Benutzer:Anaxo/Pathologie
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Als Pathologie wird in der Medizin die Erforschung und Lehre von den Ursachen (Ätiologie), der Entstehungsweise (Pathogenese), der Verlaufform und der Auswirkungen von krankhaften bzw. abnormen Einzelphänomenen (Symptomen) oder Symptomverbänden (Syndromen) sowie von Missbildungen aller Art verstanden, einschließlich dabei feststellbarer Körpervorgänge (Pathophysiologie). Eine kürzere Definition erklärt die Pathologie als „Lehre von den abnormen und krankhaften Vorgängen und Zuständen im Körper (pathologische Anatomie) und deren Ursachen“.
Die Pathologie als medizinisch-diagnostische Fachrichtung (Facharztausbildung) wird traditionell und aus methodischen Gründen in Form einer Pathobiologie betrieben. Sie beschäftigt sich hauptsächlich mit morphologisch fassbaren krankhaften Veränderungen des Körpers, d.h. mit den sichtbaren Veränderungen seines Aufbaus. Als solche besteht sie in einer naturwissenschaftlichen und auf den Körper bezogenen Krankheitsforschung und Krankheitslehre. Die pathologische Routine- und Sektionsdiagnostik beruht in erster Linie auf der Beurteilung der makroskopischen (pathologische Anatomie) und lichtmikroskopischen Aspekte (Histopathologie, Zytologie) von Geweben, sowie im Zuge des wissenschaftlich-technischen Fortschritts zunehmend unter Einbeziehung biochemischer und molekularbiologischer Methoden (Bsp.: Nachweis veränderter Enzymaktivitäten oder veränderter Proteinexpression mit z.B. Immunfluoreszenz oder Immunhistochemie). In der Forschung spielt zusätzlich die Elektronenmikroskopie (ultrastrukturelle Pathologie) eine Rolle.
Naturgemäß entziehen sich dem Pathologen Vorgänge und Prozesse, die nur am Lebenden beobachtet oder gemessen werden können (Organfunktion, subjektive Beschwerden des Patienten, funktionelle Beschwerden ohne fassbares organisches Korrelat). Danach richten sich in erster Linie die Fragestellungen des klinisch tätigen Arztes an den Pathologen, die dem Aufgabengebiet der funktionalen Pathologie bzw. der Pathophysiologie entsprechen, s.o.
Synonym mit dem Begriff Pathologie als Grundlagenfach der Medizin wird vielfach auch die Bezeichnung Nosologie gebraucht.[1] Nosologie ist die systematische Krankheitslehre. Natürlich entzieht sich auch eine Krankheitslehre der naturwissenschaftlichen und auf den Körper bezogenen Beobachtung, sofern sie nicht allein auf morphologisch fassbaren Veränderungen basiert. Hier sind neben funktionellen insbesondere auch psychische Krankheiten zu nennen. Vom engeren Standpunkt der der Organ-, Zellular- und Molekularbiologie sind diese Phänomene teilweise zwar auch, aber insgesamt nur ungenügend zu erfassen.
Während morphologische Veränderungen im engeren körperlichen Sinne eher als beständig und konstant und gleichförmig zu werten sind, müssen die Ursachen für die „abnormen und krankhaften Vorgängen und Zustände“ als vielgestaltig und kulturell sowie geographisch wechselhaft und fließend angesehen werden. Es gelten hier sehr unterschiedliche epidemiologische Maße. Die heutigen Todesursachen und die vor 100 Jahren unterliegen einer sog. epidemiologischen Transition.[2] Auch die Unterscheidung zwischen normal und anormal unteliegt hier der Definition des Schlüsselkonzepts oder Paradigmas.[3] Die in der Medizin geltenden Krankheitsmodelle müssen unter diesem Vorbehalt, besonders aber der mit „fassbaren morphologischen Veränderungen“ einhergehenden Reduktion des Menschen auf ein rein körperlicher (somatisches) Substrat gesehen werden. Morphologische Veränderungen sind hauptsächlich als körperliche Endzustände (Defekt, Ausfall, Läsion) von pathogenetisch dauerhaft einwirkenden oder die Adaptation überschreitenden Krankheitsursachen anzusehen.
Gemäß der einleitenden Definition und im weiteren Sinne wird der Begriff Pathologie bzw. die Vorsilbe „Patho-“ in der gesamten Medizin für krankhafte oder abnorme Befunde und Vorgänge genutzt, beispielsweise spricht man von einem „pathologischen EKG“ oder von der Psychopathologie als der Lehre von den krankhaften seelischen Veränderungen.
Geschichtliches
Der griechische Begriff παθολογία (Pathologie) findet sich erstmalig beim griechischen Arzt Galenos (129-201). Er leitet sich ab von den Wörtern πάθος, páthos - Leiden(schaft), die Sucht, das Pathos, die Krankheit und λόγος, lógos - das Wort, die Vernunft, Lehre, bedeutet also soviel wie "Die Lehre von den Leiden" (heute wird der Begriff im Griechischen allerdings v.a. für die Innere Medizin benutzt).
In ihrer heutigen Form geht die Pathologie auf den italienischen Forscher Giovanni Battista Morgagni (1682-1771) zurück, der mit seinem fünfbändigen Werk De sedibus et causis morborum ("Vom Sitz und den Ursachen der Krankheiten") im Jahre 1761 den Grundstein für die wissenschaftlichen Forschungen legte.
Bereits im Altertum wurden in Ägypten und Griechenland Leichenöffnungen durchgeführt, die aber mehr der anatomischen Bildung dienten. Erst mit Ende des 18. Jahrhunderts wurden auf Grund des zunehmenden Verständnisses für die Bedeutung der Leichenschau erste Fachvertreter, die eigens für die Sektionen verantwortlich waren, bestellt. Der erste sogenannte "Prosektor" (lat. prosecare = vorschneiden) begann 1796 am Wiener Allgemeinen Krankenhaus seine Arbeit. Der erste Lehrstuhl für Pathologie wurde 1819 in Straßburg eingerichtet (Jean-Frédéric Lobstein 1777-1835). Als Prüfungsfach wurde Pathologie im Jahre 1844 in Wien eingeführt.
1858 entwickelte Rudolf Virchow die Zellularpathologie, die nun auf der Ebene von Körperzellen pathologische Veränderungen untersuchte. Diese ist ein Hauptbestandteil des heute gültigen Krankheitskonzepts.
Qualitätssicherung in der Medizin
Die Pathologie ist ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung in der Medizin. Um den medizinischen Standard zu halten und zu verbessern, wird oft eine kollegiale Konfrontation der Ärzteschaft mit der kontrollierenden Diagnostik des Pathologen gefordert, nicht nur während des Lebens des Patienten, sondern auch nach dessen Tod.
Die Pathologie kann oft Auskunft über die Art der Erkrankung und den Schweregrad geben. Insbesondere im Fall von Krebserkrankungen bei der Fragestellung „gutartig oder bösartig?“ ist meist ein Pathologe gefragt. Es wird der Typ, die Größe, die Ausdehnung und die Bösartigkeit eines Krebses begutachtet. Außerdem wird bei einem Krankheitsverlauf bzw. Operation mit Todesfolge von Pathologen die richtige Therapie, Behandlung bzw. das richtige Handeln des Arztes am Patienten kontrolliert.
Nach operativer Entfernung eines Organs oder Entnahme eines kleinen Gewebsstückes (Biopsie) bzw. von Zellproben (Zytologie) durch einen Arzt wird das entsprechende Gewebe vom Pathologen untersucht. Kleine Bioptate werden direkt zu Schnittprä-paraten (= histologischen Präparaten) weiterverarbeitet, welche unter dem Mikroskop betrachtet werden. Große Präparate werden zunächst präpariert und mit dem Auge (makroskopisch) beurteilt. Auffällige Bestandteile mit möglichen krankhaften Verände-rungen werden aus dem Präparat herausgeschnitten und wiederum vom Labor zu Schnittprä-paraten verarbeitet.
Eine weitere Aufgabe des Pathologen bestehen in der Durchführung von Obduktionen und der Beurteilung von histologischen Schnittpräparaten unter dem Mikroskop (Lichtmikroskop). Die zuletzt genannte Aufgabe steht, im Gegensatz zur makroskopischen Sektion (syn. Autopsie, Obduktion), heutzutage im Vordergrund. Moderne Verfahren, wie z.B. die Immunhistochemie, kommen in der lichtmikroskopischen Diagnostik zum Einsatz.
Häufig wird die Pathologie mit der Rechtsmedizin verwechselt, welche sich mit der Klärung unnatürlicher Todesursachen beschäftigt. Sowohl für Pathologen als auch für Rechtsmediziner ist es einigermaßen ärgerlich, wenn in Fernsehkrimis und im allgemeinen Sprachgebrauch stets nur von „Pathologen“ die Rede ist, wo eigentlich ein Rechtsmediziner am Werk ist. Der geläufige Irrtum erklärt sich aus einer Fehlübersetzung: Im amerikanischen Sprachgebrauch entspricht der Rechtsmediziner dem forensic pathologist.
