehend ihr Einverständnis. Mit einem ausführlichen Nachwort zu den Umständen der Entstehung des Romans, so wie einer ersten literaturwissenschaftlichen Einordnung durch Ingvild Richardsen versehen, erschien der Roman 2022 im Verlag Ch. H.Beck.
Entstehungsgeschichte
Der Roman entstand in der angespannten Situation, als Grete Weil im Amsterdamer Versteck bei Herbert Meyer-Ricard, dem Freund ihres 1941 in Mauthausen ermordeten Ehemannes und dessen ebenfalls jüdischen Freundin Vera Olga Haymann das Ende des Krieges und der Naziherrschaft abwartete. Grete Weil war Edgar Weil 1935 nach Amsterdam ins Exil gefolgt und musste erleben, dass die Deutschen auch die Niederlande einnahmen und auch dort die Judenverfolgung einsetzte. 1941 wurde Edgar Weil am 11. Juni auf offener Straße von der Gestapo verhaftet, im Oktober 1941 erhält sie Nachricht vom Tod ihres Mannes im KZ Mauthausen.
Als Grete Weil im Winter 1944 ihr Romanprojekt beginnt, ist die Niederlage der Deutschen absehbar, aber sie zieht sich hin. Sie ist noch immer in Trauer um ihren Mann und in ständiger Sorge, dass ihr Versteck entdeckt werden könnte. Der Winter ist kalt, Heizmaterial knapp, Lebensmittel ebenso. Die Nächte verbringt sie "in einem Raum, in dem Herberts Bücherschränke stehen und sich auch ein kleines Waschbecken mit fließendem Wasser befindet. Sie schläft in einem konstruierten Schrankversteck in einem Hohlraum auf einer Matratze." (S.361)[1]. Die Treppe zum Speicher erweist sich als einziger Ort, wo es hell genug ist und Grete Weil sich zurückziehen kann, um zu schreiben.
«So sitze ich viele Stunden auf der Treppe, ein Heft auf den Knien und schreibe. Schreibe eine Liebesgeschichte, schreibe Edgars und meine Geschichte, die ich verfremdet und aus der Atmosphäre des Autobiografischen gehoben habe.», schreibt Weil über diese Zeit in ??[5] Nach der Befreiung im Frühjahr 1945, hat Grete Weil ihre Romanhandschrift wohl auch noch dort im Haus abgetippt.[6]
Inhalt
Der Roman hat drei Hauptkapitel, die die Namen der Protagonisten Monika, Klaus und Andreas tragen. Die Kapitel Monika und Andreas bilden die Rahmenhandlung, im Kapitel Klaus wird die eigentliche Geschichte erzählt. Neben dem Plot hat der Roman auch eine starke Reflexionsebene. Die Standpunkte und Ansichten der 20erJahre werden dargelegt und diskutiert. Grete Weil hat den Roman ihrem Ehemann Edgar Weil gewidmet. In fiktionalisierter Form ist er der Klaus des Romans.
Monika
Das Kapitel Monika hat drei Unterkapitel. In ihnen trifft Monika Merton in einem Zug, der Skifahrer von München in die Berge bringt, zufällig den jungen Dichter Andreas von Cornides. Er sucht ihre Gesellschaft, die junge Frau stimmt nur zögernd zu. Im Zug herrscht fröhliche Stimmung, es werden Nazi-Propagandalieder gesungen und Andreas versteht nicht, warum hingegen seine Gefährtin so verschlossen ist. Der junge Dichter wundert sich, warum Monika bereits lange vor dem Erreichen des Gebirges aussteigt. Es ist der an einem See gelegene Heimatort von Monika. Die Skier geschultert geht es zu Fuß weiter, am Schild "Juden betreten den Ort auf eigene Gefahr" vorbei. Erst als Monika eine ältere Frau trifft, mit der sie unübersehbar Ähnlichkeit hat, begreift er, dass es ihre Mutter ist. Sie sind Jüdinnen und seine Begleiterin ist auf der Flucht. Monika fordert ihn daraufhin auf, sich besser - auch zu dessen eigenem Schutz - von ihr zu trennen, aber Andreas besteht darauf, sie bis an die Grenze zu begleiten. Er beteuert, dass er für "Politik nichts, aber auch gar nichts übrig habe" (S.16) [1] und er deshalb auch nicht für die Taten der Nationalsozialisten verantwortlich sei. Je weiter sie kommen, desto schlechter wird das Wetter, so dass sie schließlich Zuflucht in einer Berghütte suchen müssen. Hier erzählt Monika Andreas ihre Geschichte. Mit Absicht will sie den blauäugigen, weltfremden Poeten damit konfrontieren, was er bisher nicht sehen wollte: Die Gräueltaten, die das nationalsozialistische Regime auch in seinem Namen Juden und anderen antut.
Einzelnachweise
- ↑ a b c Grete Weil: Der Weg zur Grenze. Hrsg.: Ingvild Richardsen. 1. Auflage. C. H. Beck, München 2022, ISBN 978-3-406-79106-2.
- ↑ https://www.literaturportal-bayern.de/journal?task=lpbblog.default&id=2748 Interview mit Ingvild Richardsen über Grete Weils Roman „Der Weg zur Grenze“
- ↑ https://www.literaturportal-bayern.de/journal?task=lpbblog.default&id=2748 Interview mit Ingvild Richardsen über Grete Weils Roman „Der Weg zur Grenze“
- ↑ Roman Bucheli: Vor den Nazis versteckt. Grete Weil überlebte den Holocaust in Amsterdam. Aus dem Trauma schuf sie ein grosses literarisches Werk, Neue Zürcher Zeitung, 17. September 2022.
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- ↑ https://www.literaturportal-bayern.de/journal?task=lpbblog.default&id=2748