Benutzer:Arabella Pebblestein/Anja Kaiser
Anja Kaiser (* 1986) ist eine in Leipzig ansässige Grafikdesignerin.[1] Sie beschäftigt sich mit dem menschlichen Körper als Projektionsfläche technologischer Erneuerungen, ökonomischer Konzepte, virtueller Realitäten und Popkultur. Dabei ziehen sich Referenzen zu feministischer Theorie und alternativer Club- und Jugendkultur durch ihre Arbeiten.[2]
Leben
Kaiser, aufgewachsen in Cottbus, sah sich früh mit den Themen konfontiert, die bis heute ein integraler Bestandteil ihrer Design-Arbeiten und Praktiken sind. Die thematische Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus war durch ihre damalige Umgebung für sie unumgänglich. In der Cottbusser Jugendszene waren in ihrer Jugend auch Rechtsextrem orientierte Subkulturen zu finden. Kaiser hingegen war Teil der damals einzigen Hausbesetzung in Cottbus. Diese Zeit in der links orientierten Hausbesetzerszene prägte sie nachhaltig und sensibilisierte sie für Themen wie Sexismus, Diskriminierung und Rassismus.
Involviert in der Technokultur-Szene als Teil eines nur aus Frauen bestehenden DJ-Kollektivs, formte sich 2004 ihr Interesse für Grafikdesign als sie begann Poster für die Gruppe zu entwerfen. Anfangs hatte sie nicht die Intention eines Tages hauptberuflich als Grafikdesigerin zu arbeiten, zwei Jahre später jedoch startete sie ihr Bachelor-Studium an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, mit dem Schwerpunkt Typografie und Editorial Design.
Als sie 2012 für ihr Masterstudium am Sandberg Institute nach Amsterdam zog, hatte sie das Bedürfniss ihre eigenen Interessen für Design und sozial relevante Themen stärker zu verbinden. So schuf sie während ihres Masterstudiums die Arbeit „Sexed Realities – To Whom Do I Owe My Body?“ Dabei untersuchte sie Feminismus sowohl visuell als auch theoretisch.
Nach Abschluss ihres Masterstudiums zog die seit 2011 selbstständig arbeitende Grafikdesignerin nach Leipzig, wo sie bis heute lebt und arbeitet. Die bestehenden Design-Szene in Amsterdam war ihr sehr verschlossen erschienen. Sie hatte dort Schwierigkeiten, ein eigenes Netzwerk aufzubauen. Auch bereits vorhandene links-progessive Clubs und Kulturzentren wie „Conne Island“ oder „Institut für Zukunft“ (Großmarkthalle Leipzig) ließen Kaisers Wahl auf Leipzig fallen. Bis heute entstehen viele Ihrer Auftrags- und Zusammenarbeiten im Rahmen der (Sub-)Kulturszene wie beispielsweise mit dem cyber-feministischen Festival „dgtl fmsnm“ oder dem „Balance Club Culture Festival“.
Kaiser ist nicht nur involviert als Grafikdesignerin, sondern auch als Kuratorin bei Festivalveranstaltungen wie „Cry Baby“, die sich zwischen Kunst, Musik und Gesellschaftskritik bewegen. Darüber hinaus sieht sie ihren feministischen Auftrag auch darin jungen Nachwuchskünstler*innen eine Platform zu bieten.
Von 2014 bis 2018 kehrte Kaiser als künstlerische Mitarbeiterin an die Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle zurück und unterrichtete dort im Lehrgebiet Schrift und Typografie. Unterricht für Studenten bedeuten für sie eine Möglichkeit dem Markdruck zu entkommen; dennoch sind Hochschulen und Universitäten für sie wiederum Teil jener Hierarchien, welche sie hinterfragen und durchbrechen möchte.
Werk
Kaisers Projekt „Sexed Realities – To Whom Do I Owe My Body?“, welches sie im Rahmen ihres Masterstudiums begann, umfasst Grafikdesign, Illustration, Digital Design, Bewegtbild, Sound und eine Badehandtuch-Reihe. All dies wird von einem Aufsatz begleitet, welcher sich auf theoretischer Ebene mit verschiedenen Wahrheiten über den weiblichen Körper. Dadurch soll ein besseres Verständniss dafür entstehen, wie Körper Projektionsflächen unterschiedlichster Einflüsse von Künstlicher Intelligenz bis Popkultur werden und so ständig neue Körperbilder entstehen. Diese Inhalte überstetzte die Grafikdesignerin in einen visuellen Mix aus Popkultur-Referenzen, Bildästhetiken aus der Unternehmensbranche und Net Art Ästhetik der neunziger Jahre. Die Arbeit wurde 2014 durch die 100 Beste Plakate e. V als eines der besten Plakate ausgezeichnet und 2017 durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen angekauft.