Man unterscheidet
- Pathologische Anatomie: Die Untersuchung krankhafter Gewebsveränderungen aller Art; viele davon sind z.B. bei einer Obduktion schon mit bloßem oder unbewaffneten Auge zu sehen. Der Begründer der Pathologischen Anatomie ist Giovanni Battista Morgagni aus Forlì (Italien).
- Histopathologie: Krankhafte Gewebsveränderungen auf Zellniveau, die man deswegen nur in der Vergrößerung mittels Mikroskop oder Elektronenmikroskop sehen kann (siehe auch Histologie)
Teilgebiete der Pathologie
Jede organische Struktur zeigt spezifische pathologische Veränderungen. Ihre Erforschung konstituiert einen eigenen Teilbereich der Pathologie, so dass beim Nervensystem beispielsweise von Neuropathologie die Rede ist. Generell hat jede Organismusform ihre eigene Pathologie, die derart unterschiedlich ist, dass die Tiermedizin einen von der Humanmedizin getrennten Bereich darstellt (der seinerseits schon einen Sonderbereich wie die Zahnmedizin aufweist).
Daneben gibt es verschiedene, teilweise historisch bedingte allgemeinere und eher theoretische Betrachtungsweisen in der Pathologie wie etwa die Humoralpathologie, Solidarpathologie, Zellularpathologie, Relationalpathologie oder Neuralpa-thologie.
Siehe auch
Anatomie, Rechtsmedizin, Obduktion, Histologie, Pathologisierung
Literatur
- Pathologie. Böcker, Denk, Heitz. ISBN 3-437-42381-9
- Allgemeine und spezielle Pathologie. Riede, Schaefer. ISBN 3-13-129684-4
- Allgemeine Pathologie; Spezielle Pathologie. Büttner, Thomas. ISBN 3-7945-1840-3
- Allgemeine Psychopathologie. Jaspers, Karl. 9.Auflage. Springer, Berlin 1973, ISBN 3-540-03340-8
- Robbins & Cotran Pathologic Basis of Disease. Kumar, Fausto, Abbas. Seventh Edition (2004) ISBN 0721601871
- Pathologie verstehen. Molekulare Grundlagen der allgemeinen Pathologie. Oberholzer ISBN 3-13-129041-2
- Medizin am Toten oder am Lebenden? Pathologie in Berlin und in London 1900-1945. Cay-Rüdiger Prüll. Schwabe Verlag, Basel 2004 (Zitat aus einer Rezension: "ein entscheidender Beitrag zur Rolle der Pathologie im gesellschaftlichen Raum")
- Surgical Pathology. Rosai and Ackerman, 9th Edition, Mosby, 2004
- Pathologie. Remmele (Hrsg.). ISBN 3-540-61095-2
Einzelnachweise
- ↑ Böcker, W. et al.: Pathologie, a.a.O., siehe Glossar
- ↑ Böcker, W. et al.: Pathologie, a.a.O., Seite 35 f.
- ↑ Ottfried K. Linde (Hrsg.): Pharmakopsychiatrie im Wandel der Zeit. Wissenschaftsanekdotisches von Forschern und ihren Formeln. Tilia Verlag - Mensch und Medizin, Klingenmünster 1988, ISBN 3-9801756-0-X, Seite 340, Fußnote. - Hier heißt es: Der Begriff „Anomalie“ wurde von Thomas S. Kuhn in die Wissenschaftstheorie eingeführt („The struture of scientific revolutions“, 1962. Es heißt auf Seite 80: „Die Entdeckung beginnt mit dem Bewußtwerden einer Anomalie, das heißt mit der Erkenntnis, daß die Natur in irgendeiner Weise die von einem Paradigma erzeugten, die normale Wissenschaft beherrschenden Erwartungen nicht erfüllt hat.“
Weblinks
- Wikibooks: Pathologie – Lern- und Lehrmaterialien
- Online-Atlas Pathologie (englisch)
- Pathologie-Online (deutsch)
- Virtueller Histologiekurs der Uni Zürich
- Österreichische Gesellschaft für Pathologie
- Deutsche Gesellschaft für Pathologie
- European Society of Pathology
- Internationale Akademie für Pathologie, Deutsche Abteilung
- PathoPic (Pathologie - Bilddatenbank)