Benutzer:Andreas Vogl/Geschichte der Jesiden

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Die Geschichte der Jesiden wird in diesem Artikel als ein Überblick über die verschiedenen Entstehungsversionen der Jesiden und ihre Geschichte seit dem Auftreten ʿAdī ibn Musāfirs verstanden. Aufgrund der langen geschichtlichen Entwicklung und der diversen Diaspora-Gemeinden können hier nur die Grundzüge dargestellt werden. Um den Überblick zu erleichtern, erfolgt eine Gliederung nach zeitlichen Epochen. Um die Liste der Einzelnachweise nicht überlang werden zu lassen, sei auch auf die Einzelnachweise in den entsprechenden Hauptartikeln verwiesen.

Theorien zur vorislamischen Zeit

ʿAdī ibn Musāfir und seine Nachfolger

ʿAdī ibn Musāfir ist die heiligste Person im jesidischen Pantheon.

Abū l-Barakāt ibn Sahr

Gemäß den Wünschen ʿAdī ibn Musāfirs wurde sein Neffe Abū l-Barakāt ibn Sahr der nächste Anführer des ʿAdawīya-Ordens. Abū l-Barakāt ibn Sahr war bereits Jahrelang in Lālisch und unter den Anhängern des ʿAdawīya-Ordens beliebt. Unter seiner Regentschaft kamen neue Anhänger und Pilger zum Orden hinzu. Nach einem natürlichen Tod wurde er in der Nähe seines Onkels ʿAdī ibn Musāfir beerdigt.[1]

ʿAdī ibn Abū l-Barakāt

Der Sohn Abū l-Barakāt ibn Sahrs, ʿAdī ibn Abū l-Barakāt, war zugleich sein Nachfolger. Er war der erste Schaich, der im Hakkari-Gebirge geboren war und bekam deshalb den Spitznamen "ʿAdī der Kurde".[2]

Hasan ibn ʿAdī

Nach dem Tod von ʿAdī ibn Abū l-Barakāt blieb der Vorsitz des ʿAdawīya-Ordens in der Familie. ʿAdī ibn Abū l-Barakāts Sohn Hasan ibn ʿAdī beerbte ihn. Die Chroniken beschreiben Hasan ibn ʿAdī als schlau, engagiert und stark. Sechs Jahre lang lebte er alleine zurückgezogen und schrieb das mittlerweile verlorene Buch "Die Offenbarung der Fertigkeit der Einsamkeit". Von seinen Anhängern verlangte er unbedingte Treue.[3] In einer Schrift von ʿAdī ibn Musāfir fügte Hasan ibn ʿAdī die Nähe hinzu, welche er zu seinen Anhängern hatte. Rudolf Frank, ein Jesiden-Forscher, wertete diese Handschrift bereits aus. Es sind vor allem Aussprüche ʿAdī ibn Musāfirs, mit welchen er die Notwendigkeit dieser Innigkeit beschreibt. So heißt es beispielsweise, dass nur ein Scheich, der über seine Jünger Bescheid weiß, ein wirklicher Scheich ist. Dennoch, ein Jünger dürfe nich lauter als der Scheich sprechen. Frank betont, dass vor allem eine Stelle "charakteristisch" ist. Darin heißt es, dass ein Jünger "erst dann wirklich Jünger [ist], wenn sein Wille dem Willen seines Scheich folgt [...]".[4] Weiterhin beschreiben die Anmerkungen Hasan ibn ʿAdīs, an deren Authentizität Frank nicht zweifelt, die sufische Ausrichtung des ʿAdawīya-Ordens in dieser Zeit. Hasan ibn ʿAdī bezeichnet beispielsweise solche Sufi-Meister, die vom Wissen ihrer Vorgänger abgewichen sind, "wie Weidevieh oder vielmehr noch weiter vom Pfade abirrend als dieses". Er preist außerdem Askese und solche Gläubigen, die ihren Glauben aktiv leben.[5] Neben diesen Anmerkungen soll das Mashaf Rasch auf Hasan ibn ʿAdī zurückgehen.[6] Die dazugehörige Quellenangabe[7] beinhalten diese Information jedoch nicht.[8] Die politische Landschaft in Lālisch war in dieser Zeit sehr angespannt. Im Norden waren die Mongolen präsent und viele kurdische Truppen dienten Saladins Nachfahren in Ägypten. Anhänger des ʿAdawīya-Ordens verweigerten dem Gouverneur von Mosul, Badr ad-Dīn Lulu, das Zahlen ihrer Steuern. Zusammengenommen mit der Stärke Hasan ibn ʿAdīs im ʿAdawīya-Orden fürchtete Lulu deshalb, die ʿAdawis könnten ihm zu mächtig werden. So wurde Hasan ibn ʿAdī festgenommen und in Mosul zu Tode gewürgt, 100 weitere ʿAdawis exekutiert und 100 gekreuzigt. Außerdem entsandte Lulu Soldaten, die die Gebeine von ʿAdī ibn Musāfir ausgraben und verbrennen sollten.[9]