2017 gewann Kaiser den Inform Award, der seit 2007 durch die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig vergeben wird und der sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Grafikdesign ansiedelt. Im Rahmen dessen stieß Kaiser das Projekt „Whose.Agency“ an, wobei sie lokalen feministischen Organisationen und Netzwerken die Möglichkeit bot, ihre Anliegen auf von Kaiser gestalteten digitalen Plakatwänden in Leipzig zu präsentieren.
„Undisciplined Toolkit“, eine Ausstellung ihrer gesammelten Werke im Centre National du Graphisme in Chaumont, Frankreich, startete im November 2020 und lief bis zum Januar des folgenden Jahres. Das Anliegen der Ausstellung lag darauf, ihre visuellen und konzeptuellen Strategien aus feministischer Perspektive zu beleuchten. Damit bezieht sie sich auch auf ihr andauerndes Projekt „Glossary of Undisciplined Design“, welches in Zusammenarbeit mit Rebecca Stephany entstand. Dies umfasst eine lose Sammlung an „ungehorsamen“ Strategien, Vorbildern und Werkzeugen im Grafikdesign und soll durch Workshops, Lehrformate, ein Symposium und eine noch ausstehende Publikation zum offenen Diskurs über bestehende Designpraktiken anregen.
Sammeln, Verwertung, Dekonstruktion und Collagieren verschiedener Materialien beschreiben Kaisers vielschichtigen Design Prozess. Dabei ist Schreiben für sie integraler Teil dieses Prozesses, unterschiedlichste Quellen wie Feministische Theorie und Fetzen von Song-Texten zu verwerten und wiederum deren ikonographische Symboliken in visuelle Sprache zu übersetzen, hilft ihr neue Verbindungen zu schaffen und unterschiedliche Ideen zusammen zu bringen.
Dabei setzt sie auf Gleichzeitigkeit in ihren Arbeiten, lässt Hintergrund und Vordergrund ineinander fließen, um von hierarchischen Strukturierungen von Informationen Abstand zu nehmen und diese zu hinterfragen.
So fließen ihre Unterstützung für Netzwerke, welche sich für Rechte von Nichtbinären Geschlechtsidentitäten und Frauenrechte einsetzen, als auch alternative Clubkultur nicht nur bei der Auswahl ihrer Projekte, sondern auch visuell und konzeptuell in Ihre gesellschafts- und designkritischen Arbeiten ein, indem ihre visuellen Ansätze immer wieder versuchen die Norm zu durchbrechen.
Weblinks
„Anja Kaiser talks alternative narrations of bodies + new online commission ‘By(e) Default’ in the run up to 3hd Festival“, in: AQBN, 22.11.2017, Abruf am: (01.06.2021, 28.05.2021, 15:30 Uhr)
Balance Club / Culture Festival Abruf am: (05.06.2021, 14:07 Uhr)
„Behind the nights – Cry Baby“, in: FrohFroh, 25.09.2017, Abruf am: (05.06.2021, 14 Uhr)
Burg Giebichenstein Halle Abruf am: (01.06.2021, 15:09)
Centre National du Graphisme Abruf am: (04.06.2021, 11:57 Uhr)
Creamcake Abruf am: (05.06.2021, 14:05 Uhr)
Digital Feminism Abruf am: (05.06.2021, 13:43 Uhr)
Dirzyte Laura: „Designer Interview | Anja Kaiser“, in: Femme Type, 24.06.2020, Abruf am: (04.06.2021, 12:01 Uhr)
The Design Museum Abruf am: (01.06.2021 14:25 Uhr)
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig Abruf am: (01.06.2021, 14:13 Uhr)
Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig Abruf am: (01.06.2021 14:20 Uhr)
Glossary of Undisciplined Design Abruf am: (01.06. 15:30 Uhr)
Gosling Emily: „Designer Anja Kaiser Blends Corporate Culture + Tumblr Vibes into Explorations of the Female Body“, in: Eye On Design, 20.01.2017, Abruf am: (28.05.2021, 16:02)
Kaiser Anja: „To Whom Do I Owe My Body?“ Abruf am (28.05.2021, 16:27 Uhr)
Morley Madeleine: „How Feminist Movements Co-opt Graphic Design to Express Themselves“, in: Eye On Design, 19.09.2017,Abruf am: (01.06.2021, 15:36 Uhr)
Ong Jyni: „Anja Kaiser challenges the design industry’s neoliberal working conditions to shake up the status quo“, in: It‘s Nice That, 16.04.2020, Abruf am: ( 04.06.2021, 12:11 Uhr)
Sexed Realities Abruf am: (28.05.2021, 15:15 Uhr)
Whose.Agency Abruf am: (28.05.2021, 15:21 Uhr)
100 Beste Plakate Abruf am: (01.06.2021, 15:12)
Einzelnachweise
- ↑ Anja Kaiser: Whose.Agency. In: Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig. Abgerufen am 1. Juni 2021.
- ↑ Anja Kaiser talks alternative narrations of bodies + new online commission ‘By(e) Default’ in the run up to 3hd Festival. In: AQBN. 22. November 2017, abgerufen am 28. Mai 2021 (englisch).