Scharīf ad-Dīn Mohammed

Eine sehr nebulöse Figur, von der kaum etwas bekannt ist, ist Scharīf ad-Dīn Mohammed, der Sohn von Hasan ibn ʿAdī. Scharīf ad-Dīn Mohammed war kurzzeitig Herrscher von Harput (heute Elazığ). Vorausgegangen war dem ein Streit zwischen den beiden türkischen Prinzen, ʿIzz ad-Dīn Kaikaus ll und sein Bruder Rukn ad-Dīn Kilidsch Arslan IV, in Konya. Beide baten die Mongolen um Vermittlung. Diese ernannten Rukn ad-Dīn zum Herrscher, woraufhin ʿIzz ad-Dīn den Mongolen den Weg versperren wollte, geschlagen wurde und floh. Nach deren Abzug konnte er kurzzeitig ein paar Städte zurückerobern und ernannte Scharīf ad-Dīn Mohammed zum Herrscher von Elazığ. Allerdings kehrten die Mongolen bald wieder zurück und bemächtigten sich wieder aller Städte. Wie genau es zu der Kooperation zwischen ʿIzz ad-Dīn und Scharīf ad-Dīn Mohammed kam, ist laut dem Forscher John Guest völlig unklar.[10]

Zwischen Mamluken und Mongolen

1275 lagen zwei namentlich nicht näher genannte Brüder und Nachkommen ʿAdī ibn Musāfirs im Streit. Der Jüngere hatte eine Mongolin zur Frau genommen, woraufhin der Ältere mit seinem Gefolge nach Syrien zog, um sich den Mamluken anzuschließen. Kurz darauf floh der Jüngere mit seiner Frau nach Ägypten und der Ältere kehrte zurück, um die Mongolen um Verzeihung zu bitten. Er wurde exekutiert.[11] Die Bedingungen für den ʿAdawīya-Orden waren unter den Mamluken besser. Zain ad-Dīn Yūsuf, Sohn von Scharīf ad-Dīn Mohammed, ließ sich deshalb in Bait Fār in der Nähe von Baʿlabak im Libanon nieder. Den Überlieferungen zufolge entstammt ʿAdī ibn Musāfir aus Bait Fār. Zain ad-Dīn gründete außerdem noch eine Gemeinschaft in Kairo, wo er 1297 starb und sein Mausoleum noch heute zu den wichtigsten Attraktionen zählt.[12] Unter ihm und seinem Sohn ʿIzz ad-Dīn etablierte sich der Orden in Syrien.[13]

Jesiden in Syrien

Der Anführer des ʿAdawīya-Ordens, ʿIzz ad-Dīn, wurde den Mamluken aber bald zu mächtig und es machten Gerüchte die Runde, dass er mit seinen Männern entweder Ägypten oder den Jemen erobern wollen würden. ʿIzz ad-Dīn bestritt diese Absichten und lieferte sich als Zeichen des Guten Willens an die Mamluken aus. Er starb später im Gefängnis.[14] 1588 bekämpften sie dem Osmanischen Reich in der Provinz Raqqa. Die Osmanen verlegten deshalb Truppen, um den Jesiden - wie sie in osmanischen Quellen damals schon genannt wurden - wieder Herr zu werden.[15]

Literaturverzeichnis

  • Browski, L. E.: The Yezidees, or Devil-Worshippers in Popular Science Monthly, Vol. 34, 1889, S.474 - 482. Digitalisat
  • Rudolf Frank: Scheich ʿAdî, der grosse Heilige der Jezîdîs. Türkische Bibliothek, Bd. 14. Berlin, 1911. Digitalisat
  • John S. Guest: Survival Among the Kurds - A History of the Yezidis. London und New York, Kegan Paul International, 1993.
  • Roger Lescot: Enquête sur les Yezidis de Syrie et du Djebel Sindjār. Beirut, 1938. Digitalisat
  • Henry Lobdell: Fisit [sic!] to the Shrine of the Devil Worshippers, & c. in New York Daily Tribune, 26. März 1853, S.5. Digitalisat
  • Sebastian Maisel: Yezidis in Syria - Identity Buidling among a Double Minority. Lanham [u.a.], Lexington Books, 2017.

Einzelnachweise

  1. Guest: Survival Among the Kurds, S.18-19.
  2. Guest: Survival Among the Kurds, S.19.
  3. Guest: Survival Among the Kurds, S.19.
  4. Frank: Scheich ʿAdî, der grosse Heilige der Jezîdîs. 1911, S.46-48. Digitalisat
  5. Frank: Scheich ʿAdî, der grosse Heilige der Jezîdîs. 1911, S.49-50.Digitalisat
  6. Guest: Survival Among the Kurds, S.20.
  7. Guest: Survival Among the Kurds, S.234, Fußnote 28.
  8. Browski, L.E.: Die Jeziden und ihre Religion in Das Ausland, Vol.59, 1886, S.764. Siehe englische Version Browski: The Yezidees, or Devil-Worshippers, 1889, S.474 - 482. Digitalisat
  9. Guest: Survival Among the Kurds, S.20-21.
  10. Guest: Survival Among the Kurds, S.21-22.
  11. Guest: Survival Among the Kurds, S.24-25.
  12. Guest: Survival Among the Kurds, S.25.
  13. Maisel: Yezidis in Syria - Identity Buidling among a Double Minority, S. 79.
  14. Lescot: Enquête sur les Yezidis de Syrie et du Djebel Sindjār, S.106. Digitalisat
  15. Winter, S. H.: The Province of Raqqa under Ottoman Rule, 1535–1800: A Preliminary Study, in Journal of Near Eastern Studies, Vol. 68, No. 4 (2009), S. 253-268. Hier S.258 - 259